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1438 - Kinder der Retorte

Titel: 1438 - Kinder der Retorte
Autoren: Unbekannt
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einen dunklen Fleck, der auf eine seltsame hektische Art in Bewegung war. Er hatte ihn schon aus der Luft gesehen, ihn jedoch für Strandgut gehalten. Das war es zweifellos auch, aber dieses Strandgut lebte.
    Pheldor schritt darauf zu. Beim Näherkommen stob der dunkle Fleck auseinander. Große flinke Krustentiere gruben sich entweder durch den Kies oder flohen in Richtung Meer. Zwei fischähnliche Geschöpfe schnellten sich vom Boden, breiteten ihre Flossen aus und segelten aufs Meer hinaus, in das sie mit eleganten Sprüngen eintauchten.
    Fliegende Fische! Irgend etwas in Pheldors Gehirn signalisierte ihm eine verschüttete Information, aber er konnte sie nicht fassen, denn das, was auf dem Strand zurückgeblieben war, erregte seine Aufmerksamkeit. Kaum hatte er die paar Kadaver jedoch etwas eingehender betrachtet, wandte er sich auch schon wieder ab. „Daran wirst du dich gewöhnen, wenn du erst eine Weile hier bist", sagte Eujara, der zu ihm gestoßen war. „So enden die meisten Euhjas, die sich aus dem Meer stürzen."
    „Was waren das für Fische?" erkundigte sich Pheldor. „Das ist doch keine einheimische Art."
    „Nein, es handelt sich um Züchtungen, die schon vor Jahrhunderten ausgesetzt wurden", erklärte Eujara. „Es handelt sich gewissermaßen um die Vorläufer des heutigen Genprogramms. Damals setzte man diese halbintelligenten Flugfische zur Erforschung der Meeres weit aus. Sie waren von großem Nutzen, denn auf den von ihnen erhaltenen Daten basiert das Amphibien-Projekt. Ohne die Forscher-Fische hättet ihr Gentechniker von Aralon nie die Grundlagen für das Klonen der Euhjas bekommen. Und sie sind heute als Strandputzer immer noch recht nützlich, wie du gesehen hast."
    „Ich habe genug gesehen", sagte Pheldor und verlangte, zum Stützpunkt zurückgebracht zu werden. Auf einen Besuch der Unterwasserstadt, wo Pheldor Gelegenheit gehabt hätte, sich mit ausgesetzten Amphibios zu unterhalten, verzichtete er sowieso.
    Noch weiter, nämlich auch noch in Meerestiefen, wollte er nicht gehen. Er konnte die Probanden ebenso zu sich kommen lassen
     
    2.
     
    Er hieß Aribo und war einer aus der Hundertschaft.
    Zwanzig Jahre lang, bis zu seiner Reifeprüfung.
    Solange er denken konnte, war sein Tag immer in Abschnitte eingeteilt gewesen, die streng einzuhalten waren. Sein ganzes Leben bestand aus derartigen Abschnitten, die, wenn man sie zusammensetzte, ein sehr nüchternes Gesamtbild mit ewigen Wiederholungen ein und derselben Muster ergaben.
    Das war ihm eigentlich nie so richtig zu Bewußtsein gekommen, und auch jetzt, da er sich Gedanken über solche Dinge machte, störte es ihn nicht weiter.
    So war das Leben eben. Seine frühesten Erinnerungen stammten aus seinem dritten Lebensjahr. Er war schon damals mit den Kommilitonen von heute zusammengewesen; sie hatten ihn bis zum heutigen Tag begleitet. Es hatte bisher keine Abgänge gegeben, keine neuen Gesichter waren hinzugekommen. Daran war weiter nichts Ungewöhnliches, denn immerhin gehörten sie alle ein und demselben Jahrgang an - Jahrgang '25.
    Mit vier hatte er zum erstenmal an einem holographischen Zellsimulator gesessen.
    Er erinnerte sich noch gut, als ob es gestern gewesen wäre, was für ein Erlebnis es für ihn gewesen war, scheinbar wie im Flug durch das Labyrinth einer Zellbank zu fliegen, eine der Zellen anzusteuern und in sie einzudringen.
    Es war nicht einfach gewesen, die Zellwand zu durchdringen, und es hatte mehrerer Versuche bedurft, um dies zu schaffen. Aber nachdem er ins Zellplasma vorgedrungen war, tat sich vor ihm die Wunderwelt der Zellorganellen auf.
    Er bestaunte mit offenem Mund die sich windenden und pulsierenden Strukturen, manche Würmern gleich, die sich durch das Cytoplasma schlängelten, andere wiederum, die in Gruppen auftraten, die wie aufgeschreckte Fischschwärme mal in diese Richtung, dann in die andere zuckten, Kugelkörper, die wie undurchsichtige, fluoreszierende Seifenblasen in diesem Urmeer des Lebens trieben. Und alle konzentrierten sich um einen festen und schier undurchdringlichen Klumpen im Zentrum, den Zellkern.
    Auf diese Weise erfuhr er spielend, daß es sich bei solchen Zellen um die Bausteine des Lebens handelte, daß die Würmer und Fischschwärme und Seifenblasen Namen trugen wie Centrosom, Ergastoplasma und Vakuole - und er merkte sich diese Namen und hatte keine Mühe, ihnen später die ihnen zukommenden Aufgaben und Eigenschaften zuzuordnen.
    Das Spiel am Cyto-Simulator wurde immer schwieriger
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