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1588 - Die falsche Kette

Titel: 1588 - Die falsche Kette
Autoren: Unbekannt
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einer Facette.
    Jeweils eine dieser Facetten zeigte nach oben und ergab gemeinsam mit den in die gleiche Richtung weisenden Facetten aller anderen Begriffe das Bild der Individuellen Realität.
    Wie feine Fäden spannten sich die Assoziationen von einer Facette zu anderen, festigten das Bild und hielten den Verstand zusammen, ohne dabei die Bildung neuer Assoziationen und somit das Denken zu behindern.
    Irgendwo in diesem Bild lag die falsche Kette verborgen.
    Dorina Vaccer hoffte, daß es ihr gelingen würde, wenigstens einen einzigen Blick auf das Kima zu werfen.
    Wenn ihr das gelang, so sagte sie sich, würde sie vielleicht etwas weniger Bitterkeit bei dem Gedanken verspüren, daß sie die Unsterblichkeit wieder hergeben mußte.
    Zuerst geschah gar nichts. Der Linguidin war ein wenig schwindelig - das war alles. Dann aber glaubte sie zu spüren, daß etwas Großes, Dunkles sich herumwälzte und sie unter sich zu begraben drohte.
    Sie glaubte zu schweben, aber in Wirklichkeit stürzte sie, und alles um sie herum schien in sich zusammenzufallen und durch ein unglaublich enges Loch davonzufliegen, schien sich zu verändern, zu verdrehen, sich in der Zeit zu verlieren, in unglaublichen, für den Verstand nicht erfaßbaren Perspektiven.
    Dorina Vaccer spürte etwas zwischen ihren Fingern und griff zu.
    Im selben Augenblick hörten die seltsamen Wahrnehmungen auf.
    Der Kima-Strauch hatte ihr geholfen. Er hatte die fünfdimensionalen Impulse aufgenommen und in den Hyperraum abgeleitet.
    Alle Kima-Sträucher taten das. Sie waren nicht intelligent - sie waren eigentlich nur so etwas wie Blitzableiter.
    Auch die Sträucher waren durch den Aufenthalt im Hyperraum verändert worden. Sie hatten die Fähigkeit verloren, sich auf normale Weise fortzupflanzen. So gesehen, waren sie auf die Linguiden angewiesen.
    Aber die Linguiden waren ihrerseits in noch viel stärkerem Maß von den Sträuchern abhängig.
    Ihr Leben lang nahmen sie fünfdimensionale Impulse auf. Diese Energie mußten sie loswerden, wenn sie nicht Gefahr laufen wollten, ihr Kima zu verlieren.
    Die meisten Linguiden suchten instinktiv die Nähe ihrer Sträucher, sobald sie deren Hilfe brauchten. Bei manchen Linguiden funktionierte das nicht. Dann gab es Schwierigkeiten. Und manchmal brauchte ein Strauch einen zusätzlichen Impuls, damit er seine Funktion erfüllen konnte.
    Darum konnten Linguiden, die das Talent besaßen, mitunter bestimmte Krankheiten heilen, indem sie den Kima-Strauch des Kranken berührten.
    Linguiden, die das Talent besaßen, nahmen offenbar auch besonders viele von diesen fünfdimensionalen Impulsen auf. Darum gediehen und blühten ihre Kima-Sträucher besonders gut, denn im allgemeinen trugen diese Impulse zum Wohlbefinden der Sträucher bei. Die seltsame Zusatznahrung befähigte die Kima-Sträucher, selbst an ausgesprochen unwirtlichen Standorten zu überleben.
    Dorina Vaccer war sich darüber im klaren, daß es in diesem Zusammenhang noch viele Fragen zu klären galt.
    Und noch etwas anderes wußte sie: daß sie den Zellaktivator nie wieder berühren durfte.
    Einen zweiten Schock dieser Art würde sie nicht verkraften.
    Nachdenklich musterte sie den Zweig, an dem sie sich festgehalten hatte.
    Ein Krampf schien die Knospen zu durchlaufen. Sie öffneten sich, eine nach der anderen. Aber an einer Stelle stockte diese Bewegung.
    Dorina Vaccer glaubte ihren Augen nicht trauen zu dürfen.
    Dort hing der Zellaktivator.
    Er war ihr aus der Hand gefallen und an einem Seitenzweig hängengeblieben.
    Dieser eine Zweig wirkte völlig unverändert. „Vielleicht ist er doch noch zu etwas nütze!" sagte die Friedensstifterin.
    Sie faßte den Aktivator nicht an. Sie nahm nur die Kette in die Hand - ganz vorsichtig. Dann kroch sie unter den wuchernden Ästen des Kima-Strauchs hindurch, bis sie den zentralen Stamm erreichte. „Das wird dir helfen!" versprach Dorina Vaccer dem Strauch. „Ich glaube fest daran. Und außerdem - vielleicht wird ES ihn sich zurückholen. Dann wird ES hoffentlich begreifen, was ES angerichtet hat!"
    Aber insgeheim hatte sie die Befürchtung, daß ES genauso krank und verrückt wie die unsterblichen Friedensstifter war.
    Irgendwie hatte dieser Gedanke sogar etwas Tröstliches.
    Wenn ES krank ist, dachte sie, dann ist ES für all das nicht verantwortlich. Wenn ES aber nicht krank ist.
    Sie schüttelte diesen Gedanken energisch ab.
    Sie hängte den Zellaktivator an einen Ast, kehrte zum Beiboot zurück und verließ den Planeten
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