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1449 - Der Knochentempel

1449 - Der Knochentempel

Titel: 1449 - Der Knochentempel
Autoren: Jason Dark
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plötzlich Schweiß auf seiner Stirn. »Das sollten wir uns am besten ansehen, und ich möchte Sie jetzt schon bitten, nicht zu hart mit mir ins Gericht zu gehen.«
    »Wie meinen Sie das?«
    Er gab mir darauf keine Antwort. Dafür fragte er nach einem Blick in meine leere Tasse, ob ich noch einen Tee wollte oder ob wir gehen konnten.
    »Meinetwegen können wir gehen.«
    »Danke.«
    Ich konnte mich über das seltsame Verhalten des ehemaligen Bischofs nur wundern. Es entsprach nicht mehr dem, das ich bei meiner Begrüßung erlebt hatte.
    Mir kam es vor, als würde sich der Mann mit großen Sorgen herumplagen, und sie hatten etwas mit meinem Beruf zu tun.
    Im Flur streifte der Bischof seinen Mantel über. Ich trug die gefütterte Lederjacke, verließ als Erster das Haus und schaute zu, wie Ampitius die Tür aufschloss.
    »Wir können auch meinen Wagen nehmen«, schlug ich vor und deutete auf den Rover.
    »Nein, nein, das ist nicht nötig, Mr Sinclair. Wenn Sie frische Luft mögen, wird uns der Gang bestimmt gut tun.«
    »Sie sind der Chef.«
    »Das war ich mal«, sagte er mit leiser Stimme. »Jetzt habe ich mich zurückgezogen.«
    »Aber Sie mischen noch immer mit, habe ich den Eindruck.«
    »Kaum.«
    Wir umrundeten das Haus und schritten auf den Teich zu. Er lag wie ein großes dunkles Auge im Gelände. Auf seiner Oberfläche schwammen einige Blätter. Die Enten ruhten sich aus. Sie hatten sich eine Stelle unter den Ästen einer alten Trauerweide ausgesucht, deren dünne Arme bis über die Wasserfläche ragten.
    Es war auch die Weide gewesen, die zuvor meinen Blick auf das Beinhaus verdeckt hatte. Ich schaute es mir jetzt an und stellte fest, dass es sich wirklich um einen sehr alten Bau handeln musste. Seine Fassade sah grau aus, es gab keine Fenster. Dafür fielen mir die schiefen Mauern auf und darüber ein stumpfwinkliges graues Dach mit einem leicht grünlichen Belag, der sich im Laufe der Zeit angesammelt hatte.
    Es führte kein Weg zu diesem alten Haus. Wir schritten über einen winterlichen Rasen hinweg und schoben manchmal mit unseren Füßen altes Laub nach vorn.
    »Wissen Sie, wann dieses Beinhaus zuletzt benutzt worden ist?«, erkundigte ich mich.
    »Nein, Mr Sinclair. Aber es ist schon lange her. Zu meiner beruflichen Zeit jedenfalls nicht.«
    »Und davor?«
    »Tut mir Leid, Mr Sinclair, aber man weiß nicht viel über die Geschichte. Man hat es hier stehen sehen, und man hat es hingenommen. Von der Kirche wurde es ignoriert.«
    »Weshalb?«
    »Es war nicht interessant. Man hatte zudem keine Verwendung dafür. Es geriet in Vergessenheit. Und da dieses Grundstück der Kirche gehört, hat auch niemand von außerhalb den Versuch gemacht, es zu erwerben. Außerdem spielt bei einem Kauf stets die Lage eine Rolle. Und die ist hier wohl nicht gegeben. Es ist einfach zu einsam, und trotzdem sage ich Ihnen, dass dieses Haus nicht in Vergessenheit geraten ist. Genau das werden Sie bald sehen.«
    »Gut, ich bin gespannt.«
    Ampitius sagte nichts mehr. Die letzten Meter legten wir schweigend zurück.
    Auch jetzt fiel mir nichts Neues auf. Ich hatte schon alles aus der Entfernung gesehen.
    Aber ich sah eine graue, schon verwittert aussehende Tür, und ich stellte dabei fest, dass sie nicht mehr normal in den Angeln hing, sondern aufgebrochen worden war.
    »Einbruch?«, fragte ich.
    »Nicht so ganz. Jemand hat die Tür schon sehr heftig aufgebrochen. Nur würde ich es nicht als einen Einbruch ansehen. Aber das werden Sie ja gleich erkennen.«
    »Ich bin gespannt.«
    Ampitius kannte sich hier aus und deshalb ließ ich ihm auch den Vortritt. Er musste mit beiden Händen rütteln, um einen entsprechend großen Spalt zu schaffen, dass wir hineingehen konnten.
    Schon von weitem hatte ich gesehen, dass dieses Beinhaus keine Fenster hatte. Es gab nur einige schmale Öffnungen in der Mauer, und so musste ich davon ausgehen, dass es im Innern recht dunkel war.
    Ampitius schob sich zuerst hinein. »Licht gibt es nicht«, berichtete er, »aber ich denke, dass Sie eine Lampe bei sich führen. Ich habe mir auch eine eingesteckt.«
    »Kompliment. Sie wissen gut über mich Bescheid.«
    »Ach, das scheint nur so.«
    Im nächsten Moment wurde es hell. Die Dunkelheit konnte vom Licht seiner Lampe vertrieben werden, nicht aber der muffige, feuchte Geruch, der Erinnerungen an ein Grab aufkommen ließ.
    Ich war noch immer gespannt, was mir der ehemalige Bischof zeigen wollte, und folgte dem hellen Lichtfinger seiner Lampe. Er wanderte über
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