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1240 - Das Knochenkreuz

1240 - Das Knochenkreuz

Titel: 1240 - Das Knochenkreuz
Autoren: Jason Dark
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einer Männerdomäne durchzusetzen, und das wollte sie auch den beiden Männern aus London beweisen.
    Außerdem war sie der Meinung gewesen, dass der Friedhof nicht unbedingt der ideale Platz war, um abzuwarten. Auch das Gelände um ihn herum bot genügend Schutz.
    Darauf setzte sie.
    Ohne dass John und Suko es bemerkten, zog sie sich zurück.
    Die Grabsteine und auch die winterlich kahlen Bäume boten ihr immer wieder Schutz. Sie musste nur darauf Acht geben, nicht zu heftig das Laub aufzuwühlen. Diese Geräusche wären einfach zu laut gewesen.
    Annica war froh, die Seitenmauer erreicht zu haben, die an dieser Stelle nicht so hoch war. Sie kannte den Ort noch aus ihrer Kindheit. Es hatte sich nichts verändert. Wie damals beim Versteckspielen mit anderen Kindern, kletterte sie auch jetzt locker über die Mauer hinweg und lief vor bis zu einem Ahorn, dessen Blätter in einem hellen Gelb leuchteten.
    Dort drückte sie sich gegen den Stamm, wartete die folgenden Sekunden ab und beobachtete zunächst den Volvo, der für sie wie auf dem Präsentierteller stand.
    Sie hatte schon mitbekommen, dass er von zwei Männern verlassen worden war. Ob sich weitere darin aufhielten, war nicht zu entdecken, aber diese Gewissheit wollte sie sich holen, um die beiden englischen Kollegen zu informieren.
    Der dunkle Volvo stand dort wie festgebacken. Beim Nähe rkommen fiel ihr auf, dass die Scheiben getönt waren. Es gelang ihr auch aus der Nähe nicht, einen Blick hineinzuwerfen.
    Sie blieb hinter dem Heck. Ging geduckt. Ihre Dienstwaffe hielt sie in der rechten Hand. Annica Dobel wusste, dass ihr Einsatz gefährlich war, doch das machte ihr nichts aus. Das musste sie einfach durchziehen.
    Etwa eine Schrittlänge vom Heck des Volvos blieb sie stehen.
    Die Kälte war geblieben, trotzdem schwitzte sie. Das Blut war bis in ihr Gesicht gestiegen. Annica musste sich zur Ruhe zwingen, denn sie durfte alles, nur eben nicht die Nerven verlieren.
    Sie hatte sich an das Ziel herangerobbt. Auch jetzt richtete sie sich nicht auf, sondern huschte an der linken Fahrerseite entlang. Sie wollte vorn einen Blick in den Wagen werfen, denn dort waren die Sche iben nicht abgedunkelt.
    Da bisher nichts passiert war, ging sie davon aus, dass es auch weiterhin so bleiben würde.
    Eine fatale Fehleinschätzung.
    Noch bevor sie den Bereich des linken Hinterreifens verla ssen hatte, wurde die Tür von innen geöffnet und dann mit einem Ruck heftig nach außen gestoßen.
    Sofort blieb sie stehen. Richtete sich auf. Hielt die Waffe mit beiden Händen, wollte sich nach rechts drehen und auf die Scheibe zielen.
    Eine kräftige Männerhand wurde zur Seite gestreckt und drängte sich ins Freie. Die Finger winkten ihr zu, und aus dem Wagen hörte sie eine knarrende Flüsterstimme.
    »Kommen Sie ruhig näher. Sie wollten mich bestimmt kennen lernen, und ich möchte Sie auch aus der Nähe sehen.«
    Annica wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte. Sie starrte die waffenlose Hand an, und obwohl sie eine Pistole festhielt, fühlte sie sich in die Defensive gedrängt. Es wurde ihr deutlich bewusst, dass sie sich übernommen hatte.
    »Was ist denn?«
    Den leicht ungeduldigen Klang in der Stimme hatte sie nicht überhört, und so blieb ihr nichts anderes übrig, als sich in Bewegung zu setzen.
    Sie ging natürlich sehr langsam. Das Auftreten der Füße war kaum zu hören. Im Nacken spannte sich die Haut. Das Herz schlug schneller, und ihr Verstand sagte ihr, dass der Mann bestimmt nicht allein im Fond des Volvos hockte. Er hatte ihr auch nicht gesagt, dass sie die Waffe weglegen sollte, und deshalb behielt Annica sie.
    Als sie ging, kam sie sich verändert vor. Es lag an den Schritten, die sie so zögerlich setzte. In ihrem Innern wehrte sich alles, doch auf der anderen Seite wusste sie, dass sie in den sauren Apfel beißen musste. Die Knochenkirche kam ihr jetzt so weit weg vor und damit auch die beiden Kollegen aus London.
    Neben der offenen Tür blieb sie stehen, drehte sich und bückte sich zugleich, um in den Wagen mit der Waffe hineinzielen zu können.
    Es saß nur ein Mann im Fond. Er hatte seinen Arm wieder zurückgezogen und eine bequeme Haltung eingenommen. Da beim Öffnen der Tür das Licht nicht automatisch aufgestrahlt war, blieb die Gestalt mehr im Dunkeln. Annica zielte mit der Waffe auf das Gesicht eines Mannes, den sie nicht kannte. Sie sah ihn trotzdem als etwas Besonderes an. Es gibt eben Menschen, die strahlen etwas aus, das sie nicht so leicht
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