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1300 - Die Templerin

1300 - Die Templerin

Titel: 1300 - Die Templerin
Autoren: Jason Dark
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anschauen zu können, senkte sich eine tiefe Stille über den Platz vor dem Nonnenkloster…
    ***
    Niemand wagte zu atmen. Keiner sagte ein Wort. Die Menschen hielten den Atem an. Dabei spielte es keine Rolle, auf welch einer Seite sie standen. Ob sie zu den frommen Frauen gehörten oder als Freunde Lorenzos und Soldaten das Becken umstanden. So etwas hatten sie noch nie erlebt, und auch Lorenzo war völlig fertig. Für ihn war eine Welt zusammengebrochen. Den Mund hatte er nicht mehr geschlossen. Es lief Speichel aus seinem rechten Winkel, der wie ein dünner und leicht glänzender Bach nach unten sickerte.
    Die Nackte stand in den glühenden Kohlen wie ein Statue. Das Feuer hatte ihren Körper mit einem rötlichen Schein überzogen, der über ihre Brüste hinweg bis zum Hals reichte und seinen Widerschein auf ihre dunklen Haare warf.
    Sie bewegte sich. Mit den Handflächen strich sie über ihren Oberkörper hinweg, als wollte sie den starren Gaffern zeigen, dass sie noch vorhanden war.
    Sie drehte den Kopf von einer Seite zur anderen. Die Augen wurden größer. Sie saugte die Luft ein, die für sie nicht heiß war, im Gegensatz zu den anderen. Nonnen und Soldaten waren mit ihrem Latein am Ende. Alle Anwesenden spürten, dass sie hier etwas erlebten, das nicht mehr in ihre Welt hineinpasste. Hier reagierte eine andere Macht, und die konnte nur aus den tiefsten Tiefen der Hölle geschickt worden sein.
    Ein Lachen gellte auf!
    Es war grauenhaft. Kein menschliches Gelächter mehr, obwohl es aus dem Mund eines Menschen strömte. Ein böser, grausamer Klang fegte in die Nacht hinein. Es war nicht festzustellen, ob ein Mann oder eine Frau das Gelächter ausstieß. Im Innern des Körpers schien ein Tier zu stecken oder ein böser, grausamer Geist, der dafür sorgte, dass allen ein Schauer nach dem anderen über den Rücken rann.
    Das Lachen war schlimm. Es fegte gegen den dunklen Himmel, es schien aus jedem Kohlestück zu dringen, und es brachte einen Schwur und ein Versprechen mit.
    Rache!
    Lorenzo glotzte nur. Dass ihm der Schweiß in Strömen am Gesicht entlanglief, merkte er nicht. Seine Welt war zusammengebrochen. Sie hatte aus Hass, aus Mord und Folter bestanden, aber das war nicht alles, denn eine zweite hatte sich hineingeschlichen.
    Es war die Welt des Bösen. Der Teufel hatte eine Dienerin geschickt, die nicht zu töten war. Wieder liefen die Bilder der Folter vor seinem geistigen Auge ab. Und er dachte daran, wie schnell sich die Ketzerin von ihren Wunden erholt hatte. Unwahrscheinliches Heilfleisch hatte die Wunden zusammenwachsen lassen, und der Körper sah aus, wie von einem Künstler auf die Leinwand gebracht.
    Einige Flammen huschten an den Waden hoch. Keine Stelle auf der Haut zeigte einen Brandflecken. Nichts verschmorte. Die Füße blieben heil, und aus dem Hintergrund erklang eine Frauenstimme, die sich flach und leise wie der Ton der Totenglocke anhörte.
    »Sie brennt nicht. Sie brennt nicht…«
    Lorenzo wusste nicht, was er unternehmen sollte. Er war wie vor den Kopf geschlagen. Er sah das Bild der im Feuer stehenden Frau, und er sah es trotzdem nicht. Etwas schwamm durch seinen Kopf.
    Etwas drang auf ihn zu, das er nicht erklären konnte und das ihm eine irrsinnige Angst einjagte. Er hielt den Atem an. Die Hitze wehte wie ein Schleier auch weiterhin gegen ihn. Er konnte ihr nichts entgegensetzen. Auf der Stirn hatte sich längst der Schweiß zu einer immer dickeren Schicht gesammelt. Das Salz darin biss in seine Haut, und dann verfolgte er mit starren Blicken, wie Konstanza ihm die rechte Hand entgegenstreckte. Der Arm wurde immer länger, und er konnte es kaum glauben.
    Aber die Geste war eindeutig.
    Sie wollte ihn. Ihn ganz allein. Sie wollte ihn ins Feuer ziehen…
    Er sah wieder das Lächeln. Den verfluchten Glanz in ihren Augen. Das Wissen um das, was geschehen könnte und geschehen sollte. Sie war in das Becken gestiegen und jetzt…
    »Komm, Folterknecht!«, zischelte sie ihm zu. Allerdings so laut, dass es die umstehenden Zuschauer hören konnten.
    Sie taten nichts.
    Sie waren starr.
    Niemand half, obwohl sie alle verstanden hatten, was nun geschehen würde.
    Lorenzo konnte sich nicht von der Stelle bewegen. Die grausame Hitze waberte ihm entgegen, doch in seinem Innern war es eisig kalt. Frost hatte sich auf seine Gelenke gelegt. Er wollte und konnte nicht, aber er schüttelte den Kopf.
    Es war die einzige Bewegung, die ihm noch gelang. Das Schütteln des Kopfes.
    »Was ist los,
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