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12 – Das Raetsel von Chail

12 – Das Raetsel von Chail

Titel: 12 – Das Raetsel von Chail
Autoren: Atlan
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Stunde erfüllte quirliges Leben die Stadt. Befriedigt registrierte er, dass die Mehrzahl der Passanten Jäger und Dörfler waren, wie an den farbenprächtigen Umhängen unschwer zu erkennen war. Isun war entweder ein Einzelfall, oder die Radikalen hatten sich zurückgezogen, weil es ihnen nicht gelungen war, ihre Ziele durchzusetzen.
    Auf jeden Fall schien man nicht nachtragend zu sein und auch ein schlechtes Gedächtnis zu haben. Es war nicht einmal zwölf Stunden her, seit die Roxharen brutal eingegriffen und zwei der Bewohner verschleppt hatten, doch die Leute hier schien das nicht zu stören. Sie gingen wie immer ihrer Arbeit nach, es gab keine Gruppen, die zusammenstanden und debattierten. Man demonstrierte Alltag.
    Vielleicht rechnete man damit, dass die Stadt beobachtet wurde, und tat alles, um den Eindruck zu erwecken, dass es ein Tag wie jeder andere war. Wenn das stimmte, konnten auch die Stadtbewohner nicht so frei sein, wie sie taten. Atlan vermutete, dass die Roxharen die Entwicklung in der Stadt tatsächlich mit argwöhnischen Augen verfolgten und immer dann eingriffen, wenn es ihnen nötig erschien. Die Syrganer schienen darin Erfahrung zu haben.
    Von derartigen Gedanken erfüllt, strebte der Arkonide auf das Haus Crusoks zu; etliche Chailiden an seiner Seite mussten das gleiche Ziel haben. Er ließ sich einfach treiben.
    Zusammen mit den anderen betrat er den an das einstöckige Ziegelhaus angrenzenden Hof. Seine Abmessungen überraschten den Aktivatorträger. Er sah sich um. Schätzungsweise siebzig bis achtzig Planetarier hatten sich hier versammelt und lauschten einem Chailiden, der auf einer Bank unter einer mächtigen Pinie saß. Er trug einen speckig glänzenden Lederumhang und wirkte trotz des unförmigen Kleidungsstücks schlank. Sein Alter schätzte der Unsterbliche auf knapp sechzig Jahre.
    Bewusst hielt sich Atlan ein wenig im Hintergrund, hörte zu und beobachtete. Kritische Zuhörer schien es unter den Versammelten nicht zu geben; jede Forderung, jede These und jede Parole wurde mit begeisterter Zustimmung aufgenommen. Eine Art Ordnungsdienst sorgte dafür, dass der Sprecher von der jubelnden Menge nicht im Überschwang erdrückt wurde.
    Die Rede Crusoks hatte aktuellen Bezug. Er sprach von der gestrigen Aktion der Roxharen und ließ kein gutes Haar an diesen Wesen, nannte sie Feinde, Unterdrücker und Schurken. Er verdammte sie regelrecht. Im gleichen Atemzug erwähnte er die Meditierenden und die Uralten, die er bezichtigte, mit den Fremden zum Nachteil der Syrganer und aller anderen Städter zu paktieren. Seine Forderung gipfelte darin, sich der Meditierenden und der Uralten zu entledigen, dann würden auch die Roxharen verschwinden. Ein Beifallssturm sondergleichen war die Antwort.
    »Geht jetzt, es wird Zeit für meine Meditation!«, rief er zum Abschluss.
    Nur allmählich zerstreute sich die Menge. Crusok war aufgestanden und schickte sich an, ins Haus zu gehen. So gut es ging, bahnte sich Atlan einen Weg. Schon trennten ihn nur noch wenige Meter von dem mit fast 2,20 Meter ungewöhnlich großen Mann, als ihn einige Chailiden festhielten und zur Umkehr bewegen wollten. Da der Arkonide es nicht darauf anlegte, gewaltsam zu Crusok vorzudringen, begnügte er sich damit, laut dessen Namen zu rufen. Gelassen drehte sich der Meditierende um.
    »Ich möchte mit dir reden!«, sagte Atlan laut.
    Die stahlgrauen Augen des Chailiden musterten den Aktivatorträger wie eine Ware. Crusok machte eine herrische Handbewegung; sofort gaben die Diener den Arkoniden frei.
    »Komm mit mir!«
    Ohne sich darum zu kümmern, ob der Unsterbliche der Aufforderung nachkam, verschwand der Chailide im Gebäude. Notgedrungen folgte ihm Atlan, begleitet von einigen Vertrauten.
    Der Arkonide hatte nicht den Eindruck, dass Crusok ein weltfremder Spinner war, sondern im Gegenteil einen scharfen, analytischen Verstand besaß. Ohne Zweifel kam der Meditierende bei seinen Artgenossen an, und auch der kritische Atlan musste zugeben, dass der Chailide ein glänzender Rhetoriker war.
    Er betrat schließlich einen großen Raum, der außer einigen Sitzgelegenheiten keinerlei Mobiliar aufwies. Crusoks Vertraute entfernten sich lautlos. Der Meditierende hatte auf einem Stuhl Platz genommen und deutete schweigend auf einen Schemel. Der Arkonide setzte sich und kam ohne Umschweife zur Sache.
    »Ich denke, du hast bereits von meiner Anwesenheit in der Stadt erfahren – mein Name ist Atlan.«
    »Mir bleibt nichts verborgen«,
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