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1981 - Richard

1981 - Richard

Titel: 1981 - Richard
Autoren: Alexander Zeram
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die Kommode, angelehnt an den Spiegel, der dort aufgehängt war. Sébastian sah hinüber.
    »Du hast es mitgenommen«, sagte er sofort. »Ich dachte wir wollten die alte Geschichte einfach vergessen.«
    »Du weißt, dass wir sie nicht vergessen können. Wir sind die einzigen außer diesem Linz, die es wissen.«
    »Trotzdem wollte ich nicht mehr darüber reden. Ich habe noch immer Angst, dass er es heraus bekommt, die Sache mit der Kopie.«
    »Ja sollte ich ihm denn damals das Original geben«, sagte Konrad energisch. »Du hättest es ja beinahe ausgeplaudert und er hätte etwas gemerkt. Außerdem, was glaubst du hat er mit der Kopie getan?«
    »Ich kenne deine Theorie und du hast ja Recht. Er muss sie zerstört haben, weil er damals schon wusste, dass es ein echter Gauguin war, dass heißt, wenn er nicht die Kopie von uns bekommen hätte.«
    »Klar hat er es damals schon gewusst. Als wir alle Fakten kannten, war es uns doch auch sofort klar. Es hatte nie ein Ölgemälde gegeben, sehr wohl aber eine Zeichnung und die haben wir die all die Jahre besessen, schade, dass wir es nicht schon früher gewusst haben. Ein echter Gauguin, eine Zeichnung. Du hättest es noch einmal in Öl malen können, aber du hättest es nicht einfach kopiert, sondern deine eigene Interpretation geschaffen, du hättest so viele Interpretationen machen können, wie du wolltest.«
    Sébastian sah ihn an und schwieg einige Sekunden. Dann ging er zu der Zeichnung und nahm sie in die Hand. Er ging zur Balkontür und hielt das Bild ins Licht.
    »Gauguin hat es hier gemalt, hier?«, sagte er schließlich.
    »Nicht hier, sondern auf Hiva Oa« , korrigierte ihn Konrad.
    Sébastian sah ihn an. »Das meine ich doch«, sagte er leise. »Warum hast du das Bild mitgebracht, hierher mitgebracht?«
    »Du kennst doch die Geschichte und wir waren hier auf den Marquesas und auf Tahiti in allen Museen die Gauguin gewidmet sind. Hier wo er gelebt hat und schließlich auch gestorben ist, gibt es kein einziges seiner Bilder. Dies hier soll das erste sein.«
    »Können wir das denn machen? Wem sollen wir es denn geben? Keiner wird glauben, dass es echt ist, nach der Sache mit dem Ölgemälde.«
    »Es reicht doch, dass wir am Ende wissen, dass sich ein echter Gauguin hier auf den Marquesas befindet. Für mich wäre das ein tolles Gefühl«, erwiderte Konrad.
    »Gut, aber warum hast du mir deinen Plan nicht schon auf Tahiti verraten? Das Museum dort wäre doch ideal gewesen. Jeder hätte es sehen können.«
    »Genau das will ich aber vermeiden. Es soll ja nicht jeder sehen, die Zeichnung soll einfach nur hier bleiben, ohne dass es all zu viele Leute wissen.« Konrad schwieg einige Sekunden, bis er weiter sprach. »Ich habe ein wenig Detektiv gespielt.«
    Er ging zu seinem Koffer und holte eine Zeitschrift aus dem gleichen Fach, in dem auch die Zeichnung gesteckt hatte. Er legte sie auf die Kommode und suchte nach der richtigen Seite. Sébastian trat zu ihm und sah auf das, was Konrad aufgeschlagen hatte. Er kannte den Artikel. Es ging um den Gauguin, um das Ölgemälde, um das Bild, das eigentlich eine Fälschung war. Es war exakt das gleiche Motiv wie auf der Zeichnung, die Sébastian jetzt in den Händen hielt. Das Ölgemälde war in dem Artikel abgebildet. Es musste eine der letzten Aufnahmen gewesen sein. In dem Artikel gab es eine Menge Hintergrundinformation über die Entdeckung dieses angeblich verschollenen Meisterwerks. Sébastian kannte den Text beinahe auswendig. Zwei Monate vor dem Erscheinen war der Gauguin, der keiner war, vollständig verbrannt, vernichtet. Die Versicherung hatte zehn Millionen gezahlt. Dies alles wurde ebenfalls in dem Artikel beschrieben, der damit fast einem Drama glich. Es gab aber auch Details, die nicht beschrieben waren, die nur Konrad und Sébastian und natürlich Edmund Linz wussten. Konrad hatte Edmund Linz nach der Geldübergabe noch einmal wieder gesehen. Was danach geschehen war, konnte Sébastian lange nicht begreifen. Konrad dagegen, hatte es schnell durchschaut. Sie schworen sich dennoch, der Öffentlichkeit niemals die Wahrheit zu sagen, ihre Wahrheit zu der Geschichte, egal welchen Vorteil dieser Edmund Linz letztendlich daraus gezogen hatte. Denn es war ihr eigener Triumph, ein Gauguin -Gemälde geschaffen zu haben, dass niemals als Fälschung entlarvt worden war und dass auch niemals entlarvt werden würde, weil es nicht mehr existierte.
    Sébastian glitt mit dem Finger über das Foto des Ölgemäldes. »Eigentlich
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