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182 - Im Dorf der Telepathen

182 - Im Dorf der Telepathen

Titel: 182 - Im Dorf der Telepathen
Autoren: Ronald M. Hahn
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ein, was passiert war. Und ihm wurde klar, dass er nicht mehr im Wasser lag. Man hatte ihn also gerettet. Irgendwer hatte ihn bemerkt und an Land gezogen.
    Matts Sinne registrierten leichte Bodenvibrationen. Die Stimmen entfernten sich ein wenig. Das Pochen und Stechen in seinem Schädel ebbte ab. Das durch seine Lider dringende Licht war nun weniger grell. Er öffnete vorsichtig die Augen. Nur einen kleinen Spalt.
    Da waren zwei Gestalten, kaum zu erkennen im Gegenlicht. Die eine entfernte sich gerade aus seinem Blickfeld. Die andere drehte sich zu ihm um.
    Matt wollte sich aufrichten, doch ein Pfeil schien sein Hirn zu durchbohren und er sank hustend auf den Lehmboden zurück. Schlagartig funktionierten seine Sinne wieder: Er hörte das Zirpen von Grillen, das Krähen von Vögeln – und hinter sich das Rauschen des Flusses, der ihn offenbar hier, an einer Biegung, an Land gespült hatte. Sein Rucksack lag neben ihm.
    Die Frau kniete sich an seine Seite. Sie war vielleicht Mitte bis Ende vierzig. Ihr Haar war leicht gekräuselt, aber sie hatte blaue Augen. Ihre Hautfarbe war ein helles Braun. Sie war nicht unbedingt schwarz, aber auch keine Weiße.
    Einige hundert Meter hinter ihr ragten Bäume und Steingebäude auf. Die Architektur ließ darauf schließen, dass diese Bauten schon vor Jahrhunderten existiert hatten. Sie bildeten anscheinend eine Ortschaft. Hier musste es also noch mehr Menschen geben.
    »Wo bin ich?« Matt schaute die Frau an.
    »Dymonton.« An ihrer Stimme erkannte er, dass es Lylah war. »Die Leute hier graben seit undenklichen Zeiten nach Diamanten. Ich heiße Lylah. Wer bist du?«
    »Matthew Drax… einfach Matt. Ich war auf der Durchreise, bevor ich in den Fluss gestürzt bin«, gab er Auskunft – und fügte, bevor sie nachhaken konnte, hinzu: »Wer hat denn in diesen Zeiten Verwendung für Diamanten?«
    »Sie geben wunderbare Pfeilspitzen ab«, sagte Lylah.
    »Manche reichen Frauen schmücken sich mit ihnen, weil sie so schön glitzern.« Sie schaute sich um. »Aber die meisten Menschen hier interessieren sich für andere Dinge.«
    Matt richtete sich langsam auf, damit es nicht allzu wehtat. »Zum Beispiel?«
    »Dafür, wie man am besten über die Runden kommt. Das Leben ist hier kein Zuckerschlecken.«
    »Anderswo auch nicht.« Matt machte einen erneuten Versuch, sich zu erheben. Erst jetzt bemerkte er, wie nass seine Füße waren. Er zog Stiefel und Socken aus. Seine restlichen Kleider hatte die heiße Sonne schon fast getrocknet.
    Er startete einen neuen Versuch. Diesmal klappte es.
    Matt stand schwankend da und schaute sich um.
    Er hatte sich nicht getäuscht: Der Fluss verlief tatsächlich gleich hinter ihnen, und er machte an dieser Stelle einen Knick. Die Ortschaft war von bewaldeten Hügeln umgeben und vom Fluss aus bequem erreichbar.
    Ein Stück flussabwärts saßen drei oder vier Gestalten unter den Bäumen und angelten. Ihre Hautfarbe glich der Lylahs.
    Die Blicke, die Matt trafen, waren nicht unbedingt freundlich. Vielleicht sollte er dieser Frau erklären, dass er nicht hier war, um jemandem ein Leid anzutun.
    Xenophobie war auf der Erde weit verbreitet, und das nicht erst, seit die Welt 2012 in die Barbarei zurückgesunken war.
    »Ihr müsst euch meinetwegen nicht sorgen. Wie gesagt bin ich ein Reisender. Flussaufwärts wurde ich von Krokodilen angegriffen –«
    »Krokodile?«, echote sie, dann erhellte sich ihre Miene.
    »Ach, du meinst Croocs!«
    »Genau. Sie haben mein Malala gefressen. Ich brauche also ein neues Reittier. Kannst du mir eins beschaffen? Ich bin gern bereit, dafür zu arbeiten.«
    »Hm.« Lylah musterte ihn von oben bis unten. »Mal sehen.«
    Matt hatte den Eindruck, dass er ihr nicht unsympathisch war. Hatte sie nicht außerdem gesagt, er sei stattlich?
    Lylah drehte sich um, deutete auf den Ort und sagte:
    »Komm erst mal mit, mein Sohn. « Und sie grinste dabei übers ganze Gesicht.
    Mit dem Rucksack in der einen und den nassen Stiefeln in der anderen Hand trabte Matt über die staubige Straße hinter Lylah her.
    Dymonton erinnerte an die Minenstädtchen, die es im 19. Jahrhundert auch in den USA gegeben hatte. Die Gehsteige bestanden aus Dielenbrettern. Vordächer schützten die Menschen vor der heißen Sonne. Die Fenster – ob zu Wohnräumen oder Geschäften gehörig – waren nicht verglast, sondern vergittert und mit Moskitonetzen verhängt. Nicht alle Grundstücke waren bebaut: Etwa jedes zweite wurde von Gehegen, Stallüberdachungen und hölzerne
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