1313 - Die Kolonisten von Lao-Sinh
ist das?" fragte sie schließlich.
„Ein Götze der Ewigen Krieger", behauptete Jaga-Sha. „Ich habe die Statue aus dem Dashid-Raum der Upanishad gestohlen."
„Was hat eine solche Statue in einer Upanishad zu suchen?" fragte Dao-Lin verwundert.
„Was macht man dort mit ihr?"
„Ich habe doch schon gesagt, daß es sich um einen Götzen handelt. Man verehrt dieses ... Ding. Den Grund dafür habe ich noch nicht herausgefunden."
Dao-Lin erholte sich allmählich von ihrer Überraschung.
„Weiß man in der Upanishad, daß du der Dieb bist?" fragte sie.
„Man weiß, daß es einen Dieb gibt, aber ich glaube nicht, daß sie jetzt schon wissen, wer das Ding gestohlen hat. Ich war sehr vorsichtig, das kannst du mir glauben. Wenn man mich bei diesem Diebstahl erwischt hätte..."
„Wir nehmen es mit", fiel Dao-Lin ihm ins Wort.
Sie drehte sich um und winkte den anderen hastig zu.
„Wir laden es ein!" rief sie. „Beeilt euch!"
Sie rannten hastig davon. Jaga-Sha kehrte in die Steuerkabine der Plattform zurück und dirigierte sie dicht an das Raumschiff heran. Die Lastenschleuse öffnete sich - und dann tauchte das andere Raumschiff auf.
Dao-Lin brauchte nur den Bruchteil einer Sekunde, um zu begreifen, daß sie keine Chance hatten. Das fremde Schiff war größer als die umgebaute Planetenfähre, ganz abgesehen davon, daß es besser bewaffnet war und offensichtlich eine äußerst aufgebrachte Besatzung an Bord hatte. Es eröffnete schon von weitem das Feuer, und es war so schnell heran, daß den Kartanin keine Zeit blieb, sich auf den Angriff vorzubereiten.
„Zurück!" schrie Dao-Lin.
Sie war bereits in der Schleuse, als hinter ihr die Steuerkabine der Plattform in einem Funkenregen zerbarst. Ein furchtbarer Lärm brach los, ein Krachen und Fauchen und ein schmetterndes Krachen. Der Boden unter ihren Füßen hob sich und schleuderte sie in das Innere des Raumschiffs hinein. Jemand rannte an ihr vorbei. Sie vernahm entsetzliche Schreie, aber sie spürte sie mehr in ihrem Geist, als daß sie sie wirklich hörte.
Dann war es plötzlich still um sie her. Das Licht erlosch, und der Andruck preßte sie so heftig zu Boden, daß sie fast das Bewußtsein verlor.
Mühsam stemmte sie sich hoch. Die Notbeleuchtung schaltete sich ein. Im schwachen Dämmerschein sah sie Jaga-Sha, der an der Wand lag, mit verrenkten, blutenden Gliedern, wie eine zerbrochene Puppe.
Sie taumelte zum inneren Schleusenschott, schlug auf den Alarmknopf und ließ sich dann neben Jaga-Sha zu Boden fallen.
„Das waren die Elfahder", sagte er mit erstaunlich klarer Stimme. „Sie haben ihn zurückgeholt."
Es waren seine letzten Worte. Wenige Sekunden später starb er.
Das ganze Unternehmen kostete die Kartanin vier Todesopfer und mehrere Verletzte, darunter auch Dao-Lin selbst. Sie zerbrach sich noch oft den Kopf darüber, ob es das wert gewesen war.
Sie hatten erfahren, daß man in der Upanishad eine Statue verehrte, die dem Standbild eines Kartanen äußerst ähnlich sah - das war alles. Vielleicht war es eine wichtige Information. Vielleicht würde es ihnen irgendwann gelingen, mehr darüber herauszufinden. Aber im Augenblick war Dao-Lin lediglich froh darüber, daß es nicht noch mehr Tote gegeben hatte.
Außer Jaga-Sha hatten sich keine Kartanin auf Stago aufgehalten, und die schickte auch niemanden mehr auf diesen Planeten. Es gab genügend andere Kriegerwelten, auf denen die Kartanin bis dahin weniger aufgefallen waren. Einige von Jaga-Shas Schülern bemühten sich intensiv, mehr über die Elfahder und ihr Verhältnis zu der seltsamen Statue herauszufinden, aber sie hatten wenig Erfolg.
8.
Die SANAA hatte den größten Teil der Reise hinter sich. Ardustaar war nur noch eine Million Lichtjahre entfernt. Das Schiff legte einen letzten Orientierungsstopp ein, und die Techniker machten sich daran, das Triebwerk noch einmal zu prüfen und die Schäden auszubessern, damit das Schiff nicht so kurz vor dem Ziel versagte. Dao-Lin konnte ihnen dabei herzlich wenig helfen. Sie kannten die SANAA durch und durch, und es war nie Dao-Lins Aufgabe gewesen, sich mit Reparaturaufgaben zu befassen.
Aber die Erinnerung an die Statue von Stago und an Jaga-Shas Tod hatten sie aufgewühlt, und sie zog es vor, sich für einige Zeit der Gegenwart zuzuwenden, anstatt noch weiter in der Vergangenheit herumzuwühlen.
Sie war verunsichert und deprimiert. Die lange Reise war schon schlimm genug gewesen, als LAO-SINH als leuchtendes Ziel vor ihr stand.
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