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1177 - Der Junge von Case Mountain

Titel: 1177 - Der Junge von Case Mountain
Autoren: Unbekannt
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dir vorher überlegen sollen", sagte Perry hart.
    Leroys Gesinnung jedoch war über zwei Bananenhälften, drei Portionen Vanilleeis und einer großzügigen Ladung Schokoladensirup wesentlich nachsichtiger geworden.
    „Klar, Tin Can ist eine Laus", sagte er mit vollem Mund. „Aber seiner Mutter können wir das nicht antun."
    „Dann vielleicht deiner?" konterte Perry sarkastisch. „Oder glaubst du plötzlich, man wird dich nicht verdächtigen?"
    Leroy wiegte den kraushaarigen Schädel und kratzte mit dem Löffel wirre Muster in den Schokoladensirup.
    „Verdächtigen ist eins", grinste er, „beweisen ist das andere. Meine Mutter glaubt mir; außerdem würde sie sofort merken, wenn ich mehr als ein paar Cents in der Tasche habe."
    „Leroy, das ist ein Quatsch", tadelte Perry. „Du hast den Globus nicht geklaut, und niemand soll dich überhaupt erst verdächtigen."
    „Ich kann es nicht tun." Tin Can schüttelte den Kopf und starrte vor sich hin auf die Tischplatte. „Ich bringe es nicht fertig. Ich bin ehrlich mit euch beiden gewesen. Ich habe zugegeben, daß ich es war, der den Globus stahl. Aber wenn ihr meint, ich mache meiner Mutter das Leben zur Qual, dann täuscht ihr euch."
    Er klang aufrichtig. Perry und Leroy sahen einander an.
    „Läßt sich da nichts machen, Perry?" fragte Leroy versöhnlich.
    Tin Can stand auf. „Während ihr beratet, gehe ich mal bezahlen", sagte er.
    Perry sah ihm nach, als er zur Theke ging. John Cavey tippte die Einzelbeträge in die Registrierkasse und nannte Tin Can die Summe. Tin Can griff in die Tasche, und das erste, was er zum Vorschein brachte, war ein Zwanzig-Dollar-Schein.
    „Doch", sagte Perry. „Da läßt sich schon was machen."
     
    *
     
    Laut ging es eigentlich nie zu im Rhodanschen Haus. Es war, als läge ein verderblicher Bann über der kleinen Familie. Und eine Art Bann war es auch, so verstand es wenigstens Perry. Sieben Jahre war es her, seit er seine kleine Schwester verloren hatte, Deborah, anderthalb Jahre jünger als er. Deborah war einem Unfall zum Opfer gefallen. Über die Einzelheiten wurde nie gesprochen, und Perry erinnerte sich nicht an sie. Mit Deborahs Tod hing zusammen, daß seine Mutter verhärmt wirkte. Sein Vater war wenige Monate später eingezogen worden und in den Krieg gegangen. Zwei Jahre später hatte es selbst die Mutter nicht mehr gehalten: Sie hatte sich ihrer Ausbildung als Krankenschwester erinnert und war in die U. S. Army eingetreten. Von da an hatte Perry abwechselnd bei diesem oder jenem Verwandten gelebt. Am besten hatte es ihm noch bei Onkel Karl gefallen, der droben in Wisconsin Milchkühe züchtete.
    Jakob Edgar Rhodan, allgemein Jake gerufen, hatte es im Army Air Corps, der späteren Luftwaffe, bis zum Master Sergeant gebracht. Gegen Ende des Krieges war er in Okinawa stationiert gewesen. Der Zufall hatte es gewollt, daß auch die Mutter - als Krankenschwester - in den Fernen Osten verschlagen wurde. Am VJ Day, dem Tag der japanischen Kapitulation, war Mary Tibo Rhodan in Taipei, Formosa. Beide, Vater und Mutter, waren mit dem ersten Schub von Besatzungstruppen nach Japan gegangen und hatten die Stätten des Grauens zu sehen bekommen: Hiroshima und Nagasaki. Mary Rhodan war noch im Jahre 1945 nach Hause zurückgekehrt. Perry erinnerte sich mit Freuden an die erste Nachkriegsweihnacht, die er wieder im elterlichen Haus feiern durfte. Jake Rhodan hatte es noch ein Jahr länger bei den Soldaten ausgehalten. Er musterte ab, nachdem er Augenzeuge der ersten Atombombentests im Bikini-Atoll geworden war. Er war gelernter Elektriker und hatte wenig Mühe gehabt, ins Zivilleben zurückzufinden. Er betrieb einen Elektroladen an der South Main Street. Das Geschäft ging gut, und die Rhodans galten unter Nachbarn und Bekannten als mäßig wohlhabend.
    Dem Jungen Perry bescheinigte man gern, daß er vermutlich ein tüchtiger Wissenschaftler oder Ingenieur werden würde.
    Perry Rhodan betrachtete sein Zuhause als dem amerikanischen Standard entsprechend; seine Eltern waren durchschnittliche Bürger und er selbst ein durchschnittlicher Schuljunge. Die sanfte Trauer, die an das unglückselige Schicksal seiner Schwester Deborah erinnerte, war ihm zur Gewohnheit geworden. Er nahm zur Kenntnis, daß Mutter nur selten lachte, und stellte keine Fragen.
    Beim heutigen Abendessen stocherte Perry derart lustlos in seinem Teller herum, daß es sogar seinem Vater auffiel, obwohl der wie üblich eine Zeitung neben seinem Tablett liegen hatte und
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