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1184 - Der Weg der Flamme

Titel: 1184 - Der Weg der Flamme
Autoren: Unbekannt
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dann wird der Träumer die Bühne betreten und der Vorhang sich zum letzten Akt heben, daß die Schuldigen und die Unschuldigen gleichermaßen gerichtet werden und der Schatten des Todes die Sterne verdunkelt. „Ich sehe das ein wenig nüchterner", zwitscherte Si'it. „Und ein wenig kritischer. Zum Beispiel bin ich gar nicht damit einverstanden, daß alle vom Heldentod, dem süßen, dahingerafft werden. Ich meine, könnte man da nicht etwas wählerischer vorgehen?"
    Das Spiel des Lebens, erwiderte der synthetische Krebs, kennt in der letzten Runde nur eine Lösung, und sie gilt für alle. Die Lösung heißt Tod...
    Si'it stieß das bluesche Äquivalent eines Seufzers aus, verzichtete aber auf eine Erwiderung. Schon mehrfach war ihm aufgefallen, daß das Element zur poetischen Verklärung profaner Tatsachen neigte. Offenbar war es in seinem Unterbewußtsein auf die Erinnerung an den Dichterkursus gestoßen, den er in seiner Jugend auf Gatas besucht hatte.
    Er zirpte vor ungestümem Haß.
    Was für ein naiver Narr war er doch in seiner Jugend gewesen! Er hatte an den Frieden und das Gute in jedem Blue geglaubt, dabei gründete die Welt doch auf Schlechtigkeit und auf der kalten Vernunft der kriegerischen Instinkte. Bedauernd dachte er an den gnadenlosen Sü. Erst jetzt, wo ihn das Element erleuchtet hatte, wußte er, daß Sü kein Gesetzesbrecher gewesen war, sondern ein Mann, der seine ersten unbeholfenen Schritte auf der Straße gemacht hatte, die zum wahren Sinn des Lebens führte: Vernichten, was schwach war; zerstören, was schön war; alles niederreißen, was auch nur den Anschein von Gesundheit hatte.
    Denn das Kranke, wisperte es in ihm, ist in Wirklichkeit das Gesunde. Darum ist der Krieg auch die Vernunft in ihrer reinsten Form: Weil er in seiner scheinbaren Mißgestalt das wahrhaft Vollkommene darstellt.
    Si'it erreichte das unterste Hauptdeck und schwang sich aus dem Antigravschacht. In der Bodenschleuse wimmelte es von Elementen. Eine Handvoll Techniker war damit beschäftigt, Schwebeplatten mit Fernsteuermodulen zu versehen. Ein halbes Hundert der vier Meter durchmessenden Platten, die gewöhnlich bei Arbeiten an der Hülle des Schiffes den Technikern als mobile Wartungsplattformen dienten, war bereits fertig und mit Elementen besetzt. Sobald der Angriffsbefehl erteilt wurde, würde der Bordrechner sie hinüber zur Stadt steuern, damit die Elemente sich aus eigener Kraft ihre Opfer suchen konnten. Viele der Silberkrebse waren noch dabei, sich zu teilen, um ihre Zahl zu erhöhen. Die nötige Energie für ihr Wachstum bezogen sie von den Lasern, die die Techniker in einem Winkel der weitläufigen Schleusenhalle aufgestellt hatten. Obwohl die Laser mit voller Kraft arbeiteten, ging nur mattes Licht von den Fokuskristallen aus; ein Zeichen dafür, mit welcher Intensität die Elemente ihre Vermehrung betrieben.
    Si'it drängte sich durch das Gewimmel und näherte sich der Röhre des zweiten Hauptantigravschachts, der nach den Displayanzeigen zu urteilen ausgefahren war und bis hinunter zum Landefeld reichte.
    Yurn empfing ihn. „Alles ist bereit", zirpte er haßerfüllt. „Die karrschen Narren werden in wenigen Momenten die TRÜLIT TYRR erreicht haben."
    Si'it konnte ihn nur gedämpft verstehen, und mit einer Verwünschung wurde ihm bewußt, daß er den Raumhelm geschlossen hatte. Er klappte ihn nach hinten; schließlich wollte er keinen Verdacht erregen, wenn er mit der Regierung von Karrjon zusammentraf. „Sind die Elemente...".begann er, aber Yurn deutete wortlos auf ein Dutzend Behälter, die die Größe und die Form terranischer Hutschachteln hatten. „Die Geschenke für die Wassermeister", zwitscherte der Hane mit diabolisch glitzernden Augen.
    Si'it rieb sich die Hände. „Hervorragend", frohlockte er.
    Dann musterte er die Mitglieder seiner Delegation. Dem gatasischen Brauch entsprechend trugen sie weit fallende, goldene Gewänder; die Farbe der Kreatur des Friedens. Die Tellerköpfe hatten sie mit Bellvogelfedern geschmückt; die buschigen Federn leuchteten im Licht der Fliesenlampen und verliehen ihren Trägern einen farbenprächtigen Heiligenschein. „Die Gleiter der Karr landen", meldete jemand.
    Si'it bedeutete seinen Leuten, die Schachteln mit den „Geschenken" aufzunehmen. Nacheinander verschwanden sie im Einstieg des Antigravschachts und schwebten nach unten. „Du bleibst hier, Yurn", sagte der Kommandant. „Auf meinen Befehl hin sorgst du dafür, daß die Schwebeplatten nach
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