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1193 - Das Templerkind

1193 - Das Templerkind

Titel: 1193 - Das Templerkind
Autoren: Jason Dark
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zeigten sie es nicht. Darüber schüttelte die Zwölfjährige den Kopf. Sie empfand es schon als ungehörig. Schließlich erlebte sie den Besuch der beiden nicht zum ersten Mal, aber darüber dachte sie jetzt nicht weiter nach, denn ihre Neugierde war größer als die Angst.
    Ein kurzes Schlucken, ein leises Räuspern, dann ging sie mit einem kleinen Schritt auf die beiden zu. Es kostete sie schon Überwindung, aber sie hörte sich auch sprechen.
    »He, ich habe euch erwartet, aber ich dachte nicht, dass ihr so stumm sein könnt.«
    Keine Bewegung, kein Laut…
    Sie ging weiter. Und sie spürte etwas. Zwar befand sich Clarissa noch im Zimmer, aber dort genau hatte sie eine andere Zone oder Stelle erreicht, in der es fremd zuging.
    Diese Fremdheit streifte sie wie mit unsichtbaren und unheimlichen Schwingen. Über ihren Körper rann eine Gänsehaut, und es geschah etwas, das sie sich nicht erklären konnte.
    Etwas fuhr in ihre Haare hinein, spielte damit und wehte sie in die Höhe.
    Clarissa blieb stehen, ohne sich zu bewegen. Sie nahm das Phänomen hin, sie erlebte, dass sich die Haare selbständig machten und wie Schlangen ihren Kopf umgaben, die auf und ab wehten. Sie spürte die Berührungen der Haarspitzen und kam sich vor wie von einer elektrischen Kraft erfüllt.
    Jetzt sah sie die beiden besser und fragte sich sofort, ob sie es hier mit Menschen zu tun hatte.
    Nein, so waren Menschen nicht. So schattenhaft, so körperlos und trotzdem da. Die Gestalten malten sich schwach vor den tiefen Schatten ab, und nur ihre Gesichter erhellten sich allmählich.
    Aber nicht strahlend. Es war ein Licht, wie es Clarissa noch nie gesehen hatte. Auf keinen Fall als hell zu bezeichnen, sondern ein Totenlicht. Fahl und grau wie die Haut einer Leiche und von düsteren Farben gefärbt.
    Das Licht blieb nur auf die Gesichter beschränkt und schien sich in die alte Haut eingefressen zu haben. Trotzdem gab es nur einen stumpfen grauen Schein ab.
    Waren es alte Gesichter oder junge? Clarissa wusste keine Antwort darauf. Weder das eine noch das andere traf zu. Alterslose Flecken mit Augen, in denen es etwas heller schimmerte.
    Dennoch kein Trost für sie, da die Augen kalt und böse auf sie schauten.
    Nein, so waren die beiden bei den ersten Besuchen nicht gewesen. Nicht so abweisend und schlimm. Da hatte sie mehr Positives erlebt, aber jetzt…
    Die Angst war geblieben und hatte das Kind starr gemacht. Clarissa wollte zurück, doch ihr fehlte einfach die Kraft. Nur der Wille war vorhanden, den jedoch konnte sie nicht umsetzen.
    Sie wunderte sich selbst darüber, dass sie eine Frage stellen konnte. Dabei kam ihr die eigene Stimme fremd vor. »Seid ihr Engel…?«
    Es kam die Antwort. Sie war deutlich zu hören. Stimmen, die sich vereinigten. Ein Sirren in der Luft und von einem Lachen begleitet.
    »Ja, Engel… Engel sind wir…«
    Danach folgte ein so hässliches Lachen, dass Clarissa zusammenzuckte und aufstöhnte.
    »Engel, die dich bald holen werden.«
    »Du wirst zu ihm gebracht…«
    Zu ihm? Clarissa überlegte und fragte dann: »In den Himmel? Nach… nach… oben?«
    Wieder bestand die Antwort aus einem hässlichen Lachen, das noch in der Bewegung zu hören war, in die beide hineinglitten und keinen Laut von sich gaben.
    Sie trieben durch den kleinen Raum, als würde er ihnen gehören. Und sie waren dabei wieder zu Schatten geworden, die sich durch nichts aufhalten ließen.
    Clarissa stand auf der Stelle und drehte den Kopf mit, weil sie den Weg verfolgen wollte, und der führte sie auf das schmale Fenster zu, durch das sie verschwanden, ohne es zuvor öffnen zu müssen.
    Wie Rauch lösten sie sich hinter der Scheibe auf, und sie ließen ein staunendes und ängstliches Mädchen zurück.
    »Wo… wo… seid ihr?« rief sie leise.
    Diesmal verwehte ihre Stimme, und eine Antwort erhielt sie nicht. Allein blieb sie im Zimmer zurück, nur mehr eingefangen von einer Restkälte.
    Genau da klopfte es an die Tür!
    ***
    Clarissa bewegte sich nicht. Sie hatte das Geräusch gehört, aber sie konnte nicht sagen, ob es echt gewesen war oder ob sie es sich nur eingebildet hatte. Der Besuch der beiden Schatten wirkte noch immer nach. Wenn jemand geklopft hatte, wer konnte es dann gewesen sein? In der Nacht hatten die anderen Kinder zu schlafen, und das war auch so. Niemand wagte es, dagegen aufzubegehren. Nur die Erwachsenen und Aufsichtspersonen waren in der Nacht unterwegs. Sie kontrollierten die Gänge und Flure. Niemals zu regelmäßigen
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