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194 - Der schlafende Teufel

194 - Der schlafende Teufel

Titel: 194 - Der schlafende Teufel
Autoren: A.F.Morland
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Tanner fürchtete sich nicht. Wer konnte ihm jetzt noch etwas anhaben? Er fühlte sich unbesiegbar.
    Nachdem er das Werkzeug aufgenommen hatte, setzte er sich so zielstrebig in Marsch, als wüßte er, wohin er zu gehen hatte, dabei hatte er noch keine Ahnung.
    Seine Schritte wurden in eine bestimmte Richtung gelenkt - zum alten Teil des Friedhofs. Dorthin, wo die Gräber flach und verwahrlost waren, weil es keine Angehörigen mehr gab, die sie pflegten.
    Tanner vermeinte, Stimmen zu hören, die sich zu einem Chor vereinigten und sakrale Gesänge entstellten, verzerrten und verhöhnten.
    Leben schien sich unter dem feuchten Erdboden zu befinden. Leben, das heraus wollte, das gefangen war und befreit werden mußte.
    Schwarzes Leben!
    Das also war seine Aufgabe.
    Tanner begann sofort mit der Arbeit, nachdem ihm das Anschwellen der Stimmen genau die Stelle gezeigt hatte, wo er graben sollte. Er lehnte den Spaten an einen der Grabsteine und rückte der Erde zunächst mit der Spitzhacke zu Leibe. Sobald er den verdichteten Boden aufgelockert hatte, wechselte er das Werkzeug und stach nun mit dem Spaten zu.
    Er arbeitete schnell. Eine Spatenladung nach der anderen flog zur Seite. Auf dem würzig riechenden Erdhaufen, der rasch anwuchs, wanden sich glänzende Regenwürmer, die ihrer finsteren Umgebung jäh beraubt worden waren und dorthin zurückkehren wollten.
    Bald hatte sich Tanner in Knietiefe gegraben, doch das reichte noch nicht. Er wußte nicht, wann er aufhören durfte, deshalb hackte und schippte er weiter.
    Irgendwann war es dann genug - das sagte ihm die Eingebung. Er sprang aus der Grube, ohne auf etwas gestoßen zu sein. Er hatte weder einen Sarg noch Gebeine freigelegt. Das Ganze sah aus wie die Tat eines Verückten, aber Tanner war davon überzeugt, daß das, was er gemacht hatte, sinnvoll war.
    Er stand am Rand des Grabes und wartete darauf, daß irgend etwas geschah. Und plötzlich entstiegen dem Erdreich in der schwarzen Tiefe helle Dämpfe, die das Grab füllten und denen der Geruch nach faulen Eiern anhaftete.
    Schwefel!
    Bis vor kurzem hätte Tanner Reißaus genommen, doch nun harrte er gespannt der Dinge, die sich auf diese gespenstische Weise ankündigten.
    In den Dämpfen entstand ein Wispern und Flüstern, das allmählich zu einem aggressiven Zischen wurde. Tanner vermeinte, darin etwas Haariges »schwimmen« zu sehen, und wenn ihn nicht alles täuschte, wurde er von glühenden Augen angestarrt.
    Etwas, das - wie er - der Hölle zugeordnet werden mußte, schien ihn nicht als Helfer, als Befreier anzuerkennen, sondern einen Feind in ihm zu sehen.
    Er machte sich auf ein Kräftemessen gefaßt, griff mit beiden Händen nach der Spitzhacke und bereitete sich auf einen Angriff vor.
    Noch herrschte die berühmte Ruhe vor dem Sturm.
    Tanners Finger umschlossen hart das Holz der Hacke, seine Wangenmuskeln zuckten. Grimmig und trotzig starrte er in die wabernden Dämpfe, die nichts Gutes verhießen.
    Und plötzlich ging es los.
    Ein verästelter Blitz zuckte vom nachtschwarzen Himmel in die wabernden Dämpfe und schuf eine Basis, auf der sich das Grauen in seiner übelsten Form ausbreiten konnte.
    Etwas schoß hoch. Eine große, haarige Kugel!
    So sah es auf den ersten Blick aus, aber dann sah Tanner ein Gesicht, eine affenähnliche Fratze. Dichtes, schwarzes, struppiges Haar bedeckte den Schädel, der von einer mysteriösen Kraft aus dem Grab geschleudert worden war. Im feindselig aufgerissenen, riesigen Maul blinkten kräftige Zähne.
    Tanners aggressiver Widersacher stieß einen haßerfüllten Schrei aus. Seine Ohren standen wie lappige, nach oben hin spitz zulaufende Flügel auf. Er griff Tanner an. Dieser hatte die Spitzhacke bereits hochgeschwungen. Jetzt schlug er zu - und traf.
    Der Höllenschädel stieß einen quiekenden Laut aus, überschlug sich in der Luft und fiel mit einem blutenden Loch in der Stirn zu Boden.
    Tanner lachte. »So hattest du dir das nicht gedacht, was?«
    Da gab das Grab, das ein Höllentor sein mußte, den nächsten Schädel frei -und einen dritten!
    Tanner hatte das Tor von dieser Seite geöffnet, um diesen Teufeln den Eintritt in die Welt der Menschen zu ermöglichen, doch sie dachten nicht daran, es ihm zu danken.
    Ihre blinde Aggression richtete sich gegen das erstbeste Wesen, dem sie auf der Erde begegneten, und das war George Tanner. Sie attackierten ihn fauchend und schreiend. Ihre Reißzähne hieben immer wieder zu, fetzten ihm Hemd, Haut und Fleisch auf.
    Das als Grab
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