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1816 - Der sanfte Henker

1816 - Der sanfte Henker

Titel: 1816 - Der sanfte Henker
Autoren: Jason Dark
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sie ist ihm hörig.«
    »Okay. Haben Sie die Person schon mal gesehen?«
    »Ja.«
    »Wie sieht sie aus?«
    »Ahhh – sie ist eine wunderschöne Frau. Sie ist einmalig. Niemand würde sie aus dem Bett werfen. Sie ist einfach perfekt.«
    »Aber auch im Töten – oder?«
    »Da erst recht.«
    »Und weiter?«
    Er lachte auf. »Reicht das nicht? Reicht es nicht, dass ich Ihnen das erzählt habe?«
    »Warum haben Sie das getan?«
    Er fing an zu kichern. »Das kann ich Ihnen sagen. Sehr gern, sogar. Sie haben mich aus dem Verkehr gezogen. Jetzt will ich, dass auch sie nicht mehr mitmischt.«
    »Guter Vorsatz.«
    »Meine ich auch.«
    »Aber wo finde ich sie? Das ist doch das Problem, denke ich. Wo kann ich sie finden?«
    »Keine Ahnung. Sie müssen sie suchen.«
    »Wo?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Kann ich sie dort finden, wo sich auch Matthias aufhält?«
    »Nein, nicht unbedingt. Sie gehört zwar zu ihm, aber er und sie müssen nicht immer unbedingt zusammenarbeiten. Verstehen Sie?«
    »Ja, schon. Er kann sie oder sie ihn also wegschicken.«
    »Genau.«
    Ich nickte ihm zu. Auf seinem Bettrand saß er wie ein Sünder, der auf die Absolution wartete. Ich sah auch einen Tisch in der Nähe. Dort stand noch das Essen vom Frühstück. Es war so gut wie nichts gegessen worden.
    Er hatte meinen Blick bemerkt und sagte: »Es hat mir nicht richtig geschmeckt.«
    »Kann ich verstehen.«
    »Danke.«
    Ich kam wieder auf den sanften Henker zu sprechen.
    »Hat diese Killerin auch einen Namen?«
    »Ja, den hat sie.«
    Das überraschte mich. »Und welchen? Wie heißt sie?« Wenn ich den Namen wusste, war ich schon einen großen Schritt weiter.
    »Sie heißt Jamila Londry.«
    Aha. Ich wiederholte den Namen mit leiser Stimme. »Jetzt wäre es natürlich gut, wenn Sie mir sagen könnten, wo ich diese Jamila Londry finden kann. Das wäre perfekt.«
    »Ja, kann ich mir denken. Aber genau das kann ich Ihnen nicht sagen. Sie ist mal hier, mal dort. Sie sollten sich nur ihren Namen merken, das ist wichtig.«
    »Warum ist es das?«
    Er lachte. Erst leise, dann immer lauter. Schließlich schüttelte er den Kopf. »So eine dumme Frage hätte ich von Ihnen nicht erwartet. Bedenken Sie, wer hinter dem Henker steht. Und er wird wissen, was Sie mir angetan haben. Ich weiß, dass ich versagt habe. Sie werden mich vor Gericht stellen, das ist die logische Folge von allem. Aber ich weiß auch, dass ich damit schlecht leben kann. Ich würde niemals in den Knast gehen. Das hier ist etwas anderes. Matthias würde das nicht zulassen wollen. Es wundert mich, dass er mich noch nicht selbst getötet hat. Ja, das ist ein kleines Wunder. Da muss ich dann wohl die Konsequenzen tragen. Aber ich wollte meine Rache, und die habe ich gehabt.«
    »Ach? Inwiefern?«
    »Indem ich Ihnen Material geliefert haben. Oder haben Sie schon mal etwas von der sanften Henkerin gehört, die man auch den sanften Henker nennt, um die Leute zu verwirren?«
    »Bestimmt nicht.«
    »Jetzt wissen Sie Bescheid. Jetzt ist Ihr Jagdfieber erwacht. Das habe ich so gewollt.«
    »Soll ich mich bedanken?«
    Er lachte. »Nein, das müssen Sie nicht. Das müssen Sie ganz und gar nicht. Aber Sie werden sich beeilen müssen, um ihn zu vernichten. Den sanften Henker …«
    Er klappte hörbar seinen Mund zu.
    Hörbar?
    Zudem knirschte es noch.
    Ich schaute ihn an.
    Er starrte zurück.
    Und da sah ich ein fast überirdisches Lächeln auf seinen Lippen. Auch die Augen hatten einen anderen Glanz bekommen, und als ich auf seinen Mund schaute, da sah ich den Schaum vor den Lippen, nahm den Geruch nach bitteren Mandeln wahr und wusste zugleich, dass ich den Mann nicht mehr retten konnte.
    Er hatte die Giftkapsel im Mund versteckt gehabt und sie jetzt zerbissen.
    Es gab nichts mehr zu sagen. Er konnte es auch nicht und kippte langsam nach hinten.
    Ich war hilflos. Es gab nichts mehr zu retten. Das Zyankali war einfach zu stark.
    Ich klopfte gegen die Tür. Der junge Kollege öffnete. Er betrat die Zelle und wollte etwas sagen, als er die bewegungslose Gestalt auf dem Bett liegen sah.
    »Mein Gott, ist er …«
    »Ja, er ist tot.«
    Der Kollege schaute mich an und schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht glauben …«
    »Was können Sie nicht glauben?«
    »Dass Sie – dass Sie – oder …?«
    »Nein, ich habe mit dem Tod des Gefangenen nichts zu tun. Er hat es geschafft, sich selbst umzubringen. Es gibt ein Gift, das Zyankali heißt. Es riecht wie Bittermandel, das werden Sie merken, wenn Sie an seinem
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