Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1662 - Welt ohne Schatten

Titel: 1662 - Welt ohne Schatten
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
ohne besondere Vorkommnisse, und auch der Flug verlief weitgehend reibungslos.
    Die KAHALO-Mannschaft ging während dieser Zeit relativer Untätigkeit ihrer gewohnten Beschäftigung nach. Über das Netz wurde nur noch selten gesprochen, das Thema war ausdiskutiert.
    Im Januar war die KAHALO zu einer Expedition ins Lakoor-System aufgebrochen, in dem seit Jahrtausenden ein ungewöhnliches Spiel veranstaltet wurde. Aus vielen umliegenden Sternhaufen flogen Glücksspieler dorthin, um sich zu beweisen und als Auserwählte höchste Erfüllung im Quidor zu finden - was immer das im Detail bedeuten mochte.
    Auch die Mannschaft der KAHALO hatte daran teilgenommen und war mit dem gewaltigen Zentralsystem vernetzt worden - jeder hatte auf diese Weise die Gedanken und Gefühle der anderen Spieler geteilt und sich mental mit ihnen in Prüfungen auseinandergesetzt.
    Dabei mußten die jeweiligen Teams sehr eng zusammenarbeiten, um ihre geistige Reife unter Beweis zu stellen. Das KAHALO-Team war der Verlockung, geistige Vollkommenheit zu erlangen, ebenso erlegen wie all die anderen Spieler; und vermutlich wären die Terraner jetzt noch im Netz, wenn Reginald Bull den Spielleiter durch seinen vehementen Widerstand nicht dazu veranlaßt hätte, sie vom Netz zu trennen.
    Die Galaktiker waren seit der Rückkehr auf die KAHALO in ihren Gefühlen hin und her gerissen; einerseits froh, ihre Individualität bewahrt zu haben, andererseits war die Trennung vom Netz fast schmerzlich, der Verlust der Macht, sich jederzeit an jeden Ort im System mittels eines Gedankenimpulses versetzen zu können, die Gedanken und Gefühle der anderen zu teilen und sich geborgen zu fühlen - und es war auch nicht leicht, die Chance aufgeben zu müssen, möglicherweise eines Tages eine höhere geistige Reife erreichen zu können.
    Nach der Rückkehr von der Expedition hatten sie sich immer wieder zusammengesetzt, um die Erlebnisse des Quidor-Spiels zu verarbeiten. Da sie alle miteinander für eine kurze Zeit unglaublich eng verbunden gewesen waren und Gedanken und Gefühle geteilt hatten, hatten sie eine besondere Beziehung, ein besonderes Verständnis entwickelt.
    Sicherlich gab es auch unter ihnen persönliche Sympathien und Antipathien, dennoch konnten Außenstehende sehr deutlich das feste Band und die Zusammengehörigkeit fühlen. Erstaunlich dabei war, daß sich aus dieser Verbindung bis auf weiteres kaum Liebesbeziehungen entwickelt hatten. Jeder wußte, ob und inwieweit er dem anderen vertrauen konnte, kannte Stärken und Schwächen des anderen - aber er mußte lernen, dies zu akzeptieren, und das war nicht leicht.
    Die Menschen waren durch die Offenbarung ihrer geheimsten Gedanken nun im nachhinein, zurückgekehrt in den Alltag, verunsichert. Keiner hatte mehr einen persönlichen Schutzpanzer vor dem anderen, konnte mit kleinen Schwindeleien einen Streit verhindern oder sich mit harmlosen Komplimenten einschmeicheln, weil jeder nahezu alles über den anderen wußte; daraus resultierte auch die Angst, daß der andere dies womöglich einmal in einer persönlichen Krise gegen ihn benutzen könnte. Sie alle mußten erst in vorsichtigen Schritten aufeinander zugehen und die Hemmungen abbauen, bevor sich daraus feste Beziehungen ergeben konnten.
    Nach einer turnusmäßigen allgemeinen Besprechung, als der Termin der nächsten Expedition feststand, war selbst an die Kommandantin die Frage gestellt worden, ob sie den Wunsch hege, ins Netz zurückzukehren - gerade weil sie diejenige gewesen war, die am leidenschaftlichsten gespielt hatte. „Es ist noch zuwenig Zeit vergangen, um objektiv antworten zu können", hatte sie erwidert. „Ihr dürft nicht vergessen, daß wir ziemlich schnell und heil aus der Sache herausgekommen sind, ohne irgendwelche Gefahren oder Nachteile kennengelernt zu haben. Wir sind der Versuchung erlegen, über eine große Macht zu verfügen und sie über alle anderen herauszustellen. Ich gebe zu, daß mich diese ganze Geschichte noch sehr beschäftigt, aber wir haben jetzt eine neue Aufgabe vor uns, der wir uns ganz zuwenden sollten. Wir dürfen uns nicht in Illusionen verrennen, bedenkt das bitte. Es ist vorbei. Es können noch ganz andere Dinge auf uns zukommen, und wir sollten entsprechend vorbereitet sein."
     
    *
     
    Den ersten Orientierungs-Zwischenstopp legten sie etwa 15 Millionen Lichtjahre vor dem Ziel ein; es gab nichts Besonderes zu vermerken, und die Fahrt konnte fortgesetzt werden. „Ach, ist das öd, öd, öd", klagte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher