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1311 - Die Teufelszunge

1311 - Die Teufelszunge

Titel: 1311 - Die Teufelszunge
Autoren: Jason Dark
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und sprach dabei mit leiser Stimme.
    »Ich kenne deine Heimat nicht.«
    »Sie war mal hier.«
    »Und jetzt?«
    »Ist sie woanders.«
    Walter überlegte. Er wollte etwas sagen, fand jedoch nicht die richtigen Worte. Nach wie vor schaute er ins Leere oder auf seine Trompete, die er noch immer festhielt.
    »Weit weg?«, fragte er schließlich.
    »Ja, sehr. Kein Mensch kommt dorthin, aber ich habe den Weg anders herum geschafft. Ich kenne dich, ich weiß, wie man dich nennt, und das hat bei mir den Ausschlag gegeben.«
    »Das verstehe ich nicht. Wieso hat mein Name den Ausschlag gegeben? Was hat ein Walter Shols damit zu tun?«
    »Nicht der Walter Shols.«
    »Sondern?«
    Sie beugte ihren Kopf etwas vor. Um den Mund herum entstand ein Lächeln. »Die Teufelszunge, Walter. So hat man dich genannt oder nennt man dich noch. Verstehst du jetzt…?«
    Er wollte nachdenken, es fiel ihm schwer. Die Gedanken brauchten freie Bahnen, die sie nicht hatten, und so murmelte er vor sich hin. »Das ist doch nur ein Name. Nicht mehr und nicht weniger. Man darf darauf nichts geben.«
    »Ich sehe es anders.«
    »Nein, ich habe nichts mit dem Teufel zu tun.«
    »Du nicht…«
    Shols brauchte eine Weile, um diese Antwort zu begreifen. Er kämpfte zudem gegen den Druck an, der nicht nur in seinem Kopf steckte, sondern den gesamten Körper erfasst hielt. Er wusste, dass dieser Name nichts mit dem Teufel zu tun hatte, aber eine andere Person dachte darüber schon anders. Und er hatte ihr gehorcht. Er hatte genau getan, was sie wollte. Er hatte seiner Trompete Melodien und Töne entlockt, die er selbst nicht gekannt hatte. Als er jetzt anfing, über die letzten Minuten nachzudenken, da merkte er, dass sich in seinem Kopf ein Loch gebildet hatte. Es gab eine Lücke, in der keine Erinnerung mehr vorhanden war. Umso verzweifelter wirkte sein Schulterzucken.
    »Bitte, was ist denn das alles? Was soll das bedeuten?«
    »Viel, mein Freund, sehr viel. Du hast es geschafft, mir meine Heimat herzuholen.« Er riss den Mund auf. »Äh… ich …?«
    »Ja.«
    »Wieso denn?«
    »Durch dein Spiel. Durch die Melodien, die ich dir eingegeben habe. Schau dir die Menschen an wie sie hier sitzen. Sie bewegen sich nicht mehr. Du hast sie durch deine Kunst in deinen Bann gezogen. Ich kann sie erreichen. Sie werden alles tun, was ich ihnen sage, denn jetzt ist wieder alles so, wie es schon mal gewesen ist.«
    Shols kam sich vor wie ein Büßer, der genau wusste, dass er etwas Schlimmes getan hatte, es aber nicht begriff.
    »Wo ist deine Welt?«, flüsterte er. »Wir sind hier in einer Halle. Ich habe hier meinen Auftritt gehabt. Menschen sind gekommen, um mich zu hören.«
    »Ja, sie sind da. Schau hin. Sieh sie dir alle an. Sie sitzen auf ihren Plätzen…«
    Shols drehte sich langsam in seinem Sessel herum. Dabei erhaschte er einen Blick auf seine Frau – und hielt in der Bewegung inne.
    Was er sah, war grauenhaft. Es war unerklärlich. Ihm fehlten die Worte. Er konnte auch nicht denken. Eine Szene aus dem schlimmsten Horrorfilm konnte nicht grausamer sein.
    Charlotte sah nicht mehr aus wie seine Frau. Sie war zu einem grünlich schimmernden Skelett geworden…
    ***
    Klaus, der Knipser, saß auf dem Boden. Es wunderte ihn, dass er noch in der Lage war, seine Kamera zu halten. Der Monitor zeigte ihm genau das, was er fotografiert hatte.
    Nur war das nicht die Nackte.
    Es war ein Skelett!
    Grünliche Knochen. Ein grünlicher Schädel mit nicht leeren Augenhöhlen, denn dort hatte sich eine ebenfalls grünliche und leicht durchsichtige Masse zusammengeballt, die ihn an einen weichen Pudding erinnerte.
    Der Fotograf redete nicht mehr. Er fühlte sich wie in einen Kübel mit Eis gesteckt. Er schaute nach vorn, doch auf dem Podium stand diese nackte Person. Sie war kein Skelett, doch hier auf dem Bildschirm zeigte es sich anders.
    Er hörte sich stöhnen und atmen. Nach einer Weile sank die Hand mit der Kamera nach unten. An seinem Ohr entlang fuhr ein Atemstoß, der ihn zwang, seinen Kopf zu drehen.
    Hinter ihm stand tief gebückt Hank Gray, der Rentner. Er hatte ebenfalls das Unwahrscheinliche gesehen. Den Mund hatte er nicht mehr geschlossen. Er konnte es auch nicht. Er blieb offen. Das Entsetzen las Klaus in seinem Blick.
    »Hast du es auch gesehen?«
    Hank Gray nickte. Dann deutete er mit seinem zittrigen rechten Zeigefinger auf das Bild. »Das… das … kannst du nicht fotografiert haben. Ich glaube es nicht.«
    »Meine Kamera lügt nicht.«
    »Aber da vorn auf
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