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16 Uhr 50 ab Paddington

16 Uhr 50 ab Paddington

Titel: 16 Uhr 50 ab Paddington
Autoren: Agatha Christie
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Mann. «Was will der denn mit einem Geburtstag? Geburtstage sind was für Kinder. Ich zähle meine Geburtstage nicht, und ich sehe nicht ein, warum die anderer gefeiert werden sollten.»
    «Ist ja auch billiger.» Cedric war ganz seiner Meinung. «Da spart man sich die teuren Kerzen auf dem Kuchen.»
    «Du hältst gefälligst den Mund, Bürschchen», sagte Mr. Crackenthorpe.
    Miss Marple schüttelte Bryan Eastley die Hand. «Lucy hat mir schon so viel von Ihnen erzählt», sagte sie. «Meine Güte, Sie erinnern mich an einen Mann in St. Mary Mead. So heißt das Dorf, in dem ich seit vielen Jahren wohne, wissen Sie. Ronnie Wells, der Sohn des Anwalts. Konnte sich nie an die Arbeit in der Kanzlei seines Vaters gewöhnen. Er ist dann nach Ostafrika gegangen und hat auf dem See da unten eine Frachtschifffirma aufgemacht. Auf dem Victoriasee. Oder ist das der Albertsee? Egal. Leider hatte er keinen Erfolg und hat sein ganzes Kapital verloren. Äußerst bedauerlich! Nicht mit Ihnen verwandt, nehme ich an? Die Ähnlichkeit ist verblüffend.»
    «Nein», sagte Bryan, «meines Wissens habe ich keine Verwandten namens Wells.»
    «Seine Verlobte war ein sehr nettes Mädchen», sagte Miss Marple. «Sehr vernünftig. Sie hat versucht, ihn davon abzubringen, aber er wollte einfach nicht hören. Das war ein großer Fehler. Wissen Sie, Frauen verstehen sehr viel von Geldangelegenheiten. Natürlich nicht von der Hochfinanz. Das wird keine Frau je verstehen, hat mein lieber Vater immer gesagt. Aber so die täglichen Kleckerbeträge – damit kennen sie sich aus. Sie haben ja eine zauberhafte Aussicht aus diesem Fenster», sagte sie dann, ging durchs Zimmer und sah hinaus.
    Emma trat zu ihr.
    «Diese Weite der Parklandschaft! Und wie pittoresk sich die Rinder vor den Bäumen machen. Man käme nicht im Traum auf die Idee, dass man hier mitten in der Stadt ist.»
    «Wir sind tatsächlich ein ziemlicher Anachronismus», sagte Emma. «Mit offenen Fenstern würden Sie jetzt in weiter Ferne den Verkehrslärm hören.»
    «Ach ja», sagte Miss Marple, «diesem Lärm entgeht man wirklich nirgends, nicht wahr? Nicht einmal in St. Mary Mead. Ganz in unserer Nähe ist jetzt ein Flugplatz gebaut worden, wissen Sie, und es ist ja wirklich ganz unglaublich, wie diese Düsenflugzeuge über uns wegfliegen! Geradezu beängstigend. In meinem kleinen Gewächshaus sind mir davon neulich zwei Glasscheiben zerbrochen. Sie durchbrechen die Schallmauer, habe ich mir sagen lassen, aber ich kann mir darunter nichts vorstellen.»
    «Das ist eigentlich ganz einfach», sagte Bryan entgegenkommend. «Schauen Sie, das ist folgendermaßen.»
    Miss Marple fiel die Handtasche zu Boden, und Bryan hob sie ihr höflich auf. Im selben Moment trat Mrs. McGillicuddy an Emma heran und murmelte mit gequälter Stimme – die Qual war ungekünstelt, denn Mrs. McGillicuddy fand ihre Aufgabe abscheulich:
    «Entschuldigen Sie, könnte ich mich wohl irgendwo – frisch machen?»
    «Aber natürlich», sagte Emma.
    «Ich zeige es Ihnen», sagte Lucy.
    Lucy und Mrs. McGillicuddy verließen zusammen das Zimmer.
    «Die Herfahrt war sehr kalt», versuchte Miss Marple zu erklären.
    «Was nun die Schallmauer angeht», sagte Bryan, «schauen Sie, stellen Sie sich vor… oh, hallo, da ist Quimper.»
    Draußen kam der Wagen des Arztes zum Stehen. Dr. Quimper kam herein, rieb sich die Hände und sah halb erfroren aus.
    «Es gibt Schnee», sagte er, «da bin ich sicher. Hallo, Emma, wie geht es Ihnen? Meine Güte, was ist denn hier los?»
    «Wir haben einen Geburtstagskuchen für Sie», sagte Emma. «Wissen Sie noch? Sie haben mir doch mal verraten, Sie hätten heute Geburtstag.»
    «Das wäre doch nicht nötig gewesen», sagte Quimper. «Wissen Sie, es ist – also, das muss – ja, es muss sechzehn Jahre her sein, dass sich das letzte Mal jemand an meinen Geburtstag erinnert hat.» Er wirkte fast peinlich berührt.
    «Kennen Sie Miss Marple?» Emma stellte die beiden vor.
    «Aber natürlich», sagte Miss Marple, «ich bin Dr. Quimper hier bereits begegnet, und Sie haben mir einen Hausbesuch abgestattet, als ich vor kurzem diese scheußliche Erkältung hatte. Sie waren äußerst gütig.»
    «Alles wieder in Ordnung, will ich hoffen?», fragte der Arzt.
    Miss Marple versicherte, sie habe sich vollständig wieder erholt.
    «Mir haben Sie schon seit Ewigkeiten keinen Hausbesuch mehr gemacht», sagte Mr. Crackenthorpe. «Sie würden es nicht mal merken, wenn ich im Sterben läge.»
    «Sie sterben
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