Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1269 - Julie

1269 - Julie

Titel: 1269 - Julie
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
ich mir einen Ruck und ging auf das Bett zu. Das Zimmer war freundlich eingerichtet. Durch das Fenster drangen die Strahlen einer Maisonne, und eigentlich hätte man sich wohl fühlen können. Die meisten Kinder in diesem Land hatten kein so gutes Zimmer.
    Ich blieb neben dem Bett stehen. Ob Julie mich bemerkt hatte, konnte ich nicht sagen, sie zeigte es jedenfalls nicht. Ich beugte mich nach vorn und schaute auf ihren Rücken. Das Mädchen trug ein Kleid, das mehr einem Nachthemd oder einem Gewand ähnelte. Es war nicht so gekleidet wie der große Rest der Kinder in ihrem Alter.
    »Julie…«
    Ich hatte leise gesprochen und wollte das Kind nicht überfordern. Es gab mir keine Antwort. Als Reaktion schüttelte es den Kopf.
    »Bitte, Julie, ich will dir nichts Böses. Ich möchte mit dir nur ein paar Worte reden.«
    »Neiiiinnn!« Der Aufschrei war mehr ein Kreischen, dann fuhr sie mit einer wilden Bewegung herum.
    Ich zuckte zurück, blickte dabei auf ihr Gesicht und hatte das Gefühl, eine Furie anzuschauen. Das war kein Kind mehr. Vom Wuchs her schon, aber die Augen machten mir Angst. Sie besaßen einen Ausdruck, der nicht zu einem Kind dieses Alters passte und mich erschreckte.
    »Julie…«
    »Neiiinnnn!«, schrie sie wieder. Diesmal noch lang gezogener. »Ich will nicht, ich will es nicht!« Und was sie nicht wollte, bewies sie mir in den folgenden Sekunden. Sie griff blitzschnell nach den sie umgebenden Gegenständen und bewarf mich damit.
    Die Stifte flogen ebenso auf mich zu wie die Bücher mit den harten Einbänden. Ich wurde einige Male getroffen. Eine Umschlagkante ratschte über mein Ohr hinweg. Das Lineal behielt das Mädchen in der Hand und schlug damit nach mir.
    Ich hätte sie leicht packen und beruhigen können, das wollte ich jedoch nicht. Nur nicht anrühren.. Das war hier nicht meine Sache. Die musste ich Sina Franklin überlassen.
    Noch immer bewarf sie mich mit den Stiften. Sie schimpfte mich dabei aus, und die verwendeten Ausdrücke waren nicht dazu angetan, mich lächeln zu lassen. Wie irre war sie, und mir blieb nichts anderes übrig, als mich zurückzuziehen, wo Sina Franklin auf mich wartete.
    Julie bemerkte es. Ihre Arme sanken wieder nach unten. Sie hatte mich zurückgeschlagen, und darauf war es ihr angekommen. Ihr Gesicht war hochrot angelaufen, als sie den Kopf in meine Richtung drehte. Es war ein wirklich böser Blick, den sie mir zuwarf. Einen solchen erwartet man nicht von einem Kind.
    Aber ich wich ihm nicht aus. Ich konzentrierte mich auf die Augen. Gut, ich kannte das Kind nicht so genau, aber der Ausdruck der Augen erschreckte mich schon. Er hatte sich verändert. Sie waren so schrecklich blass geworden, als hätte sich Nebel darin festgesetzt.
    Ich schaute kurz zu der Erzieherin.
    Sina Franklin zuckte mit den Schultern. »Es ist ein Zustand«, erklärte sie mir. »Mehr nicht.«
    »Wissen Sie Genaueres?«
    »Nein, Mr. Sinclair, leider nicht. Sie können mich alles fragen, aber da muss ich passen. Ich komme nicht mit und bin nur froh, dass sie es auch gesehen haben. Ich dachte, Sie wären skeptisch…«
    »Nein, nein, Mrs. Franklin, so ist das nicht. Wenn Purdy Prentiss mich bittet, mich um etwas zu kümmern, dann hat sie einen Grund.« Wir standen noch an der Tür und beobachteten das Kind.
    Julies Anfall war vorbei. Sie beruhigte sich wieder. Sie blieb auf dem Bett hocken und schaute nach unten, als wäre der Bezug besonders interessant für sie.
    Ich machte mir natürlich meine Gedanken und hatte auch für mich eine vorläufige Lösung gefunden, aber darauf hatte ich Sina noch nicht angesprochen.
    Sie sah, dass mir eine Frage auf der Seele brannte, und sprach mich an.
    »Nun, was ist mit Ihnen?«
    »Ich weiß nicht, wie ich sie einschätzen soll. Ich bin kein Psychologe. Aber wenn ich in meiner Umgebung eine derartige Person habe, dann frage ich mich, ob es nicht besser wäre, wenn sich ein Fachmann, ein Psychologe, um sie kümmert.«
    Fast mitleidig blickte sie mich an. »Glauben Sie denn, wir hätten das nicht getan?«
    »Und?«
    »Es gab kein Ergebnis.« Sie senkte den Blick. »Leider waren es nur zwei Sitzungen. Unsere finanziellen Mittel sind begrenzt, und auch Psychologen arbeiten nicht umsonst. Wir hätten sie länger von den Fachleuten befragen lassen sollen, doch dazu ist es nicht gekommen. Ich wusste mir keinen Rat mehr und habe dann mit Purdy gesprochen und sie mit Ihnen. Ich weiß nicht genau, wer Sie sind, Mr. Sinclair. Purdy erzählte mir nur, dass Sie beim Yard
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher