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146 - Winterkrieger

146 - Winterkrieger

Titel: 146 - Winterkrieger
Autoren: Ronald M. Hahn
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Oberwelt-Mode, was?« Colonel O’Hara biss in irgendwas, das Ayris noch nie gesehen hatte.
    »Manche Leute hier sehen aus, als hätten sie schon drei Tage unter der Erde gelegen.« Er lachte. »Aber wenn das Volk es will, bitte sehr!«
    Ayris hörte kaum, was er sagte. Sie sah ihre Chance gekommen. »Sehen Sie den Mann da?«, fragte sie und deutete auf Mountbatton. »Den Großen mit der Skunkfellmütze?«
    O’Hara reckte den Hals. Seine Augen wurden groß. »Wen soll der darstellen? Davy Crockett?«
    »Nicht ganz.« Ayris’ Blick blieb auf Mountbatton gerichtet, während sie an das schier endlose Büffet trat, sich vorbeugte und irgendwas Fleischiges auf einen Teller schaufelte. »Er ist ein daa’murischer Spion.«
    »Sehr witzig!« Colonel O’Hara biss in seine unbekannte Leckerei. Nun erst sah Ayris, was sie sich da auf den Teller geladen hatte: Ratzenaugen blickten sie schwammig gedünstet an. Sie drehte sich zur Wand und zwang sich, regelmäßig zu atmen, um sich nicht übers Büffet zu erbrechen.
    »Ich wusste gar nicht, dass Sie so…«
    Ayris drehte sich um. O’Hara erstarrte. »Meine Güte, Sie sind ja ganz grün im Gesicht…« Er stellte seinen Teller auf dem Büffet ab. »Was ist mit Ihnen, Captain? Soll ich vielleicht einen Medikus…?« Er schaute sich um.
    »Nein, nein…« Die Aussicht, in die Hände eines Oberwelt-Kurpfuschers zu geraten, half Ayris, die Übelkeit zu überwinden. Sie stieß sich vom Büffet ab und nahm auf einer marmornen Bank Platz. Zum Glück hielten sich hier nicht so viele Menschen auf.
    O’Hara setzte sich neben sie. Er wirkte wirklich besorgt.
    »Es ist das Essen, nicht wahr? Hier oben bei den Barbaren weiß man nie, was man auf dem Teller hat…«
    »Es geht schon.« Ayris dachte angestrengt an etwas ganz anderes. Wie machte man dem Chef des NSR begreiflich, dass sämtliche Allianzen gegen die Daa’muren nutzlos waren, wenn der Präsident des ganzen Vereins mit dem Feind unter einer Decke steckte?
    Ein Mensch, dem Kollateralschäden gleichgültig waren, wenn sie andere Eltern betrafen, der aber wehleidig und erpressbar wurde, wenn es um seine eigene Tochter ging?
    »Na so was«, sagte plötzlich eine ihr bekannte Stimme.
    »Captain Grover! Welche Überraschung, Sie zu sehen!«
    Ayris hob den Kopf. Colonel Mountbatton stand, das teilnahmslose Mädchen am Arm, vor dem Büffet.
    Colonel O’Hara stand auf. »Ich glaube, wir hatten noch nicht das Vergnügen…«
    »Colonel Mountbatton«, sagte Ayris. »Abgesandter einer eureeischen Nation, der in dieser Stadt lieber inkognito agiert.«
    »Oh!« Colonel O’Hara nickte wissend, obwohl man ihm ansah, dass er nichts wusste.
    »In der Tat.« Sein kalter Blick traf Ayris. Sie hatte das Gefühl, er wüsste, dass sie ihn durchschaute. »Dann wünsche ich Ihnen beiden noch einen schönen Abend.« Er nickte O’Hara zu. »Sir.« Damit zog er seine schweigsame Begleiterin in die Menge hinein. Beide näherten sich dem Geburtstagskind, vermutlich um ihm zu gratulieren.
    Als Ayris genauer hinschaute, fielen ihr mindestens zwölf Untote beiderlei Geschlechts in der näheren Umgebung des Fettsacks auf: Es waren die Bleichen aus dem »Gawlden Lyon«, Colonel Mountbattons Leibgarde. Wenn er sie so problemlos ins Rathaus mitbringen konnte, war seine Machtposition vermutlich größer, als sie bisher angenommen hatte.
    »Ich habe übrigens nicht gescherzt«, sagte sie zu O’Hara.
    »Colonel Mountbatton ist ein Daa’mure. Was seine Begleiterin und die anderen Bleichen sind, weiß ich nicht. Ich bin mir nicht mal sicher, ob ich es überhaupt wissen möchte. Ich vermute aber, dass sie nicht aufgrund einer Modetorheit so aussehen, als würden sie in Särgen schlafen.« Sie senkte die Stimme auf ein Flüstern. »Präsident Crow arbeitet mit Mountbatton zusammen, Sir. Ich habe gestern ein sehr aufschlussreiches Gespräch zwischen beiden mit angehört.«
    »Sie reden irre, Captain«, sagte O’Hara. »Ich glaube, Sie haben Fieber.« Seine Stirn war gerunzelt. Er schien sich echte Sorgen um ihren Gesundheitszustand zu machen. »Zuerst die Übelkeit, jetzt diese albernen Anschuldigungen. Haben Sie vielleicht etwas Verdorbenes gegessen?« Sein Blick wanderte über das Büffet.
    »Ich habe noch gar nichts gegessen, verdammt.« Ayris stand auf. Wie blöd war sie gewesen? Hatte sie wirklich geglaubt, sie brauchte es nur jemandem zu erzählen, um das Problem aus der Welt zu schaffen?
    »Colonel O’Hara, ich weiß, dass Präsident Crow ein Verräter ist!
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