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1516 - Chaos im Humanidrom

Titel: 1516 - Chaos im Humanidrom
Autoren: Unbekannt
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der Suche nach dem Innersten gehört, die die Nakken seit Jahrtausenden betrieben, und der Begriff allein - das Innerste - hatte einen tiefen Eindruck in ihrer Seele hinterlassen.
    Ihr einziges Anliegen, ihr ganzes Sehnen in jenen Tagen war gewesen, sich den Nakken anzuschließen und mehr über ihr Wesen, über ihre Denkweise und ihre besonderen Fähigkeiten zu erfahren. Nun war dies keine einfache Sache. Die Gastropoiden waren von Natur aus krasse Individualisten. Sie gingen untereinander kaum Bindungen ein; noch viel weniger waren sie daran interessiert, sich mit einer Artfremden zu liieren. Aber Eirene ließ sich so rasch nicht entmutigen. Mit der Hartnäckigkeit, die ihr in die Wiege gelegt worden war, verfolgte sie ihr Ziel und erreichte es schließlich - wenn auch nur unter sehr großen Mühen.
    Zunächst gab es viel zu lernen. Die Nakken waren untereinander, was die Methoden der Suche nach dem Innersten anbelangte, keineswegs einhelliger Meinung. Es gab solche, die die orthodoxe Ansicht vertraten, die Suche sei allein die Angelegenheit des nakkischen Volkes und niemand anders habe sich da hineinzumischen.
    Auf der anderen Seite standen die Fortschrittlichen, die der Meinung waren, man dürfte auch die Hilfe Andersartiger hinzuziehen, falls dies den Erfolgsaussichten der Suche förderlich sei. Zwischen diesen beiden Extremen gab es vielerlei Nuancierungen der Ansichten. Eirene stellte überrascht fest, daß man bei genauerem Hinschauen einem Nakken an der technischen Ausstattung, mit der er seinen Körper versehen hatte, ablesen konnte, welcher Denkschule er angehörte.
    Geschulte Nakken - und nur mit solchen hatte Eirene es zu tun - waren auf die Wahrnehmung ihrer Aufgabe fixiert, eben auf die Suche nach dem geheimnisvollen Innersten, und beschäftigten sich damit, ihre fünfdimensionalen Wahrnehmungsfähigkeiten spielen zu lassen. Sie verloren dadurch den Kontakt zu der Welt, die der Mensch - und andere Wesen seinesgleichen - für real zu halten geneigt ist. „Nakken schweben in höheren Sphären", lautete die Redewendung, die, halb spöttisch, halb ernst gemeint, noch zu Zeiten der Ewigen Krieger geprägt worden war. Nakken brauchten technische Geräte, Implantate, wenn sie sich mit Wesen verständigen wollten, die nicht unaufhörlich in die Betrachtung fünfdimensionaler Vorgänge versunken waren.
    Wieviel Wert ein Nakk auf die Kommunikation mit der Umwelt legte, erkannte man am Umfang und an der Qualität der technischen Ausstattung, die er mit sich herumtrug. Die Orthodoxen waren nur spärlich ausgerüstet. Sie traten mit ihrer Umgebung nur in Kontakt, wenn es unbedingt nötig war. Die Fortschrittlichen dagegen besaßen vielerlei Geräte und Instrumente, die es ihnen ermöglichten, sich fast ohne Hindernis mit Wesen des „äußeren Kreises" zu verständigen.
    Als den äußeren Kreis bezeichneten die Nakken die Gesamtheit der Kreaturen, deren Wahrnehmungsfähigkeit sich auf Ereignisse im 4-D-Kontinuum beschränkte. Sich selbst rechneten sie zum „inneren Kreis". Daß nach ihrer Ansicht das Innere etwas Besseres, Höherstehendes war als das Äußere, kam allein schon darin zum Ausdruck, daß sie sich seit vielen tausend Jahren mit der Suche nach dem Innersten beschäftigten. Eirene hatte darin zunächst eine gewisse Überheblichkeit gesehen und sich dadurch abgestoßen gefühlt.
    Seitdem wußte sie längst, daß es den Begriff „überheblich" in der Vorstellungswelt der Nakken überhaupt nicht gab.
    Ihnen war die Fähigkeit gegeben, in den Hyperraum zu blicken und die Vorgänge zu begreifen, die sich dort abspielten.
    Das unterschied sie von den Wesen des äußeren Kreises. Wer wollte ihnen verübeln, daß sie sich aufgrund dieser Fähigkeit als höher begabt erachteten?
    Nachdem Eirene diese und ähnliche Lektionen gelernt hatte, war sie an Willom herangetreten, einen progressiven Nakken, und hatte ihn gebeten, sie als Schülerin zu akzeptieren. Daß sie ihr Glück unter den Orthodoxen überhaupt nicht erst zu probieren brauchte, war ihr längst klar. Aber selbst bei dem Fortschrittler Willom war sie zunächst auf hartnäckigen Widerstand gestoßen. „Was willst du lernen?" hatte er sie gefragt. „Was soll ich dir beibringen?"
    „Wie ihr lebt, wie ihr denkt, wie ihr fühlt", war ihre Antwort gewesen. „Warum solltest du dich dafür interessieren?"
    „Ich weiß es nicht", hatte sie daraufhin gesagt. „Aber das Interesse ist da. Ich spüre es."
    Es hatte sich erst ein Zwischenfall besonderer Art
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