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18 Gänsehaut Stories

18 Gänsehaut Stories

Titel: 18 Gänsehaut Stories
Autoren: Manfred Kluge
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ge­hört ha­ben, daß er der Lieb­lings­auf­ent­halt des fröh­li­chen Charles’ ist.«
    »Aber wir sind in Angst«, sag­te die La­dy, »un­ser On­kel könn­te nach Hau­se kom­men. Es ist wirk­lich sehr un­schick­lich, sehr in­dis­kret, und wir soll­ten ei­ne sol­che Sa­che ei­gent­lich über­haupt nicht in Be­tracht zie­hen. In der Tat, Gent­le­men, sie wä­re re­gel­recht skan­da­lös – aber wie sol­len wir jetzt über die Mau­er kom­men?«
    Al­le zu­sam­men lach­ten sie ki­chernd auf.
    Es war ge­wiß­lich ei­ne höchst raf­fi­nier­te klei­ne Re­de, wel­che die La­dy auf der Mau­er ge­hal­ten hat­te; sie ließ ganz treff­lich er­ken­nen, wie hier Nei­gung und Klug­heit mit­ein­an­der ran­gen. Und es war auch ge­nau die Art von Re­de, wel­che je­ne an­sprach, an die sie ge­rich­tet war.
    Nach­dem das Ge­läch­ter ein we­nig ab­ge­ebbt war, sag­te Charles:
    »Aber mit Hil­fe der Lei­ter kön­nen Sie doch, wenn Sie mit ihr auf der an­de­ren Sei­te her­auf­ge­kom­men sind, auf die­ser eben­so leicht wie­der hin­ab. Ich ver­mu­te, Ih­nen feh­len wohl nur die Kräf­te, sie her­über­zu­he­ben.«
    »Ge­nau­so ist es«, sag­te die La­dy.
    »Nun, ich glau­be, mit Un­ter­stüt­zung mei­nes Freun­des Smith hier wür­de ich es schaf­fen; auf die Mau­er her­auf­zu­kom­men, und ich wer­de Ih­nen dann hel­fen.«
    Mit Hil­fe von Ro­che­s­ter schaff­te Charles es auch tat­säch­lich, die Mau­er­kro­ne zu er­klim­men, um den Schö­nen hin­über­zu­hel­fen, die so ängst­lich, aber doch auch so wil­lens wa­ren, ein we­nig Ge­fahr für ih­ren Ruf zu ris­kie­ren, um im Kö­nigs­gar­ten von St. Ja­mes lust­wan­deln zu kön­nen.
    Mir kam jetzt der Ge­dan­ke, einen Zwi­schen­fall zu in­sze­nie­ren, aber an­de­rer­seits woll­te ich lie­ber nicht stö­ren, son­dern viel­mehr be­ob­ach­ten, wie sich die Sa­che wei­ter­ent­wi­ckeln wür­de.
    Nach­dem die bei­den La­dys oben auf der Mau­er wa­ren, zog der Mon­arch die Lei­ter nach, und wäh­rend Ro­che­s­ter die­se, an der an­de­ren Sei­te der Mau­er an­ge­lehnt, hielt, stie­gen die bei­den Schö­nen ganz be­quem und si­cher auf ihr her­ab. Ei­lig ent­fern­te sich dann die Ge­sell­schaft in Rich­tung St. Ja­mes.
    Ich folg­te ihr mit großer Vor­sicht, nach­dem ich die Lei­ter ge­nom­men und rasch ein paar Grund­stücke wei­ter­ge­tra­gen hat­te. Die vier re­de­ten und lach­ten in der denk­bar fröh­lichs­ten Art, bis sie zum Buck­ing­ham-Pa­last ka­men, wo sie einen ver­schwie­ge­nen Pfad ein­schlu­gen, der sie in den Gar­ten von St. Ja­mes brin­gen wür­de.
    Über­hän­gen­de Bäu­me war­fen hier solch un­durch­dring­li­che Schat­ten, daß ich mich der Grup­pe ge­fahr­los auf Hör­wei­te nä­hern konn­te. So be­kam ich mit, daß die La­dys in­zwi­schen leicht alar­miert wa­ren über so­viel Ge­heim­nis­tue­rei und Ver­stoh­len­heit, in den kö­nig­li­chen Gar­ten zu ge­lan­gen.
    »Gent­le­men«, sag­te die ei­ne, »wir kom­men nicht in den Gar­ten mit, wenn Sie da­zu nicht ei­ne ord­nungs­ge­mä­ße Er­laub­nis ha­ben.«
    »Aber die ha­ben wir«, sag­te der Kö­nig. »Nach­dem mir die­se Er­laub­nis für ei­ni­ge Zeit ge­nom­men war, ha­be ich sie kürz­lich wie­der­er­hal­ten und noch ein paar an­de­re Pri­vi­le­gi­en da­zu, nach de­nen es mich schon sehn­lichst ver­langt hat­te.«
    »Sie brau­chen nicht das min­des­te zu fürch­ten«, füg­te Ro­che­s­ter, zu den La­dys ge­wandt, hin­zu.
    Zu viert stan­den sie al­le vor ei­ner klei­nen Tür, wäh­rend der Kö­nig ein paar Mi­nu­ten lang mit ei­nem Schlüs­sel fum­meln muß­te, be­vor er das Schloß auf­be­kam. End­lich hat­te er es ge­schafft, die Tür schwang auf. Der Kö­nig ließ dann ver­se­hent­lich den Schlüs­sel fal­len, konn­te ihn nicht wie­der fin­den und muß­te die Tür des­halb an­ge­lehnt las­sen. So war es mir oh­ne wei­te­res mög­lich, der Grup­pe zu fol­gen, als sie durch die Tür ge­gan­gen war.
    Die Ört­lich­keit lag in tiefs­tem Dun­kel.
    Un­ter mei­nen Schu­hen konn­te ich den fei­nen, wei­chen Kies knir­schen hö­ren; aus Angst, das könn­te mei­ne An­we­sen­heit ver­ra­ten, ging ich zur Sei­te, bis ich auf einen wei­chen Rand
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