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146 - Winterkrieger

146 - Winterkrieger

Titel: 146 - Winterkrieger
Autoren: Ronald M. Hahn
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Opfer so dreist sein würde, sich zu widersetzen.
    In der Raummitte hatte kurz zuvor auf einer runden Bühne ein Quartett angefangen, Saiteninstrumenten sanfte Töne zu entlocken. Der zivilisierte Teil der Gäste drehte sich im Rhythmus der Musik, der andere schaute ihnen zu.
    Ayris rempelte eine der Gestalten an, die mit Mountbatton hier waren, und provozierte sie zu einer schwerfälligen Drehung. Einem zweiten rammte sie mit Wucht den Absatz auf die Zehen und einem dritten den Ellbogen in den Magen.
    Bevor die bleichen Kerle reagieren konnten, war sie an ihnen vorbei und krallte sich in den Ärmel des Bürgermeisters.
    »Ich ersuche Sie um Hilfe, Sir«, keuchte sie. »Die Männer dort belästigen mich!«
    »Was?« Der Fettsack drehte sich um. Colonel Mountbatton, mit dem er bis jetzt geredet hatte, reckte den Hals.
    »Die da!« Ayris deutete auf die Bleichen, die ihr ungelenk nachfolgten. Hinter ihnen bahnten sich Crows Leibwächter einen Weg durch die nun aufmerksam gewordene Menge, die gleich dichter zusammenrückte, um zu sehen, was da los war.
    »Ich bin untröstlich!«, näselte der Bürgermeister empört.
    »Was für ein Benehmen! Haltet sie auf!« Den letzten Satz rief er im Befehlston und lenkte damit endgültig die Aufmerksamkeit aller auf die drei irritiert dreinblickenden Gestalten, die gar nicht wussten, wie ihnen geschah.
    Colonel Mountbatton knurrte. Aber er konnte nichts tun, um den Irrtum aufzuklären. Schon hörte Ayris Flüche und das Klatschen von Ohrfeigen. Die Gäste bildeten eine dichte Traube um die Bleichen und hielten die Leibwächter nun vollends auf. Mit einem schadenfrohen Grinsen eilte Ayris zum Saalausgang.
    Jetzt die Treppe runter… Wenn sie an der Garderobe ihren Driller bekam, bevor sich Crows Leute durch die Menge gewühlt hatten, konnte sie vielleicht in der Stadt untertauchen.
    Ayris reichte der Zofe hinter dem Tresen die Garderobenmarke und erhielt Umhang, Pelzmütze und Driller samt Holster zurück. Mütze aufsetzen, Umhang über die Schultern und befestigen, dann den Gürtel um den…
    Ayris schaute in Richtung der sich öffnenden Tür der Eingangshalle und erblickte eine Gestalt, die sie hier nicht erwartet hatte.
    Paddy O’Hara. Er trug eine Pelzmütze und einen dicken Schnauzbart, der ihn fast völlig unkenntlich machte.
    »Captain Grover!«
    Ayris fuhr herum. Präsident Crows Männer, Colonel Mountbatton und der Fettsack standen am oberen Ende der Treppe. Sie hatten nicht lange gebraucht, um die wahre Schuldige an dem Aufruhr zu ermitteln. Die Leibwächter zogen ihre Driller. Einige Besucher, die die Treppe hinauf oder hinab gingen, schrien auf und warfen sich zu Boden.
    Ein an der Tür stehender Gendarm wirbelte herum, griff mit einem Fluch nach seinem Schwert, sah ein, dass er damit wenig ausrichten konnte und stürzte auf die verschneite Straße hinaus.
    Bevor Ayris ihren Driller entsichert hatte, krachte es auch schon.
    Steinsplitter flogen ihr um die Ohren.
    Zu ihrem Erstaunen hörte sie, noch bevor sie den ersten Schuss abgegeben hatte, einen anderen Knall vom unteren Ende der Treppe her. Dann segelte der Fettsack mit einem Loch in der Brust die Treppe herab.
    »Captain Grover!«, schrie Sergeant Paddy, aus dessen Driller der Schuss gekommen war. »Weg hier!«
    Doch Ayris hatte noch etwas zu erledigen. Sie würde nicht mehr feststellen können, ob Mountbatton tatsächlich ein Daa’mure war – aber ihre Intuition sagte ihr, dass Crow gelogen hatte. Und dies war ihre einzige Chance, ihn zu stoppen und den Verräter seines Verbündeten zu berauben.
    Sie zielte und schoss – zu spät! Ein Bleicher, der Colonel Mountbatton plötzlich mit seinem Körper deckte, warf die Arme in die Luft und flog nach hinten. Mountbatton selbst trat eiskalt hinter eine Säule.
    Crows Leibwächter feuerten erneut und verfehlten sie nur knapp. Aus den Augenwinkeln sah Ayris Sergeant Paddy hektisch winken. »Raus hier, aber fix!« Der Sergeant trat eine Türhälfte auf.
    So also wurde man Renegat.
    Ein eiskalter Nordost fegte herein. Schnee klatschte Ayris ins Gesicht und machte ihr bewusst, dass sie ihrem Bunkerquartier nun Adieu sagen musste: Adieu, Heizung.
    Adieu, Dusche. Adieu, Annehmlichkeiten dieser Welt.
    »Wohin, Paddy?«
    »Das sehen Sie dann schon…«
    Hoffentlich. »Okay, Nägel mit Köpfen.« Hatte sie eine andere Wahl?
    Sie hatte im besten Fall einen Vorsprung. Ayris stürmte auf die Straße hinaus. Hinter ihr herrschten Chaos und Geschrei.
    Mindestens drei Dutzend Zeugen
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