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212 - Das Skelett (German Edition)

212 - Das Skelett (German Edition)

Titel: 212 - Das Skelett (German Edition)
Autoren: Thomas Graser
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ich sogar mal die schlaffe Bauchdecke gestrafft - und diverse Beamte der Hamburger Steuerfahndung verlangten per Gerichtsbeschluss Eintritt. Sie waren alle überaus höflich, aber bestimmend. Ich verstand gar nichts und war mir keiner Schuld bewusst.
    Meine Selbstherr lichkeit bekam einen ersten Schatten, dennoch rief ich fast belustigt meinen teuren Rechtsanwalt an. Er konnte die zeitgleiche Beschlagnahme vieler Akten und Unterlagen, diverser Computer, auch in meinen anderen Häusern und in der Klinik nicht verhindern. Die Mühlen mahlen langsam.
    Ich war mir sic her, dass alles nur aufgebauscht und ihr Anfangsverdacht sich nicht bewahrheiten würde, und nach den Ermittlungen natürlich selbstredend eine Entschuldigung folgen würde. Sowohl mein erwähnter Anwalt als auch meine langjährig beauftragte Steuerberatungsgesellschaft mit drei profunden Experten wiegten mich allesamt in Sicherheit. Darunter mein Freund Bernd Kracke, selbst ein ehemaliger Steuerfahnder, der doch die Vorgehensweise seiner früheren Kollegen kennen sollte. Sie versicherten mir, alles wäre in bester Ordnung, es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird.
    Ich dachte doch wirklich, das s sie ihre Arbeit genauso gewissenhaft und kreativ wie meine Wenigkeit ausüben würden. Nein, ich hatte jahrelang Holzköpfen vertraut, sonst wäre es ihnen doch aufgefallen?
    Zu Unrecht vorgenommene Abschreibungen von nie vorhandenen Klinikeinrichtungen.
    E xtrem komplexe und dennoch illegale Steuersparmodelle, verschleierte Schiffsfonds oder Versicherungen waren es nicht, die mein Imperium wackeln ließen. Auch nicht die meist üblichen Abrechnungsgaunereien bei diversen Krankenkassen.
    Nein, die Steuerfahnder begründeten ihr Handeln nur auf mögliche, nicht versteuerte Bareinnahmen. Ja, es floss immer eine Menge Schwarzgeld.
    D as wusste auch der „Anäs“!
    Ich hätte seine Umschläge doch ein wen ig dicker ausstaffieren sollen …
     
     
    Dabei wollte ich doch immer nur das Maximale herausholen, viele haben den Rahm mit abgeschöpft und davon profitiert.
    Allein m eine privaten Fixkosten beliefen sich Monat für Monat auf mehr als fünfzigtausend Euro. Ich war ein Workaholic, eine personifizierte Gelddruckmaschine. Es gab mal einen Tag, da haben mein Team und ich dreiundzwanzig kosmetische Operationen und Eingriffe vorgenommen.
    Brustvergrößerung en, Nasenkorrekturen, etc. – am Fließband, alles für die doch vergängliche Schönheit. Alle wollten natürlich möglichst mich als Operateur, das umgingen mein tolles Facharztteam und ich meistens ganz charmant. Ich machte immer die Vorbesprechungen und ließ mich kurz vor oder nach der OP sehen. Ich war ja kein Krake mit acht Armen. Alle waren zufrieden und die Taler rollten so richtig. Nach dem Besuch der Obrigkeit vergingen zwei Monate in trügerischer Ruhe und es lief alles wie bisher.
    Meine Buchhalter und Rechtsberater feilten an den Unterlagen und verhandelten mit der Staatsanwaltschaft und der Steuerfahndung bei Kaffee und Kuchen. Sie handelten einen Deal aus, der bei mir nur ein müdes Lächeln verursachte.
    Sie schienen in ihrer Einschätzung Recht zu behalten. Bei der Abschlussbesprechung mit Hamburgs oberstem Steuerfahnder und dem Staatsanwalt musste ich auch anwesend sein. Es herrschte eine freundliche Atmosphäre. Ehrlich!
    Von anfänglich geschätzten achthunderttausend Euro „Steuerverkürzungen“ verblieb eine Summe von neunzigtausend Euro. Die darauf fälligen Abgaben würde ich aus meiner Portokasse bezahlen, unkte ich später in privater Runde. Wegen meiner nicht vorsätzlich begangenen Steuerhinterziehung, also einer lächerlichen Ordnungswidrigkeit, sollte ich eine Geldbuße in Höhe von fünftausend Euro akzeptieren, obwohl ich ja eigentlich nichts getan hatte. Hergeleitet aus einem – zu vollen – Terminbuch! Lächerlich, als wenn jeder Gesprächstermin zu einer OP geführt hätte.
    Aber so sei es nun mal als Verantwortlicher Geschäftsführer einer GmbH. Meine Mannen und ich atmeten tief durch, wir feierten diesen Deal bei einem Galadinner.
    Es hätte auch ganz anders laufen können, denn seit nicht allzu langer Zeit wird Steuerhinterziehung von mehr als einer Million Euro nicht unter zwei Jahren Haft bestraft. Ein wenig Angst beschlich mich schon. So warteten wir auf den schriftlichen Bescheid, der alles amtlich machen würde, aber er kam nicht. Irgendetwas lief im Verborgenen, was natürlich niemand von uns ahnen konnte. Dann kam es, wie es kommen musste
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