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1354 - Höllenflucht

1354 - Höllenflucht

Titel: 1354 - Höllenflucht
Autoren: Jason Dark
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zu stolpern und erreichte den Waldrand.
    Jetzt sah sie den Mann besser. Sie befand sich in seinem Rücken, doch ihr Blickwinkel erfasste ihn auch von der Seite. Man hatte ihm beide Arme in die Höhe gerissen und seine zusammengelegten Hände um den stärksten Ast gebunden. Der Kopf war nach vorn gesunken. Der Mann starrte auf das Wasser, als läge darin seine letzte Rettung.
    Von den anderen war nichts zu hören, und genau darauf baute Evelyn. Sie hatte noch Zeit, sich um den Bedauernswerten zu kümmern. Allerdings wusste sie nicht, wie sie ihn befreien sollte. Der Ast war zwar dick und stark, aber sie würde sich nicht auf ihn legen können, ohne in Gefahr zu geraten, abzurutschen.
    Am Ufer blieb sie stehen. Der Mann schien etwas gehört zu haben, denn er drehte den Kopf.
    »He, Sie…«
    Der Mann stöhnte auf.
    Evelyn war so durcheinander, dass sie nur eine sehr naive Frage stellte: »Wie soll ich Sie befreien?«
    »Ich habe ein Messer.«
    »Wo?«
    »In meiner hinteren linken Hosentasche. Wenn sie da herankommen, ist alles klar.«
    »Gut.«
    »Aber sie müssen ins Wasser.«
    Das wusste Evelyn selbst. Ihr schauderte schon jetzt davor. Doch hier ging es um das Leben eines Menschen, und da zählte der kalte Schock des eisigen Wassers nicht.
    Evelyn raffte sich zusammen. »Keine Sorge«, sagte sie mit einer Stimme, die von mehreren Atemzügen unterbrochen wurde. »Ich schaffe es. Ich werde es tun, bevor die anderen Typen zurückkehren.«
    Die Stimme und auch die Handlungsweise der Frau hatten dem Templer wieder Mut gegeben. »Kennen Sie die Leute?«, fragte er mit leiser Stimme, der anzuhören war, dass ihm das Reden schwer fiel.
    »Nein, ich kenne sie nicht. Aber ich weiß, dass sie Mörder sind, denn sie haben meinen Freund getötet.«
    Godwin sagte nichts. Er wollte sich nicht über seine Lage beschweren. Wenn er ehrlich war, dann ging es der jungen Frau viel schlimmer, auch wenn er seine Beine kaum noch spürte. Sie schienen in dem kalten Wasser wirklich zu Eis geworden zu sein. Jedenfalls würde er kaum laufen können, wenn es der Fremden wirklich gelang, ihn aus seiner verdammten Lage zu befreien.
    Nach John wollte er gar nicht fragen. Es konnte sein, dass van Akkeren diesmal gewonnen hatte. Als er daran dachte, fing er an schwitzen, doch er wurde wenig später abgelenkt, als er hörte, wie die Frau ins Wasser stieg.
    Die typischen klatschenden Geräusche erreichten seine Ohren. Er drehte sich so gut wie möglich herum und schaffte etwa eine halbe Drehung. Die Frau war an einer etwas flacheren Stelle in das Gewässer gestiegen. Bestimmt kannte sie sich hier aus. Jetzt bewegte sie sich mit dem typischen Entengang auf Godwin zu, und sie hatte auch Glück, denn das Wasser wurde flacher.
    Bis sie einen Schritt vor Godwin einsackte, da sie tiefer in den See hineinmusste. Sie fing sich nicht mehr rasch genug und tauchte mit beiden Armen ein.
    Leise fluchend kam sie wieder hoch. Godwin konnte sich vorstellen, wie es ihr nach diesem unfreiwilligen Bad ging. Er wollte sie auch gar nicht zu sich kommen lassen, damit sie groß darüber nachdenken konnte, denn er sagte: »Das Messer findest du in der linken Hosentasche hinten.«
    »Ja, ja.« Sie bibberte und zitterte, aber sie machte weiter und schob sich näher an den Templer heran.
    Zum Glück war sie nicht so klein. Wenn sie die Arme reckte, würde sie die Stricke erreichen und durchschneiden können. Noch war sie zu nervös, aber sie hatte es geschafft, eine Hand in die Tasche zu stecken. Mit der anderen hielt sie sie offen.
    Godwin de Salier drehte den Kopf. Er wollte in Richtung Ruine schauen, denn nur von dort konnte die Gefahr kommen. Bisher war nichts zu sehen. Die Dunkelheit war einfach zu dicht, und er sah auch keinen noch so schwachen Lichtschein.
    Wie kalt das Wasser war, merkte Evelyn Ferrer erst jetzt. Es umschloss ihre Beine wie Eis, und sie hatte auch das Gefühl, dass ihr das Atmen schwerer fiel als sonst.
    Die Hand glitt ausgestreckt in die Tasche hinein. Ihre Fingerspitzen berührten das Messer, das sie allerdings so nicht richtig zu fassen bekam. Es lag einfach zu flach am Grund der Tasche. Um es richtig in die Hand nehmen zu können, musste sie es hochkant stellen, und das war nur mühsam zu schaffen.
    Aber es klappte.
    Als es zwischen ihren Fingern festklemmte, konnte sie nicht mehr an sich halten. Sie flüsterte mit hektischer Stimme: »Ich habe es…«
    »Gut, gut…«
    Zwar fror sie an den Beinen, nicht jedoch an den Händen. Und so konnte sie das
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