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157 - Das Erbe der Alten

157 - Das Erbe der Alten

Titel: 157 - Das Erbe der Alten
Autoren: Jo Zybell
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das Mädchen. Ihre Mutter Rotbeer – zugleich Windtänzers älteste Gattin – legte den Arm um sie und zog sie an sich. »Wir wissen es nicht, mein Töchterchen. Es kann nur etwas sehr Wichtiges sein, sonst wäre er hier bei uns.«
    »Vielleicht, vielleicht auch nicht.« Starkholz wiegte den weißhaarigen Schädel hin und her. »Möglicherweise wäre es für Windtänzer aber gar nicht ratsam gewesen, hierher in die Wälder zwischen Elysium und Phoenix zu kommen, denn in Elysium hat man eine Magistratssuche nach ihm und seinen Schülern ausgerufen.«
    Niemand wollte die schlechte Nachricht kommentieren.
    Irgendwann stand Morgenblüte auf und mischte sich unter die anderen Halbwüchsigen. »Wir müssen Vera Akinora, Nomi und Maya Joy aus Elysium herausschaffen«, sagte Rotbeer. »Und Felsspalter befreien. Ohne Hilfe von außen werden sie es nicht schaffen.«
    »Du hast Recht.« Vogler nickte. »Wenn die Sonne das nächste Mal aufgegangen ist, ziehen wir los. Die Zeit drängt.«
    »Ist es wahr, was der Wald erzählt?« Flüsternd beugte Rotbeer sich zu Vogler hinüber. »Stimmt es, dass Windtänzer getötet hat?«
    Faust krächzte laut, und Vogler griff statt zu antworten unter seinen Mantel, zog ein langes Messer heraus und reichte es Rotbeer. Die betrachtete es genau. Ihr Blick fiel auf das prunkvolle W im klobigen schwarzen Griff, und sie verstand: Es war das Messer ihres Gatten Windtänzer. Stumm betrachtete sie es und schüttelte den Kopf. »Ist es also wirklich wahr…«
    ***
    Eine Küstenlinie, ein Meer, ein heller Stern, ein Talkessel voller Wald, ein lichtüberfluteter Kraterkamm und schon nachtschwarze Kraterhänge rund um den Waldkessel –Abenddämmerung auf dem Mars! Für Minuten verschlug es Matthew Drax die Sprache – so viel Schönheit auf einmal war er nicht mehr gewohnt. Keiner im Magnetschweber sprach ein Wort, nachdem sie den Tunnel hinter sich gelassen hatten. Alle waren sie versunken in den Anblick der herrlichen Landschaft unter dem abendlichen Marshimmel.
    Für kurze Zeit verlief die Fahrtrasse ein Stück des Kraterrandes, sodass man im Westen das Meer und am westlichen Horizont einen sehr hellen Stern zwischen rötlichem Himmel und türkisfarbener See hängen sah. Der Stern erschien ungefähr drei oder vier Mal so groß wie die Venus, wenn man sie an einem mitteleuropäischen Herbstabend über dem westlichen Erdhorizont aufgehen sah.
    Zunächst hielt Drax den Himmelskörper für einen der Marsmonde, doch dann erinnerte er sich daran, beide Trabanten ja schon gesehen und nur als matte, verwaschene Lichtflecken wahrgenommen zu haben. Dieser Stern über dem Meereshorizont dagegen leuchtete in einem Lichthof von kristallklarem Blau, in dessen Randzone der rote Himmel grünlich, orangefarben und rötlich einsickerte. Erstaunt fragte sich Matt, welcher Stern denn vom Mars aus gesehen so groß und strahlend hell erscheinen könnte. Und endlich begriff er: Es war die Sonne, die da unterging! Es war tatsächlich die Sonne…!
    Ein Schauder überlief ihn, als er sich der ungeheuren Entfernung bewusst wurde, die er von der Erde entfernt war.
    Im Norden, inmitten eines vielleicht hundertzwanzig Kilometer durchmessenden Kraters und umgeben von nachtblauem Wald, auf dem längst der Schatten der westlichen Kraterwand lag, erhob sich ein kleiner Vulkangipfel. Seine Spitze überragte die Kraterwand und schimmerte rot von der untergehenden Sonne. Im Süden sah man ein paar Atemzüge lang das Lichtermeer und die abendliche Skyline von Utopia.
    Auch die Spindelturmspitzen der kleinsten der fünf Marsstädte leuchteten im letzten Abendlicht.
    Ausgerechnet Aquarius brach irgendwann das Schweigen.
    »Und das alles hier soll einst von einem Ozean bedeckt gewesen sein?«
    »Das ist ziemlich sicher«, sagte Chandra. »Bis der Mars seine Atmosphäre verloren hat, vor dreieinhalb Milliarden Jahren…«
    Die Trasse führte jetzt ein Stück hinunter in den Außenhang des Mie-Kraters und vorbei an einzelnen Baumgruppen, haushohen Höhlenöffnungen und viel Gebüsch und Gestrüpp.
    Schlagartig wurde es dunkler, denn der Kraterhang verdeckte jetzt das Meer und das letzte Sonnenlicht am Abendhimmel.
    »Dafür spricht auch die Inschrift über der Tunnelröhre«, schaltete sich Matt in die Unterhaltung ein. »Erinnern Sie sich noch an den Text?«
    »Willkommen, Reisender, in den warmen Fluten von Tarb’lhasot…«, zitierte Schwarzstein.
    »Richtig«, sagte Matt Drax. »Gibt es Theorien in der Alten-Forschung, die von einer
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