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1460 - Lockruf des Trolls

1460 - Lockruf des Trolls

Titel: 1460 - Lockruf des Trolls
Autoren: Jason Dark
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und jetzt, wo alles vorbei war, da erfasste mich eine große Erleichterung.
    Ich ließ mich zu Boden fallen, blieb auf dem Rücken liegen, holte tief Atem, stieß ihn wieder aus und konnte trotzdem nicht verhindern, dass mein gesamter Körper anfing zu zittern. Dabei kam ich mir vor wie auf einer Rüttelmaschine liegend. Meine Zähne schlugen sogar aufeinander und gaben klappernde Geräusche von sich.
    Mein Blick hatte sich noch nicht geklärt. Wenn ich die Augen öffnete, sah ich die Blutsaugerin zwar vor mir, aber ihre Gestalt hatte sich verändert. Sie sah aus wie ein kompakter Schatten, der sprechen konnte. Nur waren die Worte nicht eben ladylike. Sie fügten sich nämlich zu Flüchen zusammen.
    Ich wollte nicht sagen, dass mir die Schultern, die Arme und sogar die Hände wehtaten, das wäre falsch gewesen. Ich spürte sie einfach nicht mehr. Der lange Schmerz, das Reißen und Ziehen schien sie mir abgetrennt zu haben.
    Erst allmählich konnte ich meine Gedanken wieder sammeln. Ich dachte daran, weshalb ich in den Wald gelaufen war. Nicht nur, um die Vampirin zu finden, sondern primär wegen des Jungen. Doch von Timmy sah ich leider ebenso wenig wie von den Trollen.
    Dieser Gedanke trieb mich wieder hoch. Allerdings nicht auf die Beine, ich blieb zunächst mal sitzen und versuchte, meine Schultern zu massieren.
    Langsam kehrte das normale Gefühl zurück, auch wenn die Spannungen noch da waren.
    Justine Cavallo schaute mir zu. Sie hatte sich mit dem Rücken gegen einen Baumstamm gelehnt. So wie jetzt hatte ich sie noch nie erlebt. Ich hatte sie schon nackt gesehen und ihren perfekten Körper bewundern können, aber hier im Wald sah sie aus wie jemand, der über eine Schlammbahn gezogen worden war. Bis zum Kragen hin war der Ledermantel mit einer dünnen Dreckschicht bedeckt, an der irgendwelche Algen oder abgestorbenen Pflanzenreste hingen. Ihr Gesicht war ebenfalls mit Dreck gesprenkelt, und auch das Haar war verschmiert.
    Ich nickte ihr zu. »Stark siehst du aus.«
    »Hast du dich schon mal angesehen?«
    Ich grinste. »Tümpellöcher können verdammt gefährlich sein für Vampire, die sich als unsterblich ansehen.«
    »Ich wäre nicht gestorben«, sagte sie.
    »Stimmt. Nur für eine sehr lange Zeit verschwunden. Vielleicht sogar für immer.«
    »Wobei ich dich überlebt hätte.«
    »Im tiefsten Sumpf.« Ich wollte lachen. Es wurde nur ein trockenes Husten. In der Zeit fasste ich meine Gedanken zusammen. »Es ist ja wohl weniger um uns beide gegangen, sondern mehr um den Jungen. Hast du ihn gesehen? Kannst du mir sagen, wo er ist?«
    »Ja.«
    »Und wo?«
    Die Antwort gab sie durch eine Geste. Sie streckte den rechten Arm aus und wies mit dem Zeigefinger auf den Tümpel.
    Ich sagte nichts, weil meine Kehle plötzlich dicht war. Irgendwann hatte ich mich gefangen und flüsterte: »Dort?«
    »Ja. Der Tümpel hat ihn verschluckt. Ihn und die Trolle. Ich konnte nichts tun.«
    Plötzlich fühlte ich mich erledigt. Es war ein inneres Zusammensacken.
    Versager!, schrie es in meinem Kopf.
    Ich hatte mich zwar nach Kräften bemüht, aber es war mir nicht möglich gewesen, meine Aufgabe zu erfüllen. Und das eine Wort, das mir durch den Kopf schoss, musste einfach raus.
    »Tot«, flüsterte ich.
    Justine Cavallo hatte mich gehört. »He, nicht so voreilig«, sagte sie.
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Hör auf. Du hast gesagt, dass der Junge in das Sumpfloch hier gefallen ist und…«
    »Ja, das habe ich.«
    »Eben, dann ist er…«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich denke, du solltest mir mal zuhören, John Sinclair.«
    »Bitte«, sagte ich pikiert.
    Die Blutsaugerin zeigte wieder auf den Tümpel. »Er ist darin verschwunden, zusammen mit den Trollen, das stimmt. Aber der verdammte Tümpel hatte sich verändert. Er ist anders geworden.«
    »Wie anders?«
    »Gläsern.«
    Das Wort elektrisierte mich, denn es eröffneten sich für mich sofort bestimmte Perspektiven.
    »Gläsern?« flüsterte ich.
    »Ja, verdammt.«
    »Dann ist es wahr.«
    »Was ist wahr?«
    »Dass dieser Tümpel ein transzendentales Tor ist. Ein Durchgang.«
    »Ach. Und wohin?«
    »Nach Aibon…«
    Die Blutsaugerin nickte. »Ah ja, dieses Paradies der Druiden, von dem du schon öfter gesprochen hast.«
    »Exakt das.«
    Die Cavallo schaute auf die Oberfläche. Etwas Grünes war nicht zu sehen. Nach wie vor lag dort die schimmernde braune Brühe.
    Ich hatte mir den toten Troll angeschaut. Eine Kugel hatte ihm aus kurzer Distanz den Schädel zerfetzt. Im
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