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1463 - Die Frau aus dem Fegefeuer

1463 - Die Frau aus dem Fegefeuer

Titel: 1463 - Die Frau aus dem Fegefeuer
Autoren: Jason Dark
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Straße, ohne dass ich es merke.« Er fing an zu lachen. »Das habe ich noch nie erlebt. Wenn das das Jenseits sein soll, dann hat es sich unserer Welt verdammt angeglichen. Und dabei habe ich immer geglaubt, dass im Jenseits alles besser ist und so…«
    Bill ließ den Mann reden. Insgeheim musste er ihm Recht geben.
    Es störte ihn auch nicht, dass Erskine immerzu redete. Irgendwie musste er sich wohl Luft machen.
    Sie blieben dicht beisammen und schritten über eine glatte Straße, ohne es richtig zu merken, denn bei jedem Aufsetzen ihrer Füße gab es kein Echo, nicht einmal einen leisen Widerhall. Sie schienen sich der Stille angeglichen zu haben.
    Sie hatten kein bestimmtes Ziel. Ziellos schritten sie durch die Straßen und Gassen der Stadt. Sie sahen auch die höheren Bauten im Hintergrund, ohne dass man sie als Hochhäuser hätte bezeichnen können. Sie grüßten wie hohe, steinerne Tempel.
    »Wo sind hier die Menschen, he?«
    Der Reporter musste lachen. »Menschen?«
    »Ja, ich – hm – verdammt, ich habe ganz vergessen, wo wir uns hier befinden.«
    »Eben.«
    Die Männer schauten nicht nur nach vorn. Sie ließen ihre Blicke auch über die Fassaden der Häuser wandern, die zwar recht kompakt aussahen, es aber nicht waren, das wussten sie, ohne dass sie sie berühren mussten.
    Alles war anders und alles war gleich. Bis auf die Tatsache, dass sie keine Menschen sahen und auch keine Autos oder Zweiräder, die durch die Stadt fuhren.
    An einer Kreuzung blieben sie stehen. In den letzten Minuten hatte sich Erskine nicht sonderlich bemerkbar gemacht, jetzt aber schüttelte er den Kopf und flüsterte: »Das kann doch nicht wahr sein.«
    »Was?«
    »Das – das – Bild hier.«
    »Und wieso nicht?«
    Er warf den Kopf zurück. »Dieses Bild, verdammt, das sieht so aus wie bei mir in Bexley.«
    »Bexley?« wiederholte Bill.
    Erskine war ganz zapplig geworden. »Ja, Bexley ist die Stadt, aus der ich komme, und an dieser Kreuzung habe ich oft genug gestanden, bevor ich sie überquerte, um in mein Büro zu kommen. Ich habe dort mit Kyle Durham gesessen und die Firma geleitet.«
    »Kyle Durham war dein Partner?«
    »Ja«, flüsterte Erskine, auf dessen Gesicht eine Gänsehaut zu sehen war. »Bis zu seinem Tod.«
    »Wie kam er um?«
    Da musste Erskine lachen. »Ich denke, dass es ein Selbstmord gewesen ist. Obwohl man das nicht so genau festgestellt hat. Aber ich gehe davon aus. Er hat sich selbst gekillt, weil er einfach nicht mehr weiter wusste. Ich war ihm auf die Schliche gekommen, und wenn ich die Beweise zusammen gehabt hätte, dann wäre es aus mit ihm gewesen, das hat er gewusst. Deshalb ist er zum rechten Zeitpunkt gestorben.«
    »Womit haben Sie denn gehandelt?«
    »Das waren Warentermingeschäfte. Ging alles über das Telefon. Kyle und ich haben ganz schön abgesahnt. Aber er bekam den Hals nicht voll und hat mich betrogen.«
    »Hm.« Bill deutete nach vorn. »Und jetzt siehst du einen Teil deiner Stadt?«
    »Ja, die Kreuzung hier.«
    »Und alles andere? Das Drumherum?«
    »Ist mir unbekannt.«
    Bill ging noch nicht weiter. Er schaute sich genauer um, weil er herausfinden wollte, ob auch er etwas Bekanntes zu sehen bekam.
    Eine Ansicht von London oder Ähnliches, aber da musste er passen.
    Er entdeckte nichts, so sehr er sich auch bemühte.
    »Mir ist hier alles fremd.«
    »Ja, mir auch alles andere um die Kreuzung herum. Das macht mich verdammt misstrauisch.«
    »Gut, dann wollen wir der Sache mal auf den Grund gehen.«
    Erskine schluckte. So recht war ihm das nicht. Er wischte mit dem Handrücken über seine Stirn, räusperte sich und stieß scharf die Luft aus.
    »Hast du Angst?« fragte Bill.
    »Komisch ist mir schon. Das ist doch ein Hammer, in dieser Totenstadt etwas Bekanntes zu sehen.«
    »Stimmt. Und du musst dich von dem Gedanken lösen, dass es nur das Jenseits gibt.«
    »Wieso?«
    »Meiner Ansicht nach ist es in mehrere Ebenen aufgeteilt. Verschiedene Stufen und so weiter. So muss man sich diese Dimension vorstellen.«
    »Darüber habe ich nie nachgedacht. Das war alles für mich so weit weg. Für dich wohl eher nicht.«
    »Stimmt.«
    »Gut, dann lass uns gehen.«
    Die beiden brauchten nicht zu befürchten, von einem Fahrzeug erfasst zu werden, denn sie schritten über eine leere Kreuzung auf die andere Seite. Dort war ihr Ziel das Eckhaus, in dem das Büro von Erskines Firma lag.
    Es war niemand zu sehen. Es gab nur die Leere zwischen den Häusern, was beide jetzt hinnahmen und nicht nachfragten,
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