Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1588 - Die falsche Kette

Titel: 1588 - Die falsche Kette
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
wichtigere Dinge konzentrieren können."
    Für einen Augenblick wirkte er locker und entspannt.
    Darauf hatte Dorina Vaccer gewartet. „Wichtiger als dein Leben ist dein Verstand", sagte sie langsam. „Gebrauche ihn und begreife, daß du im Begriff bist, ihn zu verlieren."
    Aramus Shaenor zuckte ein wenig zusammen. Für einen Moment sah es aus, als hätte er Schmerzen. In seinen Augen fieberte es.
    Dann war es vorbei.
    Ich habe versagt! dachte Dorina Vaccer bedrückt.
    Aber damit hatte sie rechnen müssen.
    Ich werde noch viele Versuche brauchen, überlegte sie. Und ich muß mir Hilfe holen. Ich brauche Amdan Cutrer und die anderen. Noch sind genug gut ausgebildete Linguiden mit reichlich Talent verfügbar. Wenn wir alle zusammenarbeiten, werden wir die Unsterblichen nach und nach zur Vernunft bringen. „Darauf würde ich mich an deiner Stelle nicht verlassen", bemerkte Aramus Shaenor nüchtern. „Bei mir wirst du damit jedenfalls kein Glück haben."
    Dorina Vaccer wandte sich wortlos ab.
    Sie verließ Aramus Shaenor und suchte Balasar Imkord auf.
    Auch er hatte sich verändert. Er hatte schon immer eine Vorliebe für schlichte, dunkle Kleidung gehegt. Jetzt sah er aus wie ein Soldat, und er benahm sich auch so. „Sage, was du zu sagen hast!" fuhr er Dorina Vaccer an. „Und wenn du nichts zu sagen hast, dann geh! Ich habe keine Zeit für sinnloses Geschwätz."
    „Du bist krank", sagte Dorina Vaccer ohne irgendwelche Umschweife, denn am Beispiel Aramus Shaenors hatte es sich gezeigt, daß langes Herumgerede nichts nützte. „Sieh in dich hinein und erkenne deine Krankheit."
    Balasar Imkord lehnte sich zurück und starrte Dorina Vaccer an.
    Für einen Augenblick schien es, als sei er tatsächlich bereit, sich selbst kritisch unter die Lupe zu nehmen.
    Seine Augen wirkten verhangen.
    Aber die Kette drehte sich auch in Balasar Imkords Verstand und veränderte den Blickwinkel, unter dem er die Realität zu sehen vermochte. „Du bist krank!" behauptete Balasar Imkord nach langem Schweigen. „Jetzt sehe ich es. Was hast du angestellt? Hast du etwa den Nakken doch noch deinen Zellaktivator ausgehändigt, wie du es im Humanidrom tun wolltest?"
    „Nein", erwiderte Dorina Vaccer schroff. „Aber vielleicht wäre es besser gewesen, wenn ich es getan hätte. Die Nakken kennen sich mit fünfdimensionalen Vorgängen aus. Sie hätten vielleicht wirklich eine reelle Chance herauszufinden, was mit den Zellaktivatoren nicht stimmt."
    „Mit den Zellaktivatoren ist alles in Ordnung", erwiderte Balasar Imkord gelassen. „Was man von dir nicht behaupten kann!"
    Dorina Vaccer spürte, was er zu tun versuchte, und sie war erschrocken darüber, wie kraftlos er geworden war. „Versuche es nicht bei mir", sagte sie enttäuscht. „Hast du denn ganz und gar vergessen, wer und was wir beide sind? Es ist unter unserer Würde, an so etwas auch nur zu denken."
    „Es ist niemals unter meiner Würde, einen verwirrten Geist zu heilen", erwiderte Balasar Imkord streng. „Aber ich hätte wissen müssen, daß ich bei dir nur meine Zeit verschwende. Aramus hat mich vor dir gewarnt. Ich hätte nicht gedacht, daß du so dumm sein würdest, zu mir zu kommen. Ich bin nicht so sentimental wie er."
    Die Tür öffnete sich, und zwei Überschwere erschienen. „Bringt sie weg!" befahl Balasar Imkord. „Schafft sie nach Teffon! Aber ich wünsche, daß sie niemals dort ankommt! Haben wir uns verstanden?"
    Dorina Vaccer sagte sich, daß dieser Mordbefehl aus dem Mund eines Friedensstifters sie hätte schockieren sollen.
    Aber entweder war sie einfach zu erschöpft, um derartiger Gefühle noch fähig zu sein, oder sie hatte sich innerlich bereits mit der Tatsache abgefunden, daß Balasar Imkord eben gar kein richtiger Friedensstifter mehr war.
    Sie drehte sich um und musterte die Überschweren. „Ihr werdet mich in Ruhe lassen!" sagte sie sanft.
    Die Überschweren drehten sich wortlos um und marschierten davon.
    Balasar Imkord war starr vor Wut. „Wenigstens weiß ich jetzt, woran ich mit dir bin", sagte Dorina Vaccer zu ihm und ging zur Tür. „Du solltest das kein zweites Mal mit mir versuchen!"
    Er antwortete nicht.
    Sie kehrte in die SINIDO zurück.
    Ihre Schüler begrüßten sie, als sei sie aus dem Reich der Toten zurückgekehrt. „Wir haben das Schlimmste befürchtet", bestätigte Amdan Cutrer. „Cebu Jandavari schäumt vor Wut, weil du ihr die Überschweren abspenstig gemacht hast. Sie mußte die ganze Wachmannschaft auswechseln.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher