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136 - Im Schloss der Daa'muren

136 - Im Schloss der Daa'muren

Titel: 136 - Im Schloss der Daa'muren
Autoren: Stephanie Seidel
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Fläche gelandet. Nach einem letzten gemeinsamen Frühstück hatte der Pilot der Finnigook seine Passagiere in die Ungewissheit entlassen und war wieder gestartet. Zurück nach Berlin. Das Summen der Triebwerke war längst verstummt.
    Matt, Aruula und Jenny waren seit der ersten Dämmerung unterwegs. Ihre anfängliche Vermutung, der Landeplatz des EWATs sei die einzige freie Fläche weit und breit, hatte sich nicht bestätigt. Zur Schäßburg hin wurden die dunklen Wälder immer wieder von Brachland durchzogen – eine Überraschung, die sich als angenehm erwies, denn inzwischen hatten die Gefährten bereits ihre erste Begegnung mit der örtlichen Fauna gemacht. Ein fehlgeleitetes Winter-Ekkorn hatte sich in Aruulas glänzendes Schwert verliebt und war nicht mehr zu vertreiben gewesen. (Ekkorn: diebischer braunweißer Eichkater, groß und sehr aufdringlich)
    Sein erregtes Schnalzen, mit dem er Aruula von Baum zu Baum folgte, hatte die Waldesstille wie Salven aus einem Maschinengewehr zerrissen. Was nicht hilfreich war, wenn man unentdeckt bleiben wollte.
    Auch das Aprilwetter war nicht optimal. Es hatte ein wenig geschneit in der Nacht, und die Ebene, auf der die Gefährten nun unterwegs waren, schimmerte wie mit Puderzucker bestreut. Der Anblick war trügerisch. Matt fluchte, als er ins Rutschen geriet und punktgenau mit dem Hinterteil auf einer scharfen gefrorenen Furche landete. Aruula streckte die Hand nach ihm aus.
    »Alles okee, Maddrax?«, fragte sie.
    »Alles okay.« Matt ergriff die dargebotene Hand nur leicht und bemühte sich, ohne ihre Hilfe auf die Beine zu kommen.
    Aruulas Finger waren kalt. Er küsste sie flüchtig, bevor er das Funkgerät aus der Hosentasche zog, um es nach seinem Sturz gründlich zu überprüfen. Es war eine automatische Handlung, antrainiert in den langen Jahren seiner Ausbildung bei der Air Force, und sie hatte keine tiefere Bedeutung.
    Zumindest nicht für Matt.
    Aruula kannte die Vergangenheit ihres Gefährten, der als Gott vom Himmel gefallen und als Mann in ihren Armen gelandet war. Sie liebte Maddrax, und sie wollte keinen Anderen. Trotzdem verspürte sie manchmal in ihrem geheimsten Inneren den Wunsch, Commander Matthew Drax ordentlich die Meinung zu sagen. Jetzt zum Beispiel.
    Verfluchte Tekknik!, dachte Aruula düster. Wenn ich um Maddrax kämpfen müsste und mein Gegner eine Frau wäre, würde ich gewinnen – nur bei einem Kasten aus Metall, der piepst und blinkt, bin ich mir nicht sicher! Von mir aus soll Orguudoo das ganze Zeug holen und in einem Lavastrom versenken!
    Der Augenblick verging, und die schöne Barbarin beruhigte sich wieder. Sie lächelte sogar, als Matt sich fragend nach ihr umsah, während er bereits weiterging, mit Jenny an seiner Seite. Aruula blieb bewusst ein paar Schritte zurück hinter den beiden Menschen aus einer anderen Welt. Sie brauchte etwas Abstand. Um das Chaos in ihrer eigenen Welt zu ordnen.
    Frühnebel zogen übers Land; die Luft war kalt und frisch.
    Es roch nach Schnee und Erde, aber auch nach Wald, obwohl die nächste breite Front der hohen Karpatenbäume viele Speerwürfe entfernt war. Hinter den Wipfeln, irgendwo im Morgendunst, ragte ein Hügel aus dem Nebelmeer. Auf seiner Kuppe stand eine dunkle zerklüftete Ruine.
    Die Schäßburg.
    Aruula musterte sie stumm. Das alte Gemäuer wirkte auf die Barbarin nicht im Ansatz so faszinierend wie auf ihren Begleiter. Maddrax erzählte Jenny gerade etwas von Vampiren und einem gewissen Bram Stoker, der sich hier in Siebenbürgen die Anregungen geholt hatte für sein erfolgreiches Buch. Jenny Jensen schien genau zu wissen, wovon Maddrax sprach. Sie reagierte und kramte ihrerseits Erinnerungen hervor. An eine Verfilmung, eine Neuverfilmung und an Devaudehs, was immer das war. Namen wie Carpenter, Wes Craven und Gerald Butler wehten an Aruulas Ohr – und je mehr Maddrax und Jenny von sich gaben, desto leiser und ferner wurden ihre Stimmen für die Barbarin.
    Sie kommen aus einer anderen Zeit, und sie reden über eine andere Zeit, dachte Aruula. Und wie mühelos sie sich verstehen! Kein Wunder: Maddrax hat neun Jahre in meiner Welt verbracht und sein ganzes Leben davor mit Menschen wie Jenny. Sie kennt, was er kennt – und sie besitzt etwas, das ich nie haben werde. Die Barbarin senkte den Kopf, und ihr Blick wurde traurig. Sein Kind.
    Einen Moment lang lauschte Aruula nach innen, gegen jede Vernunft. Und natürlich war da nichts – kein geistiges Rufen, keine Bewegung, kein Leben außer dem
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