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1938 - Die Farben des Bösen

Titel: 1938 - Die Farben des Bösen
Autoren: Unbekannt
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suchen, dachte Tuyula. Hoffentlich löst sich das hier schnell auf...
    Sie kauerte sich hin und war froh; dem Drang nachgeben zu können. Ihr war bewußt, daß der Hunger anschließend nur noch schlimmer sein würde, aber das war ihr gleich.
    Sie summte ein Lied vor sich hin, um sich Mut zu spenden, während sie dann vorsichtig durch die Finsternis tappte.
    Der Boden war genauso wie beim letzten Mal, glatt und eben, ein wenig nachgiebig, aber ohne Erhebungen oder Gruben.
    Tuyula brauchte ja nicht weit zu gehen, nur ein bißchen, um sich gleichzeitig die Beine zu vertreten und gegen die Müdigkeit und den Hunger anzukämpfen. Um nichts in der Welt wollte sie hier einschlafen.
    Immer wieder redete das Mädchen sich ein, keine Angst haben zu müssen. Sie mußte Vincent beweisen, daß sie auch tapfer sein konnte.
    Doch dann erfaßte sie erneut großer Schrecken, als sie plötzlich über etwas Großes, Weiches stolperte und der Länge nach hinfiel. Tuyula war so entsetzt, daß sie sich einige Zeit nicht rührte; selbst der Schreckensschrei war steckengeblieben. Sie schlotterte am ganzen Leib vor Panik.
    Immer noch nicht wagte sie sich zu rühren, und sie rief in Gedanken nach ihrem Freund Vincent. Sie wünschte sehnsüchtig, daß er ihre Not endlich hörte und sie sofort befreite.
    Aber nichts änderte sich. Selbst die Kreaturen schwiegen. Tuyula hatte keine Gedanken für sie übrig.
    Das Hindernis schien zumindest nicht lebendig zu sein, da sich nichts rührte. Vielleicht war es ein Möbelstück, das Vincent seinem Schützling hinterhergeschickt hatte. Damit Tuyula es sich bequemer machen konnte und etwas Vertrautes um sich hatte.
    Das Mädchen streckte eine Hand aus und tastete vorsichtig mit den sensiblen drei Daumen nach dem Hindernis. Die verschiedensten Vorstellungen überschlugen sich in ihrem Kopf. Wenn es nun doch eine Alptraumkreatur war, die nur darauf wartete, nach ihr zu schnappen?
    Aber sie konnte nicht mehr zurück. Sie mußte wissen, über was sie gefallen war. Schließlich konnte sie nicht einfach davonrennen.
    Die Daumen ertasteten Stoff; und Tuyula atmete auf. Stoffe entstammten der realen Welt und taten nichts Böses. Bestimmt war es ein Sitzkissen oder so. Vincent hatte eben doch an sie gedacht und sie nicht einfach in die Hypersenke gesteckt, um sie los zu haben.
    Einer ihrer Finger stupste den Stoff leicht an. Er war nicht besonders dick, darunter befand sich etwas Weiches, das sich bei weiterem Betasten anfühlte wie ...
    Ein Körper.
    Tuyula merkte, wie sich sofort ihr Magen umdrehte. Sie warf sich herum und übergab sich. Ihre Arme umklammerten den zartgliedrigen Leib, während sie vornübergebeugt kauerte. Sie würgte und keuchte, und von den Kopfseiten tropfte Harz.
    Mama ..., wimmerte sie, Myar, Ryzus...
    Schluchzend kroch sie auf allen vieren über den Boden, tastete erneut nach dem liegenden Körper. Sie hatte sich getäuscht, sie mußte sich getäuscht haben, dort lag kein Toter.
    Das Grauen schüttelte sie, und ihr Magen krampfte sich weiterhin zusammen, aber sie hatte nichts mehr in sich.
    Nein, es war kein Toter. Bestimmt nicht. Sie war nur hysterisch, malte sich zuviel Schreckliches aus in ihrer kindlichen Phantasie. Vincent hatte das oft zu ihr gesagt.
    „Schläfst du?" zirpte sie. „Wach doch auf!"
    Da, endlich, erinnerte sie sich an die winzige Lampe, die sie immer noch einstecken hatte. Vincent hatte sie so überrumpelt, daß sie die ganze Zeit nicht daran gedacht hatte. Mit zitternden Fingern zog sie die Lampe hervor und aktivierte sie.
    Ein dünner Strahl erhellte die Finsternis, allerdings nicht weiter als zwei oder drei Meter, dann wurde er von der Schwärze verschluckt.
    Aber es war ein Trost, ein Hoffnungsschimmer. Tuyula konnte endlich wieder etwas sehen. Sie leuchtete auf ihre Hand, ihre Beine ... alles -war da und unversehrt.
    Dann nahm sie ihren ganzen Mut zusammen, um nachzusehen, wer da lag.
    Vielleicht war es Vincent, der fliehen mußte und das Bewußtsein verloren hatte, bevor er Tuyula gefunden hatte. Dann mußte sie ihm sofort helfen, damit sie hier herauskamen, bevor die Senke zusammenfiel.
    „Vincent", flüsterte sie in menschlichem Tonfall auf interkosmo, „Vincent, ich bin es, Tuyula ... wach auf, bitte ..."
    Der Lichtstrahl der Lampe fiel plötzlich auf einen Arm. Zweifelsohne ein menschlicher Arm. Die Farbe des Stoffes konnte Tuyula nicht erkennen, der Lichtstrahl erhellte alles nur zu bleichem Grau. Erneut schüttelte sie den Arm.
    „Wach doch auf,
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