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2161 - Fünf Stunden Hölle

Titel: 2161 - Fünf Stunden Hölle
Autoren: Unbekannt
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spielt es auf Dauer kaum eine Rolle, dass der Rudimentsoldat eine menschliche Zellprobe analysiert hat und zu dem für ihn erschreckenden Ergebnis kam, dass seine DNA und das menschliche Genom zu 99 Prozent übereinstimmen.
    Er reagiert labil, das spüre ich seit meiner Erwähnung der Inquisition. Trotzdem war das kein Fehler, denn er muss sich darüber klar werden, was er will: für oder gegen Terra agieren.
    Ein Gehirn, so groß wie das vor mir, wächst nicht in einem menschlichen Körper heran, sondern in einem Aufzuchttank, umspült von optimierter Nährlösung, Was weiß Fukati über seine Herkunft? Ich gehe die beiden letzten Schritte und bleibe dicht vor ihm stehen. Ein quälendes Unbehagen will mich warnen, Trotzdem lege ich die Handflächen an die transparente Kuppel, unter der das Gehirn schwimmt.
    Sofort durchflutet mich ein eigenartiges Prickeln; ich habe den Eindruck, von einer unsichtbaren Kraft zurückgestoßen zu werden. Aber noch fällt es mir leicht, den Einfluss zu ignorieren. „Du magst mich nicht so nahe bei dir?" Er schweigt. „Bereite ich dir unangenehme Empfindungen?"
    Die Antimutanten sind angespannt. Mit ihren besonderen Sinnen spüren sie mehr als ich. Fürchten sie einen Angriff? Ich glaube eher an Fukatis innere Zerrissenheit. Er hat Tradom als Heimat verloren, alles, was bislang sein Dasein bestimmte und ihm einen Sinn gab - und ausgerechnet das Feindbild Milchstraße und Menschheit als seinen wahren Ursprung erkannt.
    Meine Gedanken überschlagen sich, aber wie mir ergeht es in diesen Stunden allen Eingeweihten. Wir haben dieselben Fragen, die wohl auch den Rudimentsoldaten bewegen. Wer ist Minster Nai Fukati wirklich? Woher stammt sein menschliches Erbgut? Vierhundert Millionen Lichtjahre Distanz zur Milchstraße sind nicht gerade wenig ... An eine zufällige Parallelentwicklung zu glauben hieße, die Augen vor allen Eventualitäten zu verschließen. „Wir müssen zusammenarbeiten", sage ich leise. Meine Hände streichen über das Gehäuse. Diesmal frage ich mich, wie Fukati als Mensch aussehen mag, nicht nur in der Vorstellung seiner Gestalt, sondern wirklich. Das Gehirn ist nicht alles.
    Falls er zustimmt, aus einigen Zellen einen Körper wachsen zu lassen...
    Ein von vornherein aussichtloses Unterfangen, weiß ich plötzlich. Sein Wachstum wurde beeinflusst, die DNA manipuliert. Minster Nai Fukati wird niemals etwas anderes sein können als ein übergroßes Gehirn.
    Ich registriere eine vertraute Empfindung. Wehmut ... Dazu ein Hauch von Trauer. Aber das Gefühl der Verbundenheit verweht so schnell wie flüchtiger Nebel in der Mittagssonne. Ich hatte ohnehin nicht erwartet, den Rudimentsoldaten innerhalb kürzester Zeit überzeugen zu können.
    Gleichzeitig ist da ein zögerndes, vorsichtiges Tasten in meinen Gedanken. Und dann, plötzlich, versinkt die Welt in einem anfangs noch schönen Traum: Die letzten zehn Sekunden bis zum Eintritt in den Hyperraum sind angebrochen ... Unser Ziel ist das Sternenfenster.
    Minster Nai Fukati hat also versucht, mich mit seinen Fähigkeiten zu beeinflussen. Ich weiß, dass er mich trotz der Nähe der Báalols hätte töten können. Dass er das nicht getan hat, lässt weiter hoffen. Obwohl ich immer noch den körperlichen Schmerz zu spüren glaube, als Jafkos Reißzähne in mein Fleisch schlugen. Warum ausgerechnet mein Liebling Jafko und nicht irgendein Monstrum? „Du kennst mich nicht, Fukati", höre ich mich sagen. „Was weißt du von mir?"
    Sein Schweigen ist unheimlich. Trotzdem gebe ich den Báalols ein knappes Zeichen, sich nicht einzumischen, Ich werde mit dem Rudimentsoldaten schon klarkommen. „Jafko war mir über lange Jahre das Liebste, was ich hatte", fahre ich leise fort. „Er würde mich nie angreifen." Ich schwitze, wische mir fahrig mit der Hand über die Stirn, Ich bin nicht hier, um mein Privatleben vor diesem Gehirn auszubreiten, das noch vor wenigen Tagen zu den erbittertsten Feinden der Menschheit gehörte.
    Unvermittelt verstehe ich, dass Minster Nai Fukatis Zwiespalt größer sein muss als alles, was er jemals durchlebt hat. Und aus irgendeinem Grund ist er unfähig, darüber zu reden. Ist es das, was ich erkennen sollte?, denke ich intensiv. Du bist an einem Punkt angelangt, an dem es für dich nur noch ein Entweder - oder gibt. Aber du kannst diesen Punkt aus eigener Kraft nicht überwinden. Bilder entstehen vor meinem inneren Auge. Sabinn, meine Heimat, für mich ein Paradies - doch urplötzlich bricht der Boden
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