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1622 - Sie kamen aus der Totenwelt

1622 - Sie kamen aus der Totenwelt

Titel: 1622 - Sie kamen aus der Totenwelt
Autoren: Jason Dark
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den Luftzug an ihrem Gesicht.
    Eigentlich hatte sie damit gerechnet, dass der Rabe ihr Zimmer wieder verlassen würde, nachdem er seinen Rundflug vollendet hatte. Doch er flog mehrmals durch die Küche, und wenig später hatte er einen Landeplatz gefunden.
    Das war die Mitte des Küchentisches, wo er stehen blieb und zunächst abwartete.
    Schon seit einigen Sekunden hatte sich der Herzschlag der Frau beschleunigt. Sie dachte an den Film »Die Vögel« den sie mal gesehen hatte. Da waren die Tiere sehr aggressiv gewesen und hatten die Menschen angegriffen, und damit rechnete Paula jetzt auch und schalt sich eine Närrin, dass sie den Raben überhaupt in ihre Wohnung gelassen hatte.
    Doch das Tier griff sie nicht an. Es saß nach wie vor auf dem Tisch, nickte ihr sogar zu, und jetzt fiel ihr erneut auf, dass etwas zwischen seinen Schnabelhälften klemmte.
    Da er sich nicht mehr bewegte, sah sie es deutlicher. Es war hell und sah aus wie ein zusammengefalteter Zettel.
    Eine Botschaft?
    Als ihr dieser Gedanke kam, wurde ihre Nervosität noch größer. Dieser Vogel war keine Brieftaube, die Botschaften von einem Ort zum anderen trug. Sie konnte sich sein Verhalten nicht erklären und ballte die Hände zu Fäusten.
    Der Vogel nickte. Ja, er nickte tatsächlich. Als wollte er ihr eine Mitteilung machen und ihr erklären, dass er aus einem bestimmten Grund zu ihr gekommen war.
    Dann öffnete er den Schnabel, sodass der Zettel herausrutschte. Er fiel auf den Tisch und blieb dort liegen, wie eine Aufforderung, endlich gelesen zu werden.
    Paula Norton merkte, dass sie sich allmählich beruhigte. Sie spürte ihren Herzschlag nicht mehr so stark. Und auch der Schweiß trocknete auf ihrer Stirn.
    Nein, es gab keine Angst mehr, die sie vor dem Vogel gehabt hätte. Sie war plötzlich neugierig auf ihn geworden und natürlich auf das, was er mitgebracht hatte.
    Der helle Zettel lag auf dem Tisch und war noch zusammengefaltet. Und der Vogel drehte den Kopf so, dass er ihn anschauen konnte. Dann nickte er wieder und deutete dabei mit dem Schnabel auf den Zettel. Das sah die Frau sofort. Sie musste schlucken, und ihr wurde immer mehr bewusst, dass sich der Rabe dieses Ziel nicht ohne Grund ausgesucht hatte.
    Er hatte eine Botschaft für sie. Und die lag auf dem Tisch.
    Aber wer war in der Lage, ihr eine Botschaft durch einen nicht gezähmten Vogel zu schicken?
    Niemand. Sie kannte keinen, der sich auf solche Weise mit ihr in Verbindung gesetzt hätte.
    Und doch kam ihr keine andere Erklärung in den Sinn. Die Botschaft war einzig und allein für sie bestimmt.
    Noch traute sie sich nicht, an den Tisch zu treten und den Zettel zu entfalten, um die Botschaft zu lesen. Sie wusste auch nicht, ob der Vogel sie angreifen würde, wenn sie nach dem Papier griff.
    Und doch musste sie etwas tun.
    Es war nur eine kurze Entfernung, die sie zurücklegen musste. Sie schlich trotzdem hin, als hätte sie Angst davor, den Raben aufzuschrecken.
    Er tat ihr nichts. Er nickte ihr sogar einige Male zu, um sie aufzufordern, das Papier endlich an sich zu nehmen.
    Mit zitternden Fingern griff sie zu, und das Papier wäre ihr beinahe aus der Hand gerutscht. Im letzten Augenblick schaffte sie es, die Botschaft festzuhalten.
    Ihr Herz schlug wieder viel zu schnell. Sie spürte sogar leichte Schmerzen in der Brust.
    Ihre Finger zitterten, als sie das Papier auseinanderfaltete. Es war leicht feucht geworden, und sie musste achtgeben, dass sie es nicht zerriss.
    Zweimal musste sie es auffalten. Danach glättete sie das Papier und sah schon jetzt, dass es auf der ihr zugewandten Seite tatsächlich beschrieben war.
    In Schreibschrift und nicht in Druckbuchstaben. Sie las und sprach dabei jedes Wort flüsternd aus.
    »Liebe Mutter! Du musst dir keine Sorgen machen, denn dort, wo ich jetzt bin, geht es mir gut. Dein Michael…«
    Sie holte tief Atem. Sie schaute noch mal hin, obwohl Tränen ihre Augen verschleierten.
    Es gab keinen Zweifel. Den Text hatte ihr toter Sohn geschrieben.
    Es war Michaels Handschrift…
    ***
    Das war der Augenblick, in dem Paula Norton nicht mehr konnte. Selbst die Tischkante gab ihr nicht den nötigen Halt. Ihre Knie wollten nachgeben, und nur unter großen Mühen schleppte sie sich zu einem Stuhl, auf den sie sich niederließ.
    Innerhalb weniger Sekunden war sie zu einem zitternden Bündel geworden. Sie schwitzte und fror zugleich. Ihre Zähne schlugen aufeinander, in ihrem Kopf dröhnte es, und sie glaubte, dass sich das Zimmer im Kreis
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