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1285 - Das Spiel des Lebens

Titel: 1285 - Das Spiel des Lebens
Autoren: Unbekannt
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du die Wahrheit bei Helligkeit leichter ertragen als im Dunkeln?"
    „Du bist übergeschnappt!" donnerte Reginald Bull. „Du sprichst nicht für die terranischen Shana. Du hüllst dich in Finsternis, weil ich dir sonst den Wahnsinn am Gesicht ablesen könnte."
    „Armer Mann", sagte die Stimme mitfühlend. „Dabei bist du es, dessen Verstand durcheinandergeraten ist."
    „Licht!" schrie Bull. „Mach Licht!"
    Lampen flammten auf. Es war nicht die grelle, blauweiße Helligkeit, die ihm zuvor in den Augen gebrannt hatte, sondern ein weiches, gelbes Licht. Es lag auch nicht mehr der Korridor vor ihm, den er vom Antigravschacht aus entlanggeschritten war, sondern ein runder Raum mit niedriger Decke. Das machen sie mit ihren psionischen Tricks, dachte er grimmig.
    Im Halbkreis standen sie vor ihm: achtundvierzig Männer und Frauen, die Überlebenden der Besatzung zweier Tsunamis. Sie trugen die Shant-Kombination der Upanishas-Schüler. Sie sahen ihn an, und ihre Blicke waren kalt, teilnahmslos. Er musterte sie einen nach dem ändern. Vier oder fünf waren darunter, die er kannte. Er wußte ihre Namen nicht mehr, aber er erinnerte sich daran, daß er ihnen begegnet war. Er durchquerte die Rundung des Raumes. Vor einem von denen, an die er sich erinnerte, blieb er stehen.
    „Hat er für alle gesprochen?" fragte er. „Habt ihr gehört, was er sagte?"
    Der Mann nickte.
    „Wir haben es gehört. Wir waren hier, während er sprach. Seine Gedanken sind die unseren."
    „Ihr wollt nicht zurück in die Heimat?" brachte Bull ungläubig hervor.
    „Unsere Heimat gibt es nicht", antwortete der Mann, der einst auf einem terranischen Raumschiff vom Typ Tsunami Dienst getan hatte. „Wir sind Soldaten des Ewigen Kriegers. Wir sind dort, wo Ijarkor uns hinbeordert. Unser Leben ist dem Kampf, dem Gehorsam und der Ehre gewidmet. Das mußt du verstehen, Reginald Bull, auch wenn dein Verstand in Unordnung geraten ist."
    Da wußte der, den sie früher den Dicken genannt hatten, daß seine Idee falsch gewesen war. Daß er einem Hirngespinst nachgejagt war. Er wußte mit einemmal, was er übersehen hatte.
    Das Kodexgas. Sie hatten soviel von dem eingeatmet, was unter den Lehrern und Schülern der Upanishada der Atem Estartus genannt wurde, daß sie nicht mehr Herr ihres Willens waren. Die hypnotische Wirkung des Gases hatte ihnen den Glauben an die fehlerlose Weisheit der Lehre vom Permanenten Konflikt aufgezwungen. Sie konnten nicht anders: Sie mußten an ihre Berufung zu Vasallen des Ewigen Kriegers glauben.
    Daran hätte er denken müssen. Man absolvierte nicht die dritte Stufe der Upanishad-Ausbildung, ohne mit Kodexgas vollgepumpt zu werden. Er wußte aus eigener Erfahrung, wie das Gas auf das Bewußtsein und die Vernunft des Menschen wirkte. Tagelang hatte er damals, auf Cloreon, sich selbst als Krieger gefühlt.
    Eine Hoffnung blieb noch. Wenn es Irmina Kotschistowa gelang, ausreichende Mengen des Antiserums herzustellen, konnte diesen Menschen geholfen werden. Aber was die gegenwärtige Situation anbelangte, so hatte er versagt.
    „Also gut", sagte er. „Ich habe mich getäuscht. Ihr seid an Rettung und Heimkehr nicht interessiert. Bleibt mir nur, mich still zurückzuziehen und zu hoffen, daß mich eure Kumpane nicht erwischen."
    Er wollte sich abwenden, aber mitten in der Bewegung sah er aus den Augenwinkeln das Kopfschütteln des Mannes, mit dem er gesprochen hatte. Erfuhr wieder herum.
    „Was, du bist anderer Meinung?" fragte er.
    „Du hast das Gesetz gebrochen", antwortete der Mann. „Du bist gegen jedermanns Willen in die Upanishad eingedrungen. Deine Begleiter haben Schaden angerichtet. Du mußt bestraft werden."
    Reginald Bulls Augen wurden weit vor Staunen.
    „Von euch?" fragte er.
    „Nicht von uns. Der Panish Panisha wird entscheiden, was mit dir zu geschehen hat. Du bist überdies des Kodex-Frevels beschuldigt. Du besaßest einst die Faust des Kriegers, hast dich ihrer jedoch in frivoler Weise entledigt. Auch das verlangt nach Sühne."
    Reginald Bulls Hand schob sich unwillkürlich auf den Griff der Waffe zu, die er im Gürtel trug. Der Zorn loderte in seinem Herzen. Im letzten Augenblick besann er sich. Es war sein Vorsatz gewesen, auf den Gebrauch der Waffe zu verzichten. Die Gründe, die dafür maßgebend gewesen waren, galten auch jetzt noch.
    Er hätte fliehen können. Vielleicht wäre es wenigstens einen Versuch wert gewesen. Er besaß einen leistungsfähigen Antigrav und einen Schirmfeldgenerator. Aber er
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