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1432 - Die Fratze der Nonne

1432 - Die Fratze der Nonne

Titel: 1432 - Die Fratze der Nonne
Autoren: Jason Dark
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zwei Menschen grausam umgebracht hatte, und da passte diese Nonnentracht einfach nicht zu ihr.
    Beim zweiten Blick fiel ihm auf, dass sie nicht geblufft hatte. Es gab tatsächlich noch eine zweite Person in diesem Raum. Das musste Schwester Ann sein.
    Sie lag auf dem Boden. Auch sie trug ihre Tracht, aber die Kutte war zur Seite geschlagen, und Johnny sah, dass die Bluse und der Rock darunter von einem scharfen Gegenstand zerfetzt worden waren. Die Schnitte reichten zudem tiefer, denn die Haut war nicht verschont worden und mit blutenden Wunden bedeckt.
    »Da bist du ja, Johnny…«
    Er sagte nichts. Der Anblick der am Boden liegenden Frau hatte ihm die Sprache verschlagen. Er schüttelte entsetzt den Kopf, mehr konnte er nicht tun.
    »He, freust du dich nicht?«
    Johnny fand seine Sprache wieder. »Warum? Warum hast du das getan, verdammt?«
    »Es musste sein.«
    »Aber sie hat dir nichts getan. Ich habe gehört, dass sie dich hier aufgenommen hat, als es dir schlecht ging. Da muss man doch dankbar sein. Ja, das muss man.«
    Über diese Antwort konnte Elvira nur lachen. Nur war es kein normales Gelächter, sondern ein boshaft klingendes Kichern, das bei Johnny einen Schauer hinterließ.
    »Ich bin keinem dankbar, dir ausgenommen. Und ich will dir ehrlich sagen, dass ich mit den beiden Vergewaltigern auch selbst fertig geworden wäre. Ich wollte sie nur ein wenig schmoren lassen, dann aber hätte ich mein wahres Gesicht gezeigt.«
    Darauf ging Johnny nicht ein. Er fragte nur: »Was willst du überhaupt? Bitte, sag es mir! Was willst du?«
    »Ich suche eine Heimat!«
    »Was suchst du?«
    »Eine Heimat.«
    Auch jetzt, wo sie Johnnys Frage beantwortet hatte, begriff er den Sinn nicht.
    »Tut mir Leid, aber…«
    »Man hat mich verstoßen!« Bei dieser Antwort hatte sich der Klang ihrer Stimme verändert. Nur ihre Haltung nicht. Die Nonne stand vor Johnny und hatte die Hände in die weiten Ärmel geschoben. »Ja, man hat mich verstoßen und vertrieben, weil man mich nicht mehr wollte. So ist es gewesen.«
    »Wer wollte dich nicht mehr?«
    Über ihr Gesicht huschte ein kurzes, freundloses Lächeln. »Die anderen waren der Meinung, dass ich nicht zu ihnen passe. Dabei sind sie selbst Ausgestoßene gewesen, die in diesem Reich eine neue Heimat gefunden haben.«
    Johnny hatte sehr genau zugehört. Jetzt wirbelten die Vermutungen durch seinen Kopf. So fremd ihm diese Worte auch im ersten Moment erschienen waren, jetzt glaubte er, ihren Sinn verstanden zu haben. Er hatte viel von seinem Vater und von John Sinclair über gewisse Dinge mitbekommen, sodass sich ein bestimmter Gedanke bei ihm bildete, den er allerdings noch nicht aussprach.
    »Es war aber nicht unsere Welt, aus der man dich vertrieben hat.«
    »Richtig.«
    »Welche denn?«
    Sie winkte ab. »Du wirst sie nicht kennen. Sie liegt verborgen zwischen den Dimensionen und…«
    Diesmal überwand Johnny seine Schwäche. Die Antwort platzte förmlich aus ihm heraus.
    »Aibon! Ist es Aibon gewesen?«
    Elvira reagierte. Nur hatte Johnny nicht damit gerechnet. Sie schrak zusammen, ging einen Schritt nach hinten und breitete dabei die Arme aus.
    Johnny setzte nach. »Es war Aibon, nicht wahr?«
    »Ja, du hast dich nicht geirrt.« Sie sprach schnell und schien leicht durcheinander zu sein. »Aber woher kennst du dieses Land? Wie kannst du von ihm wissen?«
    Johnny hob die Schultern. »Ich weiß es eben«, sagte er mit leiser Stimme.
    »Dann muss uns das Schicksal zusammengeführt haben«, flüsterte sie.
    Davon wollte Johnny zunächst nichts wissen. Ihn interessierte, weshalb Elvira aus Aibon vertrieben worden war.
    »Man wollte mich nicht, weil ich nicht in dieses Land passte. Ich bin damals ebenfalls vertrieben worden, aber das Wort damals umfasst keine bestimmte Zeitspanne. Es gab da eine Zeit, in der es noch keine Menschen gab.«
    »Der Beginn der Zeiten?«, fragte Johnny nach.
    »So ist es.«
    »Da gab es schon Wesen«, erklärte er und wunderte sich darüber, wie ruhig er blieb. »Ja, es gab sie damals, und sie haben sich später unter die Menschen gemischt. Es waren die mit den beiden Gesichtern, und man hat ihnen einen bestimmten Namen gegeben. Man nennt sie die Kreaturen der Finsternis.«
    Erneut hatte Johnny einen Trumpf ausgespielt, der wie ein Schock auf Elvira wirkte. Sie stieß einen Laut aus, der schon einem wütenden Geheul glich. Einige Male zuckte ihr Kopf zur Seite, dann hatte sie sich wieder gefangen.
    »Du weißt es?«, keuchte sie. »Du weißt auch
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