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212 - Beim Stamm der Silberrücken

212 - Beim Stamm der Silberrücken

Titel: 212 - Beim Stamm der Silberrücken
Autoren: Jo Zybell
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töten!«
    Fumo Omani bestaunte das Weib. Er konnte sich beim besten Willen keinen Mann vorstellen, der Mumm genug hatte, einem solchen Riesen entgegen zu treten. Dieses kämpferische Weib tat es bedenkenlos.
    Sie und der Zilverbakführer namens Borr stritten miteinander. Sie wurden sehr laut und warfen einander wütend ausgestoßene, meist einsilbige Worte an den Kopf. Fumo Omani und seine Männer lauschten atemlos. Sie verstanden nicht viel, spürten aber, dass es um ihr Leben ging.
    Irgendwann hatte Borr genug von der vorlauten Frau und packte sie bei der Schulter, um sie beiseite zu ziehen. Sie wagte es tatsächlich und schlug seinen Arm weg. Im nächsten Moment sprang ein weiterer Zilverbak dazwischen, ein drahtiger Bursche mit einem Pelz schwarz wie Teer. Zarr hieß er, wenn Omani richtig gehört hatte. Zarr knurrte den Größeren an, und nannte ihn Subabak, was wohl eine Art Rang oder Titel bezeichnete. Erstaunt beobachtete Fumo Omani, wie der drahtige Halbmonkee jenen Borr beschimpfte oder zurechtwies. Jedenfalls fletschte er drohend die Zähne.
    »Das ist auch ein Anführer«, flüsterte Ahmad neben Omani.
    »Wir haben es hier mit zwei Stämmen zu tun, wie es aussieht. Der da und das Weib scheinen nur auf der Durchreise zu sein.«
    »Ich hoffe, dass sie sich durchsetzen«, raunte Fumo Omani.
    »Ich hoffe es für meinen weißgeschminkten Teint und für die kunstvolle Lepaadentätowierung auf meinem Kopf. Die war teuer.«
    Auf einmal stürmten zwei Zilverbaks durch den Höhleneingang. Am Thronsitz vorbei schaukelten sie zu ihrem Anführer. Sie bellten ein paar Worte und Satzfetzen hinaus, die nach Gefahr klangen. Von Kämpfen war die Rede und von fremden »Glatthäuten«. So nannten sie die Menschen, vermutete Fumo Omani. Kurz darauf verließen etwa zwei Dutzend Zilverbaks die Felshöhle unter dem Wurzelgeflecht.
    Fünf Menschen begleiteten sie; unter ihnen das schwarze Weib mit der Narbe. Der Hüne Borr knurrte böse, wandte sich ab und schaukelte zurück zu seinem Thronsitz. Fumo Omani seufzte erleichtert. Seine Männer weinten vor Erleichterung oder murmelten Dankgebete.
    ***
    Amboseli Nationalpark, Kenia, März 2012
    Das Geschrei schwoll an, und immer wieder peitschten Schüsse durch die Dunkelheit. Der warme Südostwind war noch heftiger geworden. Leila blieb stehen. Dutzende von Männern und Frauen rannten in panischer Flucht an ihr vorbei und zurück zu dem Flugzeugwrack. Nur wenige Menschen standen noch am Ufer des Sees. Sie sah Mündungsfeuer aufblitzen. Irgendjemand schoss dort ins Wasser.
    Ihr Herz schlug bis zum Hals. Am liebsten wäre sie mit den Leuten zum Flugzeug gerannt, doch die Waffe in ihren Händen verlieh ihr das Gefühl von Sicherheit. Und wieder blitzte Mündungsfeuer auf, diesmal an einer Stelle zweihundert Schritte vom Ufer entfernt zwischen den Silhouetten hoher Bäume. Schusslärm peitschte über das Seeufer und die Savanne.
    »Dagobert«, sagte eine raue Stimme neben ihr. Major Mogbar. Der Schwarzafrikaner wich nicht von ihrer Seite.
    Leila nahm es wie selbstverständlich hin, vermutlich wollte er sie beschützen. Er deutete zum Seeufer, und tatsächlich: Zwischen ein paar schreienden Frauen und Männern entdeckte sie die breite Gestalt Dagoberts. Schon wieder schoss er ins Wasser hinein.
    Leila blickte sich um. Es war nicht mehr düster, es war dunkel. Unmerklich war der Tag in die Nacht übergegangen.
    Was da tief im Südosten über dem Horizont glühte, waren die Wolken über dem Kilimandscharo. Der heiße Wind wühlte in Leilas Haar. Die Luft roch nach Schwefel.
    Die Umrisse eines massigen Mannes schälten sich aus der Dunkelheit. Leila winkte. »Hierher, Tom! Hier sind wir!«
    »Kommen Sie schon!« Major Mogbar lief weiter. Um nicht allein zurückzubleiben, folgte sie ihm, jedoch langsam und ständig nach hinten blickend. Wieder fielen Schüsse, das Geschrei am See steigerte sich zu schier unmenschlichem Kreischen. Irgendetwas schlug unablässig im Wasser auf.
    Endlich holte Tom Percival sie ein. Er war völlig außer Atem. Leila fasste ihn an der Hand und zog ihn hinter sich her zum Seeufer. »Löwen«, keuchte er. »Hast du’s auch gehört?«
    Leila nickte. »Haben sie jemanden erwischt?«
    »Ich weiß nicht.« Endlich erreichten sie das Ufer. Kleider hingen dort in Büschen und im Gras. Ron Fisher stand im Ufergestrupp, presste die gefalteten Hände gegen die Stirn und kniff die Augen zusammen. Eine Frau lag am Boden und zuckte in Heulkrämpfen, eine zweite klammerte sich
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