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1891 - Das Mädchen Siebenton

Titel: 1891 - Das Mädchen Siebenton
Autoren: Unbekannt
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Persönlichkeit unangreifbar gemacht hatte. Die anderen, bis auf ihre Gruppe, liebten sie nicht, aber sie achteten sie nun.
    Ihre Gruppe, das war einmal Hentele, mit 62 Jahren nur zehn Jahre älter als sie, die sie von der Spitze vertrieben hatte. Anfangs war sie ihre größte Feindin gewesen, doch mittlerweile hatten sich die beiden arrangiert, und Hentele hatte eingesehen, daß auch sie von Siebentons Ideen profitieren konnte. Seither waren die beiden Frauen unzertrennlich geworden.
    Tamal, 95 Jahre, und Grasche, 100 Jahre alt, komplettierten ihr Team. Für sie galt das gleiche wie für Hentele, und immer mehr wuchsen die Frauen zusammen. Erst an diesem Tag aber sollte sich ihr Verhaltnis zueinander wirklich ändern.
    Siebenton arbeitete im künstlichen Licht der langen, an der Decke befestigten Lampen mit dem Desintegrator und löste Meter um Meter vorsichtig den Sand auf, der sich an den Wänden im Laufe der Jahrzehntausende festgesetzt und verfestigt hatte. Das grobe Erdreich schaufelte Hentele nach hinten, wo Tamal es an Grasche weiterverfrachtete, die es bis zum horizontalen Schacht bringen mußte, wo es von Antigravkörben gute fünfzig Meter nach oben transportiert wurde. Dort wurde es in Container umgefüllt, die mit ihm, ebenfalls auf Antigravkissen, bis zum Prallschirm schwebten, der das ganze Gelände hermetisch abschloß, und auf eine Strukturlücke warteten, durch die der Abraum endgültig von der Fundstelle weggeschafft wurde.
    Die Tessma-Burg lag mitten in einer Einöde, wo Sand- und Staubstürme an der Tagesordnung waren.
    Ohne den Schirm wären die mühsam freigelegten Ruinen innerhalb weniger Tage wieder zugeweht worden. So aber war allmählich ein weiter Krater entstanden, aus dem die turmähnlichen Spitzen der uralten Burg viele Meter hoch herausragten.
    Doch noch immer vermutete Koliwan zwei Drittel der Burg unter der Erde - und da vor allem den Thronsaal der Königinnen. Ein zweites Team arbeitete sich von einer anderen Seite heran, aber nicht so schnell wie das von Siebenton.
    Sie hatte das System des Schuttabtransports durch Vorschläge etwas verfeinert, vor allem aber die Arbeit mit dem Desintegrator forciert. Hatte selbst Koliwan Angst davor gehabt, daß durch diese Art der Freilegung die Wände der Stollen und Kammern mit ihren wertvollen Malereien und Schriftzeichen mit zerstört werden konnten, so hatte ihm Siebenton gezeigt, daß die Sorge unbegründet war, wenn er nur die richtigen Präzisionsinstrumente benutzte.
    Dabei kam ihr zugute, daß sie einmal zwei Jahre lang mit Greine und Oriwad in einer Fabrik gearbeitet hatte, die solche Instrumente herstellte -für die Industrie, aber auch für Bastler und Hobby-Archäologen. Es gab auf Wolkenort nicht nur die großen Fundstellen wie Tessma-Burgen, sondern vieles aus der Vergangenheit zu entdecken.
    Der Desintegrator löste, schwach eingestellt, den Sand auf und zerstrahlte keinen Millimeter der aus großen Steinen gemauerten Wand des Stollens. Die kostbare Schrift der Tessma, die bisher noch nie hatte entziffert werden können, blieb genauso erhalten wie ihre Zeichnungen und alle Farben.
    Siebenton merkte, wie Hentele neben ihr zu schaufeln aufhörte. Sie war erschöpft, wie jeden Tag vor Ende der Schicht. Heute aber hatte sie besonders hart geschuftet, weil die Frauen glaubten, der Thronkammer so nahe zu sein, daß sie sie vielleicht noch erreichen konnten. Und wer eine solche wichtige Kammer zuerst entdeckte, der durfte mit einer besonderen Belohnung durch Koliwan rechnen.
    Noch war es eine Stunde bis zum Schichtwechsel.
    „Ich kann nicht mehr", gestand Hentele. „Wie ist es, gibst du mir kurz deinen Desintegrator, damit ich einige Kubikmeter verfestigten Sand einfach wegstrahle?"
    Zuerst hatte Siebenton an einen Scherz geglaubt. Dann aber sah sie die ehemalige Rivalin im Kunstlicht und wußte, daß die Mönchin heute tatsächlich am Ende war. Die Arbeit für Koliwan war fürviele die Hölle. Nur wer gewisse Privilegien besaß,’ ertrug sie leichter. Mehr als einmal hatte Siebenton miterlebt, wie Arbeiterinnen ganz plötzlich zusammengebrochen waren. Zwei waren in den sieben Jahren ihres Hierseins an Erschöpfung gestorben. Dann hatte Siebenton jedesmal ihren Kontrakt verflucht, der sie an Koliwan band.
    „Ich tue es für dich", sagte sie zu Hentele. „Ruh du dich aus!"
    „Nein, nein, ich möchte es einmal versuchen. Ich habe schon mit Desintegratoren gearbeitet, als du auf den Feldern geschuftet hast, Siebenton. Na, komm Schon!
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