Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1827 - Das vergessene Grab

1827 - Das vergessene Grab

Titel: 1827 - Das vergessene Grab
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Tod bereits seinen Schatten wirft.«
    Darauf gab ich ihm keine Antwort.
    ***
    Bruce Burgess setzte langsam einen Fuß vor den anderen, und ich schaute zum Himmel und überlegte, wann die Dämmerung anbrechen würde. Dann wollte ich den Friedhof wieder verlassen haben. Aber erst mal musste ich ihn erreichen.
    Bruce Burgess hielt sich an meiner rechten Seite. Er sagte nichts, ich hörte ihn nur atmen. Ich wollte den Weg nicht schweigend zurücklegen, deshalb sprach ich mit ihm.
    »Der Name Burgess ist mir gar nicht mal so fremd«, sagte ich.
    »Wieso?«
    »Ich kenne zwei Menschen mit dem Namen Burgess. Henny und auch Gary Burgess.«
    »Ach? Die kennen Sie?«
    »Ja.«
    »Davon haben Sie nichts gesagt.«
    »Es ist mir eben erst wieder eingefallen.«
    Burgess nickte. »Nun ja, ich will offen zu Ihnen sein. Ich kenne die beiden.«
    »He! Und woher?«
    »Das sind meine Kinder.«
    Ich tat überrascht. »Ach, sagen Sie nur.«
    »So ist es.«
    »Da sehen Sie mal, wie klein die Welt ist.«
    Er sagte nichts mehr. Er lachte nur. Und dieses Lachen hörte sich an, als wüsste er mehr, aber das wollte ich erst mal abwarten. Ich war gespannt darauf, ob er den Weg zu diesem vergessenen Grab wirklich fand.
    Gegen die Kühle des Abends hatte sich Bruce Burgess eine Strickjacke umgehängt. Er schob zwar keinen Rollator vor sich her, wollte aber auch nicht allein gehen und hatte sich bei mir eingehakt.
    »Sie sagen ja, welchen Weg wir gehen müssen.«
    »Klar, Sinclair, klar.«
    Er war richtig aufgetaut. Vor ihm lag ein Job, der ihm Spaß machte. Zudem kam er mal wieder aus dem Heim und konnte frische Luft schnappen.
    »Es ist ein Fehler«, sagte er.
    »Was ist ein Fehler?«, fragte ich.
    »Dass man mir nicht geglaubt hat.«
    »Aha. Und was hat man nicht geglaubt?«
    »Dass es das vergessene Grab gibt.«
    »Ach so. Davon haben Sie den Leuten im Heim erzählt?«
    »Ja, das habe ich.«
    »Und weiter?«
    »Nichts. Man hat mir nicht geglaubt. Man wollte nicht wissen, dass es besondere Gräber gibt und auch besondere Tote. Dass nicht alles tot ist, was man so als tot ansieht. Ich habe es immer gesagt, aber man hat mich ausgelacht, man hielt mich für irre, aber das ist eben so. Der Name Burgess ist Programm.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Ach, fragen Sie nicht, Sie werden es selbst sehen.«
    »Kann sein.« Ich bog mit ihm nach links ab, um den Friedhof zu erreichen. »Richtig so?«
    »Ja.«
    Zu beiden Seiten wurden wir von Büschen geschützt. Noch sahen wir keine Gräber oder Grabsteine.
    »Hast du keine Angst vor dem Tod?«, fragte er mich.
    »Jeder hat wohl Angst davor. Es kommt nur darauf an, wie man damit umgeht.« Ich ging auch über in den vertrauten Tonfall. »Wenn du vom Tod sprichst, ist das etwas anderes, als würde ich davon reden.«
    »Warum?«
    »Es gibt mehrere Varianten, denke ich. Zum einen ist es der endgültige Augenblick. Das ist dann der echte Tod. Der hat auch keine Gestalt, den kann niemand sehen. Aber es gibt noch einen anderen, den du meinst. Verstehst du das?«
    Er kicherte. »Die Gestalt des Tods.«
    »Ja. Ich denke da an den Sensenmann, den sich die Menschen erschaffen haben. Oder auch andere Gestalten, die mit dem Tod in Zusammenhang stehen.«
    »Jaaa – das ist es doch.«
    »Wieso?«
    »Du bist auf dem richtigen Weg.« Bruce fing an zu lachen. »Ja, das bist du.«
    »Ich verstehe trotzdem nicht, was du genau meinst.«
    »Du wirst es sehen, wenn wir das vergessene Grab erreicht haben, denn das ist auch der Tod.«
    »Das Grab?«
    »Ja, das Grab.«
    »Wieso das Grab?«
    »Es gibt nicht nur leere Gräber«, sagte er, »die meisten haben einen Inhalt.«
    Allmählich wurde mir klar, worauf er hinaus wollte. Dieses vergessene Grab war nicht irgendein Grab. Es war belegt, aber nicht mit einem Toten, wie es normal gewesen wäre, nein, das Grab musste noch einen anderen Hintergrund haben.
    »Es ist also nicht besetzt?«, fragte ich.
    »Doch, das ist es.«
    »Aber …«
    »Genau das wirst du als Überraschung erleben. Warte es ab.«
    »Okay.«
    Es war ja nicht weit vom Heim bis zum Friedhof. Auf der kurzen Strecke war dieser alte Mann regelrecht aufgeblüht. Sein Wissen hatte er bisher für sich behalten, das war jetzt vorbei. Er konnte reden. Er konnte auch einem anderen Menschen etwas zeigen, aber es war nicht klar, ob er über den Tod seine Kinder Bescheid wusste.
    Ich dachte darüber nach, es ihm zu sagen, aber ich wollte erst das vergessene Grab finden und mit eigenen Augen sehen, wer dort begraben war, und das vor
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher