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1335 - Die Verlorenen Geschenke der Hesperiden

Titel: 1335 - Die Verlorenen Geschenke der Hesperiden
Autoren: Unbekannt
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ihm das Geschenk der Hesperiden von Muun.
     
    *
     
    Da ging der Vater der Adoption. Die Blues rührten sich nicht, sie wandten keine Köpfe und reckten keine Hälse. Sie standen und beobachteten, musterten ihn mit ihrem vorderen Augenpaar, bis er an ihnen vorbeigegangen war, und verfolgten seinen Weg mit dem hinteren Augenpaar, bis er irgendwo um eine Gebäudeecke verschwunden war.
    Der Vater der Adoption tat, als merke er nichts. Scheinbar in Gedanken versunken schritt er dahin, den Schlauch um den Leib gewunden, und der Schlauch rührte sich ab und zu, zog sich zusammen oder dehnte sich aus.
    Irgendwo lachte ein Halbwüchsiger, als er erkannte, daß Schlauch und Kopf dieselbe Schattierung besaßen, ein rosagrünes Streifenmuster quer zur Bewegungsrichtung. Mit einem solchen Muster hätte der Blue nie Regierungsmitglied werden können, und jetzt schon gar nicht, wo sich die Krisenregierung ernsthaft Gedanken über die Einsetzung eines Sonderbeauftragten mit diktatorischen Vollmachten hingab.
    Der Blue, dem die Aufmerksamkeit seiner Artgenossen galt, hatte auch nichts dergleichen im Sinn. Vater der Adoption nannten sie ihn, und manchmal munkelten die Bewohner von Yrtüfy-Nord, daß er kindersüchtig aus Langeweile war, daß er so viele Kinder adoptierte, weil er sich davon einen gesicherten Lebensabend versprach.
    Weit gefehlt, denn der Vater der zweiundsiebzig elternlosen Kinder war ein gutgestellter Pensionär. Er machte einen durchaus unverbrauchten Eindruck, und es war sicher, daß er sich im Lauf seines Lebens keinen Hals abgeknickt hatte.
    Der Vater der Adoption hieß Trüliit. Er war Hanse-Spezialist gewesen, lebte jetzt als Privatier und ging all seinen Neigungen nach, für die er früher keine Zeit gehabt hatte. Trüliit war noch nicht alt, gemessen am durchschnittlichen Rentenalter eines Blues. Er war beim Staat gewesen. Von dort war er abgerufen worden. Die Hanse hatte ihn als Spezialisten angeheuert, und nach seinem Strahlenunfall war er reumütig auf die Welt seiner Väter zurückgekehrt, um von nun an als guter Blue und verantwortungsvoller Bürger auf Gatas zu leben. Aus Yrtüfy-Nord war Trüliit nicht mehr wegzudenken, und der Grund seiner Kindersucht war ein völlig natürlicher, über den er selbstverständlich nie sprach.
    Er war durch den Unfall zeugungsunfähig geworden, allerdings nicht impotent. Sein Samen war nicht mehr befruchtungsfähig, und die besten Mediziner der Hanse hatten ihn als hoffnungslosen Fall nach Hause geschickt, wo sich die Blues von den Folgen der Vergangenheit erholten. Zum guten Glück hatten sie in der Phase des Evolutionssprungs nach der Aktivierung des Chronofossils alles andere zu tun gehabt, als auf einen Einzelfall wie ihn zu achten.
    Trüliit hatte ein großes, palastähnliches Gebäude am Rand des städtischen Binnensees Laertüfy gekauft, eine Mauer um das riesige Parkgelände gezogen und alsbald mit der Einrichtung von fünfzig kleinen Spielarealen begonnen. Er hatte sich an die städtische Verwaltung gewandt und an das Waisenhaus von Brynü am großen Raumhafen Bleichstriit.
    Von nun an adoptierte Trüliit auf Schreckwurm komm raus. Er nahm erst fünf, dann zehn elternlose Kinder auf. Entsprechend der sozialen Verhältnisse auf Gatas gab es in der Neuzeit viele Familien, die ihren Nachwuchs gemeinsam aufzogen, jedoch nicht für einen ewig großen Schwarm von Kindern sorgen wollten, während früher, als die Mütter allein für die Kinder verantwortlich gewesen waren, ein solcher Fall zu einer empfindlichen Strafe für den Elternteil geführt hätte, der sich so verantwortungslos zeigte.
    Ursache des ganzen Problems war nach wie vor die ungebrochene Gebärfreudigkeit weiblicher Blues. Sie waren keine Eierleger, wie die religiösen Begriffe wie Eireife, Nestwärme und Nestbeschmutzer vermuten ließen. Blues stammten von Säugetieren ab, und eine Bluesfrau brachte pro Geburt im Durchschnitt sechs bis acht Nachkommen zur Welt, und das nach einer Schwangerschaftszeit von drei guten, warmen gatasischen Monaten.
    Es war kein Wunder, daß etwa auf Zülüt längst die Konsequenzen aus dieser Entwicklung gezogen worden waren, indem man die Frauen in klösterlichen Siedlungen im Polgebirge unterbrachte und für die zeugungslustigen Männer einen Wettkampf veranstaltete, bei dem immer nur einer gewinnen und ans Ziel seiner geheimen Wünsche gelangen konnte.
    Auf Gatas schwor man mehr auf zuverlässige Mittel wie bunte Pillen, doch gab es da noch größere Probleme.
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