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2012 - Folge 7 - Ein Grab im Dschungel

2012 - Folge 7 - Ein Grab im Dschungel

Titel: 2012 - Folge 7 - Ein Grab im Dschungel
Autoren: Bastei
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Quere zu kommen. Vielleicht konnte er etwas ausrichten, wenn sie wieder da war.
    Die Wartezeit vertrieb er sich mit alten Geschichten, die er sich selbst erzählte …
    Es hatte damals zehn Sommer und Winter gedauert, bis Isleif gemerkt hatte, dass sein Körper nicht der eines Mannes wurde, sondern der eines Jungen blieb. Nur innerlich wuchs und alterte er. Dass dieses Wunder mit den Geschehnissen jener Nacht zusammenhing, in der er den Streit der beiden fremden Wesen belauscht hatte, lag auf der Hand. Wie dieser Zusammenhang beschaffen war, blieb ihm ein Rätsel.
    Die Einheimischen, mit denen er unterdessen doch in Kontakt getreten war, nannten ihn in ihrer Sprache den »Immer-Jungen«. Seine Geschichte machte unter ihren Stämmen die Runde. Aber niemand beneidete ihn. Kein Einheimischer hielt es für erstrebenswert, nicht zu sterben. Wie sollte man dann die Ahnen wiedersehen und eins werden mit dem großen Geist, der alles beseelte?
    Den Namen, den sie ihm gegeben hatten, behielt Isleif später bei, als er sich unter die Weißen mischte, die eines Tages in diesem Land auftauchten und vielleicht von dort kamen, wo Isleif als Junge gelebt hatte, bevor er im 13. Jahrhundert mit seinem Vater und dessen Männern auf große Fahrt gegangen war.
    »Everyoung« nannte er sich unter den neuen Siedlern. Zu dieser Zeit gefiel ihm sein besonderes Dasein noch. Er mochte zwar »nur« fünfzehn sein, aber er wusste das Leben und seine Freuden doch wie ein Mann zu genießen.
    Irgendwann wurde es ihm jedoch zu schwer, jeden Freund, den er gewann, und jedes Mädchen, in das er sich verliebte, entweder zu überleben oder vorher schon zu verlieren, weil er ein Kind blieb und sie erwachsen wurden.
    Nach Jahrhunderten kehrte er an die Wiege seiner Unsterblichkeit zurück, in der Hoffnung, dort, wo alles angefangen hatte, vielleicht auch alles beenden zu können.
    Natürlich kam ihm der Gedanke, sein Ableben mit Gewalt herbeizuführen. Aber dann erwachte in ihm stets die Erinnerung an die beiden bernsteinschuppigen Fremden. Was, wenn sie Götter waren? Würde er nicht ihren Zorn auf sich ziehen, wenn er das Geschenk der Unsterblichkeit einfach wegwarf? Würde er sich dann im Jenseits für alle Zeit dafür rechtfertigen müssen?
    Als er in Florida, inzwischen Bundesstaat der USA, eintraf, schien sich seine Todessehnsucht zu erfüllen. Zurück auf der Insel im Sumpf, wurde Isleif von einem Alligator angegriffen!
    Er setzte sich mit dem alten Schwert, das er immer noch bei sich trug, instinktiv zur Wehr, obwohl etwas in ihm schrie, es nicht zu tun, alles geschehen zu lassen.
    Aber da bohrte sich die Spitze seiner Klinge bereits in das Auge des mächtigen Tieres, verkeilte sich in der Augenhöhle – und brach ab.
    Das Reptil gebärdete sich vor Schmerz und Wut wie von Sinnen, es schlug mit dem Schwanz nach ihm, fegte ihn zu Boden, fuhr herum und kam mit aufgerissenem, zähnestarrenden Maul über ihn.
    Ein Biss dieses Kiefers würde ihn glatt zweiteilen. Und so in Stücke gerissen, würde nicht einmal er weiterleben müssen.
    Doch der Biss kam nicht.
    Das Tier verhielt in der Bewegung – weil ein noch größerer Alligator auftauchte und ein machtvolles Fauchen von sich gab.
    Und so, wie dieses Fauchen den Angreifer in seine Schranken wies, erfasste es auch Isleif wie eine Welle, hielt ihn in seinem Sog gefangen und lähmte ihn.
    Er konnte es nicht in Worte kleiden, aber er spürte in diesen Sekunden die Verbindung zwischen ihm, dem Riesenalligator – und auch dem einäugigen Gegner. Wir sind eins, fuhr es ihm durch den Kopf, ohne dass der Gedanke seinen Verstand erreichte.
    Es war wie damals, als er die Unterhaltung der beiden gesichtslosen Wesen begriffen hatte, auch ohne ein Wort zu verstehen.
    Die beiden Alligatoren hatten vom selben Wasser getrunken, das durch den Inhalt der zerbrochenen Kugel zu einem Quell der Unsterblichkeit geworden war. Isleif spürte instinktiv diese Verwandtschaft, so wie auch das Muttertier. Deshalb hatte es ihm das Leben geschenkt.
    Und sie teilten noch etwas: die Aufgabe . Sie verstanden sich als Hüter dessen, was in jener lange vergangenen Nacht an diesem unscheinbaren Ort entstanden war.
    Doch sie hüteten ihn nicht, um ihn zu bewahren. Nein, hätte Isleif gewusst, wie der Ort zu vernichten war, hätte er nicht gezögert, es zu tun. Sie hüteten nicht den Quell der Unsterblichkeit, sondern sie be hüteten andere Kreaturen davor, von seinem Wasser zu trinken …
    Isleif schreckte aus seiner Grübelei
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