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1280 - Der Engel und sein Henker

1280 - Der Engel und sein Henker

Titel: 1280 - Der Engel und sein Henker
Autoren: Jason Dark
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Position standen. Demnach besaß dieser Stromausfall keine natürliche Ursache. Hier waren andere Energien am Werk gewesen, und ich fragte mich, ob mein Kreuz daran die Schuld trug oder nur der Henker.
    Es war jetzt unwichtig. Jedenfalls hatten wir keinen Strom, und das ärgerte mich.
    »Also doch die Kerzen«, sagte Lavinia, als ich das Bild wieder an seinen Platz hängte.
    »Sieht so aus. Soll ich Ihnen meine Lampe geben?«
    »Nein, ich finde mich in meiner eigenen Wohnung schon zurecht.« Sie ging auf die Tür eines Wandschranks zu und zog sie auf. Für mich war die Frau momentan ziemlich hilflos. Sie konnte sich auch nicht mehr auf ihren Schutzengel verlassen, doch ich fragte mich immer wieder, was sie mit diesem Henker verband.
    Es musste einfach irgendwo eine Verbindung geben. Für mich gab es keine andere Lösung. Und die würde ich möglicherweise in der Vergangenheit finden, und zwar in einer Zeit, in der Lavinia Kent so wie heute noch nicht gelebt hatte.
    Mittlerweile hatte sie die Kerzen gefunden. Sie hielt sie in der linken Hand, drehte sich um und fragte, wohin wir gehen sollten.
    »Wieder zurück ins Wohnzimmer, denke ich.«
    »Ja, gut.«
    Ich ging vor. Es gab kein normales Licht mehr, es existierten fast nur noch die Schatten, die sich auf dem Boden ausgebreitet hatten oder als dunkle Wesen in den Ecken hockten, als warteten sie darauf, aus ihnen hervorspringen und irgendwelche Feinde angreifen zu können.
    Das passierte nicht. Lavinia folgte mir. Es gab auch Kerzenständer, die sie holte und fünf bleiche Stäbe darin verteilte. Ein Feuerzeug trug ich auch als Nichtraucher bei mir. Ich zündete die Dochte an, und Lavinia stellte die Kerzen so im Zimmer auf, dass für ein Mindestmaß an Helligkeit gesorgt war und wir nicht in einer dunklen Bude hocken mussten. Auch auf dem Tisch stand eine Kerze, deren Lichtschein auch noch gegen die halb gefüllte Weinflasche fiel und auf ihrer Glashaut blitzende Reflexe hinterließ.
    »Geht es Ihnen jetzt besser?« fragte ich.
    Lavinia lachte. »Wollen Sie mir Mut machen?«
    »Auch das, wenn es sein muss.«
    »Nun ja, ich fange allmählich damit an, mich an gewisse Dinge zu gewöhnen.«
    »Das ist gut.«
    »Meinen Sie?« Lavinia veränderte den Standort einiger Kerzen und blieb dann am Fenster stehen.
    »Man muss sich immer auf bestimmte Situationen einstellen. Aber das brauche ich Ihnen ja nicht zu sagen. Sie sind ausgebildete Psychologin und haben es mit den unterschiedlichsten Patienten zu tun. Da erleben Sie immer wieder neue Situationen, denen man sich stellen muss.«
    »Das stimmt. Der heutige Tag ist schließlich das beste Beispiel dafür.«
    Bisher hatte sie nicht aus dem Fenster geschaut. Das änderte sich jetzt. Sie drehte mir den Rücken zu und blickte durch die große Scheibe in den Garten.
    Mittlerweile kannte ich mich mit der Wohnungslage aus. Ich wusste, dass der Blick der Frau auf die Garagen an der Seite fallen würde. Viel gab es dort sicherlich nicht zu sehen, aber sie blieb stehen und konnte sich nicht lösen.
    »Sehen Sie was?«
    »Weiß nicht…«
    »Wieso?«
    Lavinia hob die Schultern und drehte sich dabei nicht um. »Ich kann es nicht genau sagen, aber ich glaube, eine Gestalt gesehen zu haben.«
    »Haben Sie etwas mehr erkannt?«
    »Nein.«
    »Also kein anderer Hausbewohner?«
    »Ich denke nicht.«
    »Der Henker etwa?«
    Sie hatte den Satz sicherlich nicht aussprechen wollen. Jetzt zuckte sie zusammen, als sie ihn hörte.
    »War er es?«
    »Er könnte es gewesen sein. Aber alles ist so schnell gegangen. Ich sah mehr ein Huschen.«
    Inzwischen hatte ich das Fenster erreicht. Lavinia trat zur Seite, um mir den nötigen Platz zu verschaffen. Ich drehte meinen Kopf so weit wie möglich nach rechts, um das Gebiet zu überblicken, aber eine Bewegung nahe der Garagen fiel mir nicht auf.
    »Und?«
    »Nichts zu erkennen.«
    Sie atmete tief aus. »Es kann auch sein, dass ich mich getäuscht habe.«
    »Bestimmt.«
    Das wollte sie nicht so hinnehmen. »Aber wo hält er sich dann versteckt, verdammt?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Und was ist mit Ihrem Kreuz?«
    »Bitte, Lavinia, Sie müssen davon ausgehen, dass es kein Allheilmittel ist. In vielen Fällen spürt mein Kreuz das Böse auf, aber nicht in allen. Das müssen Sie wissen. Nur gehe ich jetzt davon aus, dass der Henker genau Bescheid weiß, dass ihm ein Gegner erwachsen ist, vor dem er sich in Acht nehmen muss.«
    »Dann könnte er geflohen sein.«
    »Kann stimmen, muss aber nicht. Ich denke, dass
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