Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1704 - Teuflische Abrechnung

1704 - Teuflische Abrechnung

Titel: 1704 - Teuflische Abrechnung
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
neben Tanner, schaute ihn jetzt an und fragte ihn: »Was haben Sie gesagt?«
    »Nichts.«
    »Doch. Sie haben gesprochen. Ich bin nicht taub, ich habe es genau gehört. Aber Sie haben nicht mit mir geredet. Mit wem dann? Oder haben Sie Selbstgespräche geführt?«
    »Habe ich nicht.«
    Warwick stöhnte auf. »Verdammt, ich habe Sie doch gehört! Mit wem haben Sie geredet? Mit den Gestalten da? Mit diesen – diesen – Gesichtern über uns?«
    »So ist es.«
    »Und wer sind sie?«
    »Die Geister der Toten …«
    Der Professor zuckte heftig zusammen. Er gab zudem einen Laut von sich, der kaum zu beschreiben war. Dann schlug er sich gegen die Stirn. »Sind Sie wahnsinnig? Das kann nicht sein.«
    »Eigentlich nicht«, flüsterte Tanner. »Aber in diesem Fall ist es eben anders.«
    Warwick sagte nichts. Er konnte nur starren, in seinem Kopf tobten die Gedanken, und er fühlte sich, als würde er auf einem schwankenden Boot stehen. Er sah diese Nebelbilder, sie waren so konkret, aber er wollte es nicht hinnehmen. Das durfte nicht sein! Das war auch nicht möglich, so etwas gab es einfach nicht. Das widersprach allen Regeln, auch wenn der Professor in seiner langen Berufspraxis schon Dinge erlebt hatte, die den Rahmen des Normalen sprengten. Doch was er hier erlebte, war unbegreiflich.
    »Verdammt, Tanner, was ist nur in Sie gefahren?«
    »Bitte, halten Sie sich da raus. Was hier passiert, ist eine Etage zu hoch für Sie.«
    Hätte man Warwick das in einer normalen Situation gesagt, er wäre der Person an die Gurgel gegangen. Hier aber lief alles anders. Hier erlebte er Dinge, über die er am besten gar nicht nachdachte, sonst erlitt er noch einen Kollaps.
    Tanner kümmerte sich nicht mehr um ihn. In den letzten Sekunden war er zu stark abgelenkt worden, erst jetzt war er bereit, sich wieder auf die vier Nebelbilder zu konzentrieren. Er wollte auch nicht darüber nachdenken, wie sie hatten entstehen können, er nahm es einfach hin, dass sie da waren.
    Ja, er hatte die vier toten Frauen dort gesehen, wo man sie umgebracht hatte. Ihre Gesichter würde er nie vergessen, und jetzt, wo er sie sah, musste er sich eingestehen, dass sie sich nicht verändert hatten, sie waren nur blasser geworden.
    In der Zwischenzeit hatten sie ihre Positionen verändert. Sie bildeten jetzt eine Reihe und schwebten über dem Kopf des Mörders, der weiterhin auf seiner Bettkante saß.
    Tanner hatte in seinem Leben schon einige Mörder zu Gesicht bekommen, aber nie einen, der sich so verhielt wie Lex Larkin. Er war zu einem Häufchen Elend zusammengesunken. Sein Gesicht hatte den überheblichen Ausdruck verloren. Er war nichts anderes als ein Bündel Elend, zitterte und bewegte dabei seinen Mund, ohne dass er etwas sagte.
    »Töte ihn endlich!«
    Die scharf geflüsterten Worte erwischten Tanner wie einen Windstoß. Es trieb ihn sogar einen Schritt zurück, und plötzlich löste sich aus seiner Kehle die Antwort, die in einen Schrei überging. »Ich werde ihn nicht töten! Ich kann ihn nicht töten, denn ich trage keine Waffe bei mir!«
    Jeder in der Nähe hörte die Antwort, und jeder war gespannt, was passieren würde …
    ***
    Zu den Hörenden zählten auch Suko und ich. Wir hatten uns bisher aus dem Geschehen herausgehalten, denn es gab keinen Grund für uns, einzugreifen. Tanner drohte keine unmittelbare Gefahr. Er war zwar verunsichert, aber er kommunizierte mit den Gesichtern.
    Wir wussten inzwischen, was die andere Seite von ihm verlangte, aber sie hatte ihm noch nichts getan, nur würde das nicht so bleiben. Der Druck würde sich verstärken.
    Und dann gab Tanner die richtige Antwort, eine andere hätten wir auch nicht von ihm erwartet.
    »Ich werde ihn nicht töten! Ich kann ihn nicht töten, denn ich trage keine Waffe bei mir …«
    Hatten wir unseren Freund Tanner schon mal so verzweifelt erlebt? Daran konnte ich mich nicht erinnern. Er war hier mit einem Vorgang konfrontiert worden, der nicht zu seinem Leben gehörte, und deshalb mussten wir ihm zur Seite stehen.
    Wir wussten ja nicht, wie die andere Seite reagieren würde, ob sie Geduld aufbrachte oder nicht. So lange wollten wir nicht warten. Ein Blick zwischen Suko und mir reichte für eine Verständigung. Einen Atemzug später waren wir unterwegs. Wir flogen fast in die Zelle hinein, und es war Suko, der Tanner packte, ihn herumwirbelte und in den Flur brachte.
    Ich blieb in der Zelle.
    Lex Larkin starrte mich an. Ich hatte für ihn keinen Blick. Das eigentliche Ziel lag über
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher