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190 - Der Finder

190 - Der Finder

Titel: 190 - Der Finder
Autoren: Jo Zybell
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Antlitz, das er liebte. Das Gesicht, an das er noch bei seinem letzten Atemzug denken würde. Er suchte Aruula.
    »Und?« Der kleine Asiat tauchte neben ihm auf und hakte sich bei ihm unter. »Ist sie dabei? Siehst du sie irgendwo?« Matt schüttelte stumm den Kopf. »Nicht? Das gibt’s doch nicht!« Cahai zog den Mann aus der Vergangenheit zur Menge. »Hey! Habt ihr ein Weibsbild namens Aruula gesehen? So ein halbnacktes Zuckerweib mit schwarzen Haaren, einem Riesenschwert und mächtig großen Titten? Hey! Habt ihr die gesehen?«
    Matt Drax war kein Mann, der sein Herz auf der Zunge trug; das war er nie gewesen und würde er niemals sein. Der junge Bursche aber wusste viel von ihm; viel zu viel. Wahrscheinlich sogar, wie es sich anfühlte, Aruula zu küssen. Davon hatte Matt in den letzten Wochen oft geträumt. So oft und so intensiv, dass der schlitzäugige Telepath gar nicht anders konnte, als ihn dabei zu ertappen.
    Cahai selbst hatte ihm sein ganzes Leben erzählt. Er sah zu ihm, dem fast zwanzig Jahre Älteren, wie zu einem Vater auf.
    Wahrscheinlich, weil ihn die Erlebnisse beeindruckten, die er Matts Gedächtnis abgelauscht hatte; vielleicht auch einfach nur, weil er keinen Vater gehabt hatte. Mutter und Schwestern hatten ihn großgezogen, irgendwo in einer großen Ruinenstadt an der Küste des chinesischen Meeres. Als Zwölfjähriger war er auf eigene Faust losgezogen und hatte sich mit Diebstahl und Glücksspiel durchgeschlagen. Zu der Zeit, als der visionäre Ruf des brennenden Felsens ihn erreicht hatte, jagten die Krieger eines Ruinenfürsten ihn gerade, weil er die Lieblingstochter des Fürsten geschwängert hatte.
    »Was ist jetzt?«, fuhr Cahai die Leute an. Sie lächelten wie kleine Kinder oder als wären sie angenehm berauscht. Wenn sie sich bewegten, sah das müde und schwerfällig aus. Irgendwas stimmte nicht mit diesen Leuten. »Aruula! Kennt ihr eine die so heißt, oder nicht?«, rief Cahai. »Warum antwortet ihr nicht? Seid ihr krank, oder was?«
    »Die Frau ist nicht hier«, meldete sich endlich ein alter Mann in einem grauen, knöchellangen Kleid und mit rotem Turban zu Wort.
    »Hier nicht, und auf der anderen Seite des Uluru auch nicht.«
    »Woher weißt du das?«, wollte Cahai wissen.
    »Weil vorhin schon mal einer nach ihr gefragt hat. Der kam von der anderen Seite. Hätte er sie dort gefunden, hätte er uns nicht fragen brauchen, kapierst du?«
    »Wer hat nach Aruula gefragt?« Matts Stimme klang belegt.
    »Der da«, sagte eine Frau. Cahai und Matt blickten in die Richtung, in die sie deutete. Dort stand ein hoch gewachsener, in Leder und Pelz gekleideter Mann mit heller Haut und langem weißen Haar. Er hatte rote Augen.
    »Rulfan…?«, flüsterte Matt. »Bist du es wirklich, oder träume ich?«
    ***
    Am Anfang tauchte er alle fünf Minuten auf und spähte nach der Rauchsäule des Feuers, und wenn er sie entdeckt hatte, spähte er nach der Gestalt seines Schützlings. Jedes Mal saß Daa’tan an der gleichen Stelle. Er aß, und Grao’sil’aana war einigermaßen beruhigt: Wer solchen Hunger hatte, würde so schnell auf keine dummen Gedanken kommen. Und Daa’tan entwickelte einen gesegneten Appetit in den letzten Wochen. Der Daa’mure vermutete, dass er kurz vor dem nächsten Wachstumsschub stand.
    Nachdem er seinen Schützling friedlich essend am Feuer gesehen hatte, tauchte Grao’sil’aana wieder beruhigt in den Strom ein. Die Intervalle zwischen Auf- und Abtauchen wurden immer länger. Bald stöberte er einen großen Fisch auf, der am anderen Ufer in einem Flussgrasfeld weidete, ein fetter breiter Bursche mit gelblichen Schuppen und einem ungeheuer breiten Maul. Eine Beute von ungefähr dem Gewicht, das Grao’sil’aanas Kalorienbedarf für die nächsten zwei Tage stillen würde. Der Daa’mure nahm die Verfolgung auf.
    In dieser Phase der Jagd war es natürlich unmöglich, auch nur einmal aufzutauchen, um nach Daa’tan Ausschau zu halten. Grao begnügte sich also damit, in kurzen Abständen die mentale Aura seines Schützlings abzutasten. Dass er Befriedigung, Sättigung und Müdigkeit verspürte, beruhigte ihn.
    Die Jagd auf den Pflanzenfresser führte ihn viele hundert Meter Strom abwärts. Der Fisch witterte die Gefahr, die Hartnäckigkeit des Jägers. Er wühlte sich in den Schlamm, irgendwo in der Mitte des Stroms, acht oder zehn Meter unter der Wasseroberfläche.
    Grao’sil’aana trieb knapp über dem Grund, lauerte ins Halbdunkel und spürte der Aura des Fisches
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