Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1285 - Das Spiel des Lebens

Titel: 1285 - Das Spiel des Lebens
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
antwortete ich mit einer Gegenfrage. „Bleibt sie irgendwo zurück? Werden wir umgekleidet? Oder erliegen wir lediglich einer Halluzination und halten eine Virenmontur für das Wams des Ritters von der traurigen Gestalt? Im letzteren Fall möchte ich irgendwo in die Tasche greifen und einen Zettel herausziehen können, auf dem steht: Ich bin Roi Danton."
    Tekener wiegte den Kopf.
    „Bin nicht sicher, ob dir das helfen würde", meinte er. „Wahrscheinlich könntest du nicht einmal die Schrift entziffern. Wenn es dir doch gelänge, wüßtest du mit dem Namen Roi Danton nichts anzufangen. Und wenn sie dich wirklich in die Zeit des Windmühlenritters zurückversetzen, könntest du gar das Material der Folie für Hexenwerk halten und dich selbst bei der Heiligen Inquisition anzeigen."
    „Du bist ein Pessimist", tadelte ich. „Du experimentierst nicht, weil du von jedem Experiment im vorhinein überzeugt bist, daß es mißlingen wird."
    „Ich bin ein Pessimist", bestätigte er. „Im Augenblick bin ich ein hungriger Pessimist. Wie wär's mit etwas zu essen?"
    Ich hatte nichts dagegen einzuwenden.
     
    *
     
    Veedro und Tomkan, die beiden Unparteiischen, die uns für die Zeit zwischen den einzelnen Phasen des Spiels des Lebens als Betreuer zugeteilt waren, hatten sich in letzter Zeit mit unserer Unterbringung erfreuliche Mühe gegeben. Das hing ohne Zweifel damit zusammen, daß wir bereits drei Vorspiele gewonnen hatten und damit als Teilnehmer des Hauptspiels feststanden. Wir merkten es am Verhalten der Unparteiischen. Hatten sie uns anfangs noch trotz der Kriegerfäuste, die wir am Gürtel trugen, als Quasi-Gleichgestellte behandelt, so war ihr Benehmen nach jedem gewonnenen Vorspiel achtungsvoller geworden. Sie erfüllten uns jeden Wunsch, soweit es in ihrer Macht lag, beantworteten Fragen mit erstaunlicher Aufrichtigkeit und gaben auch schon mal von sich aus Informationen preis.
    So erfuhren wir zum Beispiel, daß sie im Lager der Wettlustigen die Chancen unseres geheimnisvollen Endspiel-Gegners nur noch halb so hoch bewerteten wie vor einigen Tagen. 15 zu 1 hatte man anfangs auf den Unbekannten gesetzt. Jetzt waren es noch knapp 8 zu 1. Tomkan hatte uns mit kräftigem Singsang und eindrucksvollem Gebärdenspiel - er hatte eine Art, mit den bunten Organtrauben zu beiden Seiten seines Schädels zu wackeln, die einem den Atem verschlug - zu verstehen gegeben, daß er und Veedro eine nicht unerhebliche Summe auf unseren Sieg gesetzt hätten.
    Wir wurden nicht mehr auf kahlen Felsplatten abgesetzt, um dort auf den Beginn der nächsten Spielphase zu warten. Man brachte uns in Gasthäusern unter, die eigens für diesen Zweck von den Planform-Architekten errichtet worden waren. Die übrigen Bewohner unseres Hotels waren ebenfalls Gewinner mehrerer Vorspielphasen. Ob sich unser geheimnisvoller Gegner darunter befand, konnten Ron und ich nicht entscheiden.
    Auf jeden Fall bewohnten wir zwei geräumige Suiten in einer vornehmen Absteige, die sich die Halle der Sieger nannte. Wenn wir Hunger verspürten, brauchten wir dies nur verlauten zu lassen. Der unsichtbare Audioservo sorgte dafür, daß uns das Gewünschte gebracht wurde.
    So hatten wir es auch diesmal getan, und nach etwa einer Viertelstunde erschien ein Roboter mit den Komponenten eines auserlesenen Mahls, das er uns alsbald auf tafelte.
    Die Ophaler buken ein Brot, dessen Duft mir sämtliches Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. Ich hatte ein solches bestellt und war soeben im Begriff, ihm mit einem Messer zu Leibe zu rücken, als jemand in Sothalk sagte: „Mach das nur vorsichtig, sonst kommt mir mein Haarschmuck abhanden."
    Ich erstarrte mitten in der Bewegung. Ronald dagegen kaute gemächlich weiter und bemerkte in der für ihn typischen trockenen Art: „Sieht man auch nicht alle Tage: einen sprechenden Brotlaib."
    „Nun schneid schon", sagte eine helle, quengelige Stimme. „Ganz vorne am Anfang."
    Ich tat, wie mir geheißen war, und säbelte die ersten zehn Zentimeter des Brotes ab. Die noch warme Brotmasse geriet sofort in Bewegung. Es entstand eine Öffnung, und aus der Öffnung lugte ein winziges Gesicht mit zwei hellwachen, schwarzen Knopfaugen und einer weit nach vorne ausladenden, schnauzenförmigen Mundpartie. Die Schnauze erinnerte an einen kurzen Rüssel. In der Tat hatte der Schädel des Fremdwesens mit nichts mehr Ähnlichkeit als mit dem eines terranischen Miniaturschweins.
    Ronald Tekener hatte wahrscheinlich ähnliche Gedanken. Er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher