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1226 - Das Versteck

1226 - Das Versteck

Titel: 1226 - Das Versteck
Autoren: Jason Dark
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Land hinweggetrieben und hatte es benetzt. Dabei waren die Temperaturen nur minimal gesunken, sodass wir nicht von einer Abkühlung sprechen konnten.
    Allmählich hatte ich den Eindruck, dass sich der Trauerzug noch langsamer bewegte als zuvor. Er sah fast aus wie ein Probelauf für einen Film.
    Die vier Sargträger gingen auch nicht steif, wie es zuvor gewirkt hatte. Da sie unterschiedlich groß waren, schaukelte der helle Sarg zwischen ihnen hin und her, und die in Schwarz gekleideten Träger erinnerten mich immer mehr an die Gestalten der Leichenbestatter aus einem Lucky-Luke-Comic.
    Inzwischen waren die vier Sargträger so nahe an uns herangekommen, dass ich ihre Gesichter besser sah. Auch sie wirkten irgendwie gleich, obwohl die Männer unterschiedlich alt waren. Aber sie hatten allesamt eine schon verbissene Trauermiene aufgesetzt.
    Hinter dem Sarg gingen die Trauergäste, Frauen, Männer, auch ein paar Kinder. Mir fiel auf, dass niemand weinte.
    »Was stört dich genau?«, fragte Suko, dem mein Zustand nicht verborgen geblieben war.
    Ich zuckte mit den Schultern. »Wenn ich das genau wüsste, wäre mir wohler.«
    »Da scheint niemand richtig zu trauern.«
    »Genau. Es kommt mir vor, als hätten die Leute alles so erwartet und nun die Bestätigung bekommen.«
    »Vielleicht war die Person, die jetzt da im Sarg liegt, früher todkrank, sodass der Tod für ihn wie eine Erlösung gewesen ist.«
    »Das kann auch sein.«
    Der Himmel hatte sich der Stimmung angepasst oder sie erst richtig geschaffen. Er lag als graue Decke über uns, und es zeigten sich so gut wie keine Lücken. Die Sonne war nicht mal als schwacher Kreis zu sehen.
    Es wurde eng für die Sargträger, obwohl ich den Wagen zur Seite gefahren hatte. In der normalen Formation würden die Träger mit dem Sarg nicht passieren können, da mussten sie schon hintereinander gehen und die Kiste, die aus der Nähe schlichter aussah, als sie von weitem gewirkt hatte, über den Kopf heben.
    Bisher war die kleine Prozession in einem bestimmten Rhythmus gegangen, was sich nun änderte, denn die Träger hatten bemerkt, dass sie nicht vorbeikamen.
    Einer von ihnen gab den anderen einen Befehl. Die Männer stoppten und setzten den Sarg auf dem Boden ab.
    Die Sargträger sahen nicht eben freundlich aus. Sie wirkten eher wütend.
    Der Mann, der das Sagen hatte, gab den Trägern ein Handze ichen und trat vor. Keiner rührte sich. Die Menschen hinter dem Sarg waren stehen geblieben wie Marionetten, denen man die Fäden durchgeschnitten hatte. Sie schienen mir nicht bei der Sache zu sein, und alle wirkten irgendwie gleich.
    Mein Gefühl sagte mir, dass hier etwas faul war. Etwa so faul wie der Geruch, der aus dem Straßengraben zu mir hochwehte, in dem das dunkle Wasser eines stehenden Bachs schimmerte.
    Vor uns blieb der Mann mit dem Zylinder stehen. Er trug einen schwarzen Gehrock, den er sicherlich von seinem Großvater geerbt hatte. Die Klamotte war ihm zudem zu eng, er wirkte darin lächerlich, aber auch jetzt konnte ich nicht darüber grinsen, weil das andere in dieser Umgebung stärker war.
    Im Gesicht des Mannes fielen die beiden dichten dunklen Augenbrauen, die etwas breite Nase und die langen Ohren auf.
    »Was wollt ihr hier?«, fragte er. Seine Stimme klang heiser.
    »Nur durchfahren.«
    »Ihr versperrt uns den Weg.«
    »Das wissen wir«, sagte Suko, »aber es geht nicht anders. Wir können den Wagen ja nicht wegtragen. Wir haben ihn schon soweit wie möglich an die Seite gefahren, aber mit ein wenig gutem Willen kommen Sie schon vorbei. Sie brauchen nur hintereinander zu gehen, dann klappt die Sache, denke ich.«
    Der Mann überlegte. Dann grinste er Suko an und schüttelte den Kopf. »Ihr seid fr emd hier. Wir haben euch nicht gerufen. Ihr stört uns. Und deshalb werdet ihr Platz schaffen.«
    »Ach. Und wie soll das gehen?«
    »Ihr könntet den Wagen in den Graben setzen.«
    Suko blieb gelassen. »Das ist keine gute Idee, Meister. Sollen wir ihn dann wieder rausziehen?«
    »Das ist nicht mein Problem, denn das Auto gehört mir nicht. Habt ihr verstanden?«
    »Haben wir, aber es ist trotzdem besser, wenn Sie und Ihre Freunde den Sarg anheben und…«
    »Nein!«
    Das sah nicht gut aus. Wahrscheinlich war nicht nur der Zylinderträger so stur, sondern auch alle anderen Menschen des Leichenzugs, die uns ziemlich feindselig betrachteten.
    »Warum nicht?«, fragte Suko.
    »Wir haben hier das Recht.«
    »Aber das ist nicht der Wilde Westen«, erklärte ich mit ruhiger
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