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1339 - Der Blutengel

1339 - Der Blutengel

Titel: 1339 - Der Blutengel
Autoren: Jason Dark
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tiefer Bewusstlosigkeit.« Er holte tief Atem. »Nun ja, das war dann nicht so. Das Kloster ist getroffen worden, und ich weiß, dass es nicht mehr den Anblick bietet wie früher.«
    »Da hast du leider Recht«, sagte ich. »Aber dein Refugium ist verschont geblieben. Justine und ich haben uns darin aufgehalten.«
    Seine Augen weiteten sich. »Justine Cavallo?«
    »Ja.«
    »Wie kamst du dazu?«
    Ich berichtete in Stichworten von dem, was wir erlebt hatten. Er hörte zu, aber er schaute mich nicht an, sondern Suko, und so ahnten wir, was ihm durch den Kopf ging.
    »Unsere Feinde sind einfach zu stark. Ich weiß nicht, ob wir dagegen ankommen. Ich weiß auch, was in der Nacht passiert ist, Suko, aber ich mache dir keinen Vorwurf. Es war nur so schrecklich für mich und ebenfalls unglaublich. Ich habe das alles nicht richtig mitbekommen. Ich wollte an einen Traum glauben, aber es war keiner. Ich erlebte die Wirklichkeit und ich spüre sie noch an meinem Hals. Aber ich an deiner Stelle hätte auch so gehandelt wie du, Suko.«
    »Danke.« Suko trat noch dichter an das Bett heran und drückte die Hände des Templers.
    Ich schwieg. Ich sah aber, was mein Freund durchmachte und wie erleichtert er war. Hoffentlich half ihm diese Geste, sein Schuldgefühl ein wenig abzustreifen.
    Godwin de Salier wechselte das Thema. »Es ist bestimmt nicht vorbei. Oder irre ich mich?«
    Ich gab ihm eine ehrliche Antwort. »Nein, Godwin, es ist noch nicht vorbei.«
    Er drehte sein Gesicht dem Fenster zu, durch dessen Viereck sich allmählich das Licht des anbrechenden Morgens in das Zimmer schlich. Die fernen Berge sah er nicht, aber es tat ihm gut, dass die Zeit der Dunkelheit vorbei war.
    »Und ich kann euch nicht helfen«, flüsterte er. »Dabei weiß ich nicht mal genau, was ich habe. Die Ärzte haben mir nur strenge Bettruhe verordnet. Ich fürchtete schon, nie mehr normal laufen zu können und für den Rest meines Lebens im Rollstuhl zu sitzen…«
    »Unsinn, das kriegen die Ärzte bei dir wieder hin. Sie werden dich noch beobachten wollen.«
    »Ich bekam Spritzen. Schmerzen habe ich keine. Nur sind einige Verbände um meinen Körper gewickelt. Aber ich will nicht klagen. Anderen Menschen geht es viel schlechter als mir. Aber was ist mit euch? Fliegt ihr wieder zurück nach London?«
    So etwas wie Furcht vor dem Alleinsein schimmerte in seinen Augen, und ich schüttelte den Kopf. Meine nächsten Worte beruhigten ihn hoffentlich ein wenig. »Nein, Godwin, wir werden noch hierbleiben.«
    »In Alet-les-Bains?«
    »Wie auch immer: Zuvor müssen wir allerdings noch mit unserem Chef sprechen.«
    »Das verstehe ich.« Godwin versuchte ein Lächeln. »Vieles«, flüsterte er, »vieles ist anders geworden. So ganz anders, das muss ich euch sagen. Ich habe nicht alles mitbekommen und liege auch jetzt hier fest, aber mit früher ist es nicht zu vergleichen, und wenn ich ehrlich sein soll, dann fürchte ich mich davor, zurück ins Kloster zu gehen. Es wird nicht mehr so aussehen, wie ich es noch in Erinnerung habe. Bitte, auch wenn ihr mir die gesamte Wahrheit nicht sagen wollt, aber ich denke, dass es so ist.«
    »Es stimmt leider, aber dein kleines Reich hat die Bombe nicht zerstören können.«
    Sein Blick verlor sich. »Was ist das schon, wenn ich dabei an die Menschen denke? An meine Mitbrüder. Es ist doch so verdammt schlimm. So heimtückisch.« Er schaute uns jetzt wieder an. »Ich weiß, dass es Tote gegeben hat.«
    Er wollte die Wahrheit wissen. Es gibt Augenblicke, da muss man sie einfach sagen. Da kann man sie nicht mehr zurückhalten, das würde einen Menschen nur verunsichern, und deshalb entschloss ich mich, ihn mit den Tatsachen zu konfrontieren. Alles andere hätte mir der Templerführer übel genommen.
    Ich ging sehr behutsam vor. Die Templer waren durch die verdammte Bombe dezimiert worden. Es hatte Verletzte gegeben und auch fünf Tote. Fünf Tote!
    Godwin de Salier hörte sich die Zahl an und war nicht in der Lage, eine Antwort zu geben. Er schaute mich an, aber zugleich blickte er ins Leere. Seine Lippen zuckten. Er schluckte. Die Nachricht hatte ihn erschüttert. Er schrie nicht. Er stöhnte nicht, er lag einfach nur still und starr in seinem Bett. Dabei standen seine Augen weit offen, und wir sahen, dass sie den Glanz verloren. Etwas schob sich in die Klarheit hinein und trübte sie.
    Godwin de Salier weinte um seine Freunde. Es war ein stilles Weinen, verbunden mit einem Zucken und Schlucken. Dieser Mensch trauerte wirklich.
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