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1700 - Möbius

Titel: 1700 - Möbius
Autoren: Unbekannt
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die tiefen Gräben und versteinerten Baumstrukturen zu überwinden.
    In den letzten 100.000 Jahren hatte kein einziger Sonnenstrahl den Planetenboden erreicht. Es gab kein Pflanzengrün, alles Leben basierte auf Stoffen, die für humanoide Wesen tödlich waren.
    Das einzige, was die Wolken durchdrang, waren unglaublich intensive Strahlenschauer.
    Voltago richtete seinen Blick auf den nächstgelegenen Abhang.
    Der Kyberklon erkannte einige träge, mit quadratischen Buckelpanzern ausgestattete Kriechlebewesen, Noman-Draken. In einer schleichenden Prozession bewegten sie sich entlang der Abbruchkante abwärts. Oben auf dem Panzer saßen zwei biegsame Fühler, von denen der kürzere als eine Art organische Energiekanone diente. Der zweite, längere, war dazu gemacht, um von einem drachenartigen Symbionten über der Wolkendecke drahtlos Energie zu empfangen.
    Noman-Draken waren Philosophen. Ein Millionen Jahre altes Volk, das sich damit beschäftigte, über die Geheimnisse des Kosmos nachzudenken. Sie strebten ein perfektes Gleichgewicht der Kräfte an. Er hätte vorher nie gedacht, daß es so friedfertige Wesen geben konnte.
    Noman besaß eine atembare Sauerstoffatmosphäre. Nummer Zehn ließ ihren transparenten Helm im Nacken zusammenfalten.
    Sie verweigerte jede Kommunikation über die Augen. Statt dessen sprach sie wieder laut - so wie vorher, bevor sie ihren Rundgang über die Sampler-Planeten angetreten hatten.
    „Was für eine abstoßende, häßliche Welt, Kyberklon. Ich habe es schon auf Charon gefühlt.
    Meine Domäne ... Sie bereitet mir große Schwierigkeiten."
    Voltago hielt inne.
    „Was für Probleme hast du?"
    Zehn blieb plötzlich stehen. In ihrem derben Gesicht spiegelte sich eine solche Bandbreite an Gefühlen, wie er sie einem Spindelwesen niemals zugetraut hätte. Früher roboterhafte, emotionslose Wesen, künstlich produziert. Und heute: Euphorie, Unsicherheit, Trauer, unglaublicher Zorn. Voltago ahnte, daß er ihrem Geheimnis auf der Spur war, daß sie ihre Gedanken nicht mehr lange verbergen konnte.
    „Ich zweifle nicht daran", sagte sie, „daß du mich meiner Heimatwelt korrekt zugeordnet hast.
    Allerdings muß in meinem Herstellungsprozeß ein Fehler passiert sein. Ein konstruktionsbedingter Makel, der sich nun auswirkt... Ich weiß es nicht genau. Ich kann auf dieser Welt nicht bleiben. Sie ist zwar meine Heimat, aber sie stößt mich ab."
    Zehn betrachtete lange die Prozession der Noman-Draken, die nur unwesentlich in ihrem Weg vorangekommen war.
    „Was denkst du, Kyberklon, was geschehen wird? Sobald du die Monochrom-Welt erreicht hast?"
    „Moira wird die Zündung vornehmen", antwortete Voltago.
    „Und bedarf es dazu aller Spindelwesen und aller besetzten Sampler-Planeten?"
    Er wunderte sich sehr über diese Frage. „Natürlich", sagte er laut.
    „Wir sind nur 15 von 21.
    Viel zu wenige. Wart ihr es nicht selbst, die das immer gesagt haben?"
    „Ja. Hör zu, Kyberklon: Denkst du, daß auch vierzehn ausreichen würden?"
    „Ich weiß es nicht", antwortete Voltago wahrheitsgemäß. „Hast du Angst vor dem Tod?"
    Sie zog die Brauen hoch, wieder so eine typisch menschliche Geste, die er vorher niemals an einem Spindelwesen beobachtet hatte. Jetzt, da ihr nur wenige Tage bleiben, fängt sie zu leben an. Welch eine Vergeudung.
    „Nein, ich habe keine Angst. Aber ich verweigere den Gehorsam.
    Ich bin falsch gepolt, vielleicht mangelhaft vernetzt... Ich weiß es selbst nicht genau. Ich werde nicht auf Noman bleiben, weil ich hier nichts bewirke. In tausend Jahren nicht, und wenn du mir noch so sehr hilfst, Kyberklon."
    Nun war es heraus. Das, was Zehn schon seit Charon vor allen anderen verborgen hatte, konnte das Ende aller Pläne bedeuten, das Scheitern einer Anstrengung, die über eine Spanne von zwei Millionen Jahren reichte. Voltago erstarrte angesichts der Folgen.
    Seine Körpertemperatur, inzwischen bei mehr als 440 Grad gelegen, sank spontan um einige Prozent.
    „Noman ist deine Bestimmung, Zehn. Der einzige Grund, warum du existierst. Du kannst dich nicht entziehen."
    „Das kann ich sehr wohl. Ich habe keine andere Wahl."
    Die Frau drehte sich um. Sie ging denselben Weg in Richtung Gravo-Kubus zurück, den sie gekommen waren. Damit zeigte sie unmißverständlich an, daß ihre Entscheidung gefallen war.
    Voltago schloß zum letzten Spindelwesen auf. Verzweifelt suchte er nach einer Möglichkeit, sie umzustimmen, konnte aber keine finden.
    „Also gut", sagte er schließlich
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