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1262 - Schule der Helden

Titel: 1262 - Schule der Helden
Autoren: Unbekannt
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diesem Wort deutete er auf einen prallen Lederbeutel. Erklärend fügte er hinzu: „Tabak, wird gekaut, ist ein... ein... Awapre berauscht!"
    „Ist es ein Opiat?"
    „Richtig!" Er nickte bekräftigend mit dem Kopf, daß sein schwarzes Haar wehte. In seinem Gesicht waren nur noch die aufgeworfenen Lippen, der Nasenrücken und die tief in den Augenhöhlen liegenden, von den Augenbrauenwülsten überschatteten Augen zu sehen.
    „Magvato!" Sein schwieliger Zeigefinger deutete der Reihe nach auf den Totenschädel eines Nagetiers, auf einen Haufen Hohlbeine und auf ein halbes Dutzend Mineralien.
    „Magvato ist - Medizin - Zauber ... hilft... heilt... vernichtet... Verdammt! Verdammt!
    Verdammt!"
    Er hieb mit den Fäusten auf die Gegenstände ein und schrie wie ein wildes Tier seinen Zorn hinaus. Sheela ließ ihn gewähren. Endlich beruhigte er sich, sah sie aus blutunterlaufenen Augen an und sagte benommen: „Aber mir hilft kein Zauber. Ich bin verloren. Wer weiß, wie lange ich noch des Sprechens mächtig bin. Ich bin ein besseres Tier, Sheela. Ich will dich nur eines wissen lassen, solange ich noch halbwegs bei Verstand bin." Ein Schauer durchlief seinen Körper, und danach mußte er sich die einfachsten Worte förmlich abquälen: „Ich - liebe - dich - Kätzchen."
    Er reckte sich und warf sich in die Brust.
    „Ich, Shandor, König der Steppe."
    In seinen Augen loderte eine unbändige Wildheit. Plötzlich packte er Sheela an den Handgelenken und stürzte sich mit einem Aufschrei auf sie.
    „Nicht, Shandor", bat sie. „Nicht so. Es geht auch anders. Sei zärtlich, Shandor. Und - soll Stalker uns zusehen?"
    Er ließ verächtlich von ihr ab und folgte ihrem Blick zu dem Holorama, das gerade Stalker zeigte, wie er, mit seinem Animateur Skorsh auf dem Arm, durch den Thronsaal seines Neuschwanstein stolzierte.
    Shandor stürzte sich mit dem zum Todesstoß erhobenen Shwat auf das dreidimensionale Laserbild und brach durch dieses durch. Er schien nicht zu verstehen, wieso sein Shwat ins Leere stieß, obwohl er den Feind immer wieder genau zwischen die Augen traf.
    Sheela schaltete das Holo aus. Sie konnte nicht mehr an sich halten und fiel schluchzend auf das Bett. Es war einfach zuviel für sie, mitansehen zu müssen, wie der geliebte Mann geistig immer mehr verfiel und zu einem Primitiven wurde, der nicht begreifen konnte, daß ein Holo nur eine Fiktion aus kohärentem Licht war.
    Und wie sie schluchzend dalag, spürte sie Hände über ihren bebenden Körper streicheln. Es waren derbe, schwielige Pranken mit der Kraft, die einem Stier das Genick brechen konnte, aber jetzt waren sie voller Sanftheit. Und die gutturale Stimme sagte leise: „Bitte... nicht hassen... bitte, kein Mitleid..."
    Und als er sie umarmte, spürte sie, daß er wieder der Mann war, den sie lieben gelernt hatte. In seinen lichten Momenten war er der liebenswerteste und zärtlichste Mensch, den sie je kennen gelernt hatte. Nur während seiner sporadischen Tobsuchtsanfälle wurde er zur reißenden Bestie. Aber er krümmte Sheela kein Haar, und wenn ihn die Barbarentriebhaftigkeit überkam, rannte er in die Everglades hinaus und reagierte sich in der Wildnis ab.
    Das Schicksal gönnte ihnen noch drei Tage.
    Als Sheela am Morgen des vierten Tages erwachte, war Shandor weg. Und er kam nie wieder zurück.
     
    *
     
    Sheela wunderte sich gar nicht einmal, Galbraith Deighton im Seminolen-Camp zu treffen. Das heißt, er tauchte ganz plötzlich in ihrer Hütte auf. Ohne Gruß, wortlos, so selbstverständlich, als seien sie hier verabredet.
    „Ihr jagt ihn immer noch, nicht wahr?" sagte Sheela wissend und fügte triumphierend hinzu: „Aber du bist zu spät gekommen. Er ist längst in die Everglades geflohen und unerreichbar für dich."
    Deighton schüttelte verneinend den Kopf.
    „Wir wußten die ganze Zeit über Bescheid", sagte er. „Es wurde uns auch nicht schwergemacht, ihn zu finden. Du hast uns zu ihm geführt. Ich wußte, daß er irgendwie an dir hing, und rechnete damit, daß er dich zu sich holen würde. Wir brauchten also nur zu warten und dann dir zu folgen. Ihr standet die ganze Zeit unter Beobachtung... Nein, nicht, was du denkst. Wir haben eure Intimsphäre geachtet."
    „Ich glaube dir kein Wort, Deighton", sagte Sheela. „Warum bist du denn nicht eingeschritten?"
    „Das haben mir auch die Wissenschaftler vorgehalten, die ihn als Studienobjekt haben wollten", antwortete Galbraith Deighton. „Aber ich hatte meine Gründe, ihn auf freiem
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