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2121 - Turm der Visionen

Titel: 2121 - Turm der Visionen
Autoren: Unbekannt
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Gewinner."
    Der Sprecher war ein Gründler, mit einem breiten, tentakelbewehrten Fischmaul und großen starren, schwarzgrün gepunkteten Augen. Seine Schuppenhaut, die unablässig von mikrofeinen Sprühdüsen seines makellos weißen Anzugs befeuchtet wurde, verströmte einen penetranten Seewasser-Geruch. Gründler hatten sich in Wassermal bisher als Rechtsverdreher stark hervorgetan, da sie von Natur aus äußerst wortgewandt waren. Er reiste als spezieller Rechtsberater für die Belange der Galaxis Wassermal an Bord mit und wurde von den Mitgliedern der Interessengemeinschaft natürlich fürstlich bezahlt.
    „Immerhin wurde speziell dafür die LOTTERIE ins Leben gerufen", lamentierte er, „und wo kämen wir hin, wenn plötzlich jeder, wie es ihm beliebt, noch in letzter Sekunde mitfliegen kann?"
    „Es gibt für jede Regel eine Ausnahme", antwortete der Graue Marlite mit anmutig schaukelnden oberen und mittleren Armpaaren, „und ich habe keinen Einfluss darauf, sondern befolge lediglich einen Befehl."
    Der genaue Sinn der Gestik entging dem Gründler, da Körpersprache bei seinem Volk nur eine untergeordnete Rolle spielte. Allerdings wäre ihm, selbst wenn er gewusst hätte, dass der Kapitän der ADSCHA-ZABOROO ihm bei aller Gastfreundschaft gerade ein „Du kannst mich mal" signalisierte, das gleichgültig gewesen. Gründler konnten weder provoziert noch beleidigt werden, sie kannten weder Ehrgefühl, noch besaßen sie Rückgrat. Die besten Voraussetzungen für ihren Beruf, in dem es darum ging, ein Gesetz oder eine Verordnung so lange zu verdrehen, bis sie passte. Jemand, der in einen Prozess verwickelt wurde und sich keinen Gründler als Verdreher leisten konnte, stand in den meisten Systemen Wassermals auf verlorenem Posten.
    „Ich denke, es ist auch nur einmalig. Diese Galaktiker, wie sie sich nennen, kommen von sehr weit her." Die Grauen Marliten waren vom Grundcharakter her „knochentrockene" Bürokraten, die sich stets streng an die Vorschriften hielten. Insofern waren sie für Kreuzfahrtschiffe für den Kapitänsposten hervorragend geeignet - sie sorgten für Disziplin, und Flexibilität wurde nicht verlangt. Deshalb stellten sie auch keine Fragen, wenn ein „Befehl von oben" kam, wie in diesem Fall, sondern gehorchten.
    „Aber damit werden weiteren Ausnahmen Schotten und Hangars geöffnet!", widersprach der Gründler. „Am besten wäre es, ein Bestechungssystem einzuführen, dann kommt so ein Unfrieden gar nicht erst auf."
    „Bestechung! Das geht zu weit! Graue Marliten sind unbestechlich, und auch die Kichi Ihatha haben ihren Treueid geleistet. Ihr Rechtsverdreher glaubt wohl..."
    „Aber dies ist nun einmal eine bestehende Ungerechtigkeit, und ich habe wiederum das Recht, dies zu kritisieren und einen Ausgleich zu verlangen!", blubberte der Interessenvertreter.
    „Ich sehe das mehr als eine harmlose kleine Ausnahme, die keine weittragenden Auswirkungen hat. Und ich werde deswegen sicher keinen Befehl verweigern", versetzte der Kapitän mit wedelnden Armen. Die sirrenden Nebengeräusche seiner Mandibeln nahmen an Lautstärke zu, er schien empört zu sein. „Außerdem, worüber beschwerst du dich? Du bist doch an Bord! Einen Grund, sich zu ärgern, hätten die Verlierer des Spiels, aber so haben sich deine Chancen doch nicht verringert!"
    „Das kommt darauf an. Von wem mag der Befehl wohl gekommen sein?", erkundigte sich der Gründler süffisant.
    Der Graue Marlite verschränkte ein Armpaar ineinander. „Von demjenigen, der die Regeln der LOTTERIE aufstellte."
    „Oh", machte der Gründler. Die Tentakel um sein Fischmaul legten sich glatt an. „Nun, in dem Fall kann man nur sagen: Wer Regeln aufstellt, bestimmt sie. Und im Grunde genommen dürfte es uns tatsächlich kaum beeinträchtigen, wenn sieben Personen mehr an Bord sind, solange unsere Rechte gewahrt bleiben, nicht wahr?"
    „Eine sicherlich vernünftige Entscheidung", stimmte der Graue Marlite höflich zu. „Denn ich kann mir vorstellen, dass es bei einer entsprechenden Intervention auch eine flexible Ausnahme geben könnte, Gewinner trotz ihrer Eignung abzuweisen, wenn..."
    „Ich glaube, wir beide sollten uns nicht die Kompetenzen anmaßen, etwas in dieser Art zu erörtern", unterbrach der Gründler maliziös. „Dies sollten wir doch anderen Instanzen überlassen. Ich bin hier lediglich als Sprecher der Interessengemeinschaft aufgetreten, um die Gründe für diese Ausnahme zu erfahren. Da ich nun vollends aufgeklärt bin, kann ich
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