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18 Gänsehaut Stories

18 Gänsehaut Stories

Titel: 18 Gänsehaut Stories
Autoren: Manfred Kluge
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den­noch, als preß­te der Wind sich durch ein viel zu en­ges Rohr.
    Mein ge­spann­tes War­ten auf den nächs­ten Schritt der bei­den ward als­bald be­en­det – doch ein­zig, um ei­ner neu­en, noch är­ge­ren Be­un­ru­hi­gung Platz zu ma­chen: Sie hat­ten sich ja bis­lang we­der durch Wor­te noch durch Zei­chen un­ter­ein­an­der ver­stän­digt, doch schie­nen sie jetzt al­lem An­schein nach den Raum durch­que­ren zu wol­len, und das be­deu­te­te, daß sie in je­dem Fall den Tisch um­ge­hen muß­ten. Wähl­ten sie da­zu den Gang auf mei­ner Sei­te, so wür­den sie nur um Span­nen­län­ge an mir vor­über­kom­men! – Wäh­rend ich aber die­se un­be­hag­li­che Mög­lich­keit noch er­wog, be­merk­te ich, daß der (ver­gleichs­wei­se) klei­ne­re In­dia­ner plötz­lich nach oben, ge­gen die Zim­mer­de­cke wies. Sein rie­sen­haf­ter Ge­fähr­te folg­te mit den Au­gen der Rich­tung des em­por­ge­streck­ten Ar­mes. Nun erst ver­stand ich! Die bei­den wa­ren im Be­griff, nach oben zu ge­hen, und die Kam­mer ge­ra­de über uns, der je­ne Arm­be­we­gung ge­gol­ten – sie war noch ges­tern nacht mei­ne Schlaf­kam­mer ge­we­sen! Ebendort hat­te mich ja am dar­auf­fol­gen­den Mor­gen je­ne son­der­ba­re Platz­angst über­kom­men, oh­ne die ich jetzt ge­wiß­lich schla­fend in dem schma­len Bett ge­gen­über dem Fens­ter ge­le­gen hät­te!
    Die bei­den In­dia­ner mach­ten sich nun dar­an, in al­ler Laut­lo­sig­keit den Tisch zu um­ge­hen, um nach oben zu ge­lan­gen. Sie wähl­ten da­zu den Gang auf mei­ner Sei­te. Ih­re Be­we­gun­gen wa­ren so lei­se, daß ich, wä­ren mei­ne Ner­ven nicht bis zum Zer­rei­ßen an­ge­spannt ge­we­sen, kei­ner­lei Ge­räusch ver­nom­men hät­te. So aber konn­te ich ihr kat­zen­ge­wand­tes Schlei­chen deut­lich un­ter­schei­den. Wie zwei rie­si­ge, nacht­schwar­ze Raub­tie­re ka­men sie um den Tisch her­um auf mich zu, und jetzt erst ge­wahr­te ich, daß der klei­ne­re von ih­nen et­was hin­ter sich nach­zog. In An­hö­rung so sach­te schlei­fen­den, an einen Kehr­be­sen ge­mah­nen­den Lau­tes ge­wann ich ir­gend­wie den Ein­druck, es han­de­le sich um et­was Großes, To­tes, mit aus­ge­streck­ten Schwin­gen, oder um den lan­gen, sper­ri­gen Ast ei­ner Ze­der. Doch was es auch im­mer sein moch­te, ich konn­te nicht ein­mal sei­ne Um­ris­se er­ken­nen und stand viel zu sehr un­term Ein­druck mei­ner Furcht, als daß ich ge­wagt hät­te – und wär’ ich auch Herr mei­ner Mus­keln ge­we­sen –, den Kopf vor­zu­beu­gen, um mich der Na­tur je­nes Ge­gen­stan­des zu ver­ge­wis­sern.
    Nä­her und nä­her ka­men die bei­den her­an, und der An­füh­rer leg­te sei­ne rie­si­ge Hand auf die Tisch­plat­te. Die Lip­pen kleb­ten mir auf­ein­an­der – mein Atem schi­en mich ver­bren­nen zu wol­len. Es dräng­te mich, die Au­gen zu schlie­ßen, auf daß ich nicht sä­he, wie die bei­den nun an mir vor­über­stri­chen, al­lein, mei­ne Li­der blie­ben starr ge­öff­net und ver­sag­ten mir den Dienst. Wür­de dies denn nim­mer an mir vor­über­ge­hen? Nun schi­en auch aus mei­nen Bei­nen al­le Emp­fin­dung ge­wi­chen, und mir war’s, als stün­de ich auf zwei Stüt­zen von Holz oder gar von Stein! Ja schlim­mer noch: Mein Gleich­ge­wichts­sinn droh­te aus­zu­set­zen, die Kraft, wel­che mich bis­lang auf­recht ge­hal­ten, woll­te mich ver­las­sen – kaum, daß ich noch ver­moch­te, mich rück­lings ge­gen die Wand zu leh­nen. Et­was in mir zwang mich un­wi­der­steh­lich nach vorn, und die Angst, das Gleich­ge­wicht vollends zu ver­lie­ren und den In­dia­nern ge­ra­de­wegs in die Ar­me zu tau­meln, ver­ur­sach­te mir ein an Übel­keit gren­zen­des Schwin­del­ge­fühl.
    In­des, auch Mo­men­te, die sich zu Stun­den zer­deh­nen, ha­ben ein­mal ihr En­de, und so wa­ren auch die­se bei­den Ge­stal­ten, noch ehe ich es recht wahr­ge­nom­men, an mir vor­über­ge­glit­ten und hat­ten den Trep­pen­auf­gang zu den Schlaf­kam­mern im Ober­stock er­reicht. Nicht ein­mal ei­ne Fin­ger­span­ne konn­te uns von­ein­an­der ge­trennt ha­ben, und doch hat­te ich nichts ge­spürt als den hin­ter­her­we­hen­den Hauch ei­ner zie­hen­den
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