Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1846 - Kreise

Titel: 1846 - Kreise
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
Seite. Ihr Zorn steigerte sich allmählich.
    „Hast du Ärger, Illie?" wollte Sybil Moltrans wissen.
    Endlich schien die Kleine überhaupt erst wahrzunehmen, daß sie nicht mehr allein war.
    „Nichts", brachte sie tonlos hervor.
    Sie hantierte Unermüdlich, mit der Ausdauer eines Roboters. Ein Vieleck entstand ...
    Sybil Moltrans blinzelte verwirrt, weil eine seltsame Benommenheit in ihr aufstieg. Für einen Moment mußte sie sich an der Wand abstützen. Der Druck unter ihrer Schädeldecke wurde stärker, unangenehm - ein Schwindel, wie sie ihn seit der Schwangerschaft nicht mehr kannte.
    Tief einatmen, mahnte sie sich.
    Der Boden, die Wände, alles entwickelte plötzlich ein unheimliches Eigenleben. Verzweifelt versuchte Sybil, den festen Halt zu bewahren, doch der Schwindel wurde unerträglich. In ihren Halsschlagadern und den Schläfen rauschte das Blut wie ein Wasserfall. Sie spürte, daß sie losließ, daß sie ins Kinderzimmer taumelte.
    Im nächsten Moment fand sie sich neben dem Mädchen auf dem Boden wieder. Sie hielt zwei Puppen in den Händen und legte sie der Länge nach an eine Mauer aus Bildsteinen. Jeweils im Winkel von neunzig Grad.
    Immer noch ein wenig benommen, lehnte sie sich zurück und betrachtete ihr Werk.
    „Das ist es nicht!" stieß Illie schrill hervor. „Das ist nicht das, was ich will. Geh weg, ich muß es allein schaffen!"
    Als Sybil Moltrans nicht schnell genug reagierte, begann die Kleine wieder um sich zu treten. Diesmal galten die Tritte allerdings nicht ihren Baukünsten, sondern Sybil.
     
    *
     
    Es war unmöglich, Illie von ihrem Spielzeug loszueisen. Sie war wie besessen darauf, bizarre Muster zusammenzustellen. Dindra hatte sogar Verständnis dafür. Am liebsten, aber das gestand sie sich selbst nur zögernd ein, hätte sie ihrer Tochter geholfen. Illie hatte ein Problem. Dindra hatte auch ein Problem - nur verstand sie als Erwachsene mit eisernem Willen, dieses Problem zumindest vorübergehend zu verdrängen. Es juckte sie in den Fingern, selbst eine neue Konstruktion aufzubauen oder zumindest einige geometrische Figuren zu zeichnen.
    Sybil zog sie kurzerhand mit sich, raus aus der Wohnung, der längst etwas Bedrückendes anhaftete.
    „Wenn du in deinen vier Wänden versauern willst, bitte", schimpfte Sybil verhalten. „Aber ich will Spaß am Leben haben."
    Daß sie dabei auf den Boden starrte und mit der Fußspitze seltsame Zeichen malte, registrierte Dindra nur am Rande. Was vom Leben haben, das bedeutete für Sybil Konsum. Sie kaufte sich die verrücktesten und modernsten Fetzen, Kleider, die Dindra niemals anzuziehen gewagt hätte.
    Minuten später schwebten beide Frauen in einem der vielen Antigravschächte in die Tiefe.
    Zwanzigtausend Wohneinheiten befanden sich in dem riesigen, siebenhundert Meter hohen Tower im Herzen der Megametropole Trade City. Normalerweise herrschte ein reges Treiben in den nostalgischen Einkaufspassagen. Heute hielt sich der Andrang in Grenzen.
    Dindra war nicht recht bei der Sache, während Sybil sich einige sündhaft teure Modelle vorführen ließ.
    In der Simulation war bestens zu erkennen, wie ihr die Kleider stehen würden. Ein auf größere Distanz transparentes Modell erschien ihr dann doch zu gewagt.
    „Was hältst du davon, Dinnie?"
    Dindra Clandor nickte fahrig. Sie dachte an Illie, fügte in Gedanken selbst Bildstein an Bildstein und verwarf die Muster sofort wieder. Es war wie eine Sucht, die sie erfaßt hatte, die immer größere Konzentration verlangte.
    „Ich sehe schon, mit dir ist heute wenig anzufangen. Wenn du mit mir reden willst, Dinnie, ich höre zu."
    Eine unverkennbare Neugierde schwang in Sybils Worten mit, aber darauf achtete Dindra nicht. Sie hatte begonnen, ausliegende Faltprospekte wie ein Kartenhaus aufzubauen.
    Sybil kaufte ein farbvariables Röhrenkleid mit veränderlichem Oberteil. Der neueste Schrei. Sensoren maßen den Hautwiderstand der Trägerin und veränderten dementsprechend die Farbe. Es bedurfte keiner Worte mehr, keiner heimlichen Blicke oder Gesten. Wenn ein Mann ihr gefiel, würde der Glückliche das bereits an der Farbe ihrer Umhüllung erkennen können. Und Ted würde Spukken. Aber genau das lag in Sybils Absicht: Sie wollte ihn endlich aus dem Schneckenhaus seiner Zurückhaltung hervorlocken. Sie freute sich diebisch über ihren Kauf.
    Zwanzig Minuten später saßen die Frauen in einem Erlebniseck. Sybil hatte die kosmische Variante gewählt. Ausgeklügelte Projektionssysteme vermittelten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher